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# taz.de -- Politikwissenschaftler über Rechtsruck: „Man kann von Österreic…
> In Österreich habe der Rechtsruck der ÖVP die FPÖ stark gemacht, sagt
> Benjamin Opratko. Die CDU von Friedrich Merz sieht er auf dem gleichen
> Weg.
Bild: Profitieren vom Rechtsruck der ÖVP: die FPÖ-Politiker Mario Kunasek (li…
taz: Herr Opratko, die extrem rechte FPÖ unter Herbert Kickl ist bei der
Wahl in Österreich im September 2024 zum ersten Mal stärkste Kraft
geworden. Regieren tut sie trotzdem nicht, die [1][Koalitionsverhandlungen
mit der konservativen ÖVP] sind gescheitert. Zeit, aufzuