# taz.de -- Laufende Koalitionsverhandlungen: „Hände weg vom Entwicklungsmin… | |
> NGOs warnen vor Kürzungen von deutschen Entwicklungsgeldern – vor allem, | |
> da sich auch die USA aus der Entwicklungshilfe zurückziehen. | |
Bild: Bald vorbei? Entwicklungshilfeministerin Svenja Schulze besucht Côte d'I… | |
Berlin taz | „Hände weg vom BMZ“, rufen am Mittwochmorgen | |
Mitarbeiter*innen von Entwicklungs- und Hilfsorganisationen vor dem | |
Verteidigungsministerium. Sie fürchten, das BMZ, also das | |
Entwicklungsministerium, könnte bei den Koalitionsverhandlungen unter die | |
Räder kommen. Schon länger äußern Unions-Politiker Pläne, [1][das BMZ ins | |
Auswärtige Amt einzugliedern]. Auch von weiteren Kürzungen im nächsten Etat | |
ist die Rede. | |
Zeitgleich finden die Koalitionsverhandlungen in Arbeitskreisen statt. | |
Grundlegende Linien der Außen-, Verteidigungs- und Entwicklungspolitik der | |
nächsten Bundesregierung werden unter der Leitung der | |
Noch-Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) und den Außen- und | |
Verteidigungspolitikern Johann Wadephul (CDU) und Florian Hahn (CSU) | |
verhandelt – im Verteidigungsministerium, vermuten die NGOs. | |
An sie richtet sich die Botschaft, dass Entwicklungspolitik wirkt, sagt | |
Scherwin Saedi von der Entwicklungsorganisation One, die den Protest | |
organisiert hat. Um das zu zeigen, rollen die Demonstrant*innen einen | |
20 Meter langen Teppich auf dem Gehweg gegenüber dem | |
Verteidigungsministerium aus. „Die Kindersterblichkeit wurde halbiert“, | |
steht dort zum Beispiel und „87 Prozent aller Kinder weltweit haben eine | |
Grundschulausbildung abgeschlossen“. | |
## Internationale Zusagen stehen auf der Kippe | |
Auch angesichts der hohen Ausgaben für Verteidigung, die am Dienstag mit | |
der Lockerung der Schuldenbremse besiegelt wurden, fordern die | |
Organisationen mehr Geld für humanitäre Hilfe und | |
Entwicklungszusammenarbeit. „Es muss mehr Instrumente geben als | |
militärische, um Krisen und Konflikte weltweit zu reduzieren“, sagt Anica | |
Heinlein, Sprecherin der Hilfsorganisation Care, die zur Aktion gekommen | |
ist. | |
Die vorige Bundesregierung hatte noch beschlossen, dass Geld für | |
Verteidigung im gleichen Maß wie für Entwicklungshilfe steigen sollte. | |
Passiert ist das nicht. Außerdem hat sich Deutschland international zum | |
UN-Ziel bekannt, mindestens 0,7 Prozent der Wirtschaftsleistung für | |
Entwicklungsfinanzierung auszugeben. Ein Teil davon, 6 Milliarden Euro, ist | |
als [2][Beitrag zur internationalen Klimafinanzierung] vorgesehen, | |
Industrieländer hatten jährlich 100 Milliarden US-Dollar zugesagt. | |
Die Zahlen für 2024 sind noch nicht berechnet, aber [3][es ist fraglich, ob | |
die Ziele erreicht wurden]. Und noch fraglicher, ob das 2025 der Fall sein | |
wird. Das BMZ und das Auswärtige Amt mussten schon in den vorherigen zwei | |
Etats Milliardenkürzungen hinnehmen. | |
## Weltweiter Rückgang von Entwicklungsgeldern | |
Gleichzeitig steht Entwicklungspolitik nicht nur in Deutschland unter | |
Druck. US-Präsident Donald Trump versucht gerade, sie abzuschaffen. Die von | |
ihm eingefrorenen Gelder der Entwicklungsbehörde USAID haben [4][bereits | |
massive Auswirkungen], besonders in Krisengebieten. Es fehlen Hilfsgüter | |
wie Nahrungsmittel und medizinische Versorgung. Langfristige Projekte, etwa | |
Entsalzungsanlagen zur Aufbereitung von Wasser, sind vorerst auf Eis | |
gelegt. Für die geplante Abwicklung von USAID braucht es allerdings noch | |
die Zustimmung vom Kongress. | |
Um den erhöhten Verteidigungsetat Großbritanniens zu finanzieren, hat auch | |
Premierminister Keir Starmer angekündigt, Entwicklungsgelder in den | |
nächsten zwei Jahren von 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts auf 0,3 | |
Prozent zu senken. | |
Massive Kürzungen haben ebenfalls die Niederlande angekündigt. Damit werden | |
zukünftig Milliardenbeträge für Entwicklungsprojekte und humanitäre Hilfe, | |
also Notleistungen bei Krisen, fehlen. | |
„Die Weltgemeinschaft findet sich politisch in einer sehr instabilen | |
Situation wieder“, sagt Michael Herbst, Vorstandsvorsitzender von Venro, | |
dem Dachverband deutscher Entwicklungs- und Hilfsorganisationen. | |
Deutschland müsse vorangehen und mit Partnern für eine demokratische, | |
wertegeleitete Weltordnung einstehen. Der Dachverband hatte kritisiert, | |
dass mit der Lockerung der Schuldenbremse keine Investitionen für zivile | |
Maßnahmen, wie humanitäre Hilfe oder Krisenbewältigungsmaßnahmen vorgesehen | |
wurden. Diese würden aber „einen wichtigen Beitrag zu einer langfristigen | |
Friedenssicherung leisten“. | |
19 Mar 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Ministerium-als-Sparkandidat/!6071060 | |
[2] /Klimagerechtigkeit/!6041431 | |
[3] /Entwicklungshilfe-aus-Deutschland/!6004116 | |
[4] /Ugandischer-Aktivist-ueber-Aus-von-USAID/!6066619 | |
## AUTOREN | |
Leila van Rinsum | |
## TAGS | |
Entwicklungspolitik | |
BMZ | |
Koalitionsverhandlungen | |
Humanitäre Hilfe | |
Sicherheitspolitik | |
Koalitionsverhandlungen | |
Schwarz-rote Koalition | |
Entwicklungspolitik | |
Schwerpunkt Krieg in Sudan | |
Entwicklungspolitik | |
Entwicklungspolitik | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Streitpunkt Entwicklungspolitik: CDUler kritisieren Union | |
Mehrere ehemalige Unions-Amtsträger sprechen sich gegen die Kürzung von | |
Entwicklungsgeldern aus. Organisationen warnen vor humanitären Folgen. | |
Zukunft der Entwicklungspolitik: „Deutschland würde enorm an Einfluss verlie… | |
Die Union will bei der Entwicklungshilfe sparen und stellt das BMZ infrage. | |
Politiker aus den eigenen Reihen und der SPD warnen vor den Konsequenzen. | |
Entwicklungspolitik und Kolonialismus: „Das Problem liegt eigentlich im Norde… | |
Entwicklungspolitik steht unter Druck – doch sie im Kapitalismus | |
abzuschaffen, entfernt nur das Trostpflaster, sagt Entwicklungsforscher | |
Aram Ziai. | |
Aktivist über Katastrophe in Sudan: „Das bereitet mir schlaflose Nächte“ | |
Mohamed Hassan leitet eine Menschenrechtsorganisation in Sudan. Er | |
kritisiert den Zerfall seines Landes und den US-Hilfsstopp mit humanitären | |
Folgen. | |
Entwicklungshilfe in den USA: Radikalschlag abgeschlossen | |
83 Prozent der US-amerikanischen Entwicklungsprogramme sollen eingestellt | |
werden, sagt Außenminister Marco Rubio. Organisationen warnen vor Folgen. | |
Ministerium als Sparkandidat: Das droht der Entwicklungspolitik nach der Wahl | |
Einige Parteien wollen das Entwicklungsministerium abschaffen oder ins | |
Auswärtige Amt eingliedern. Expert*innen halten das für keine gute Idee. |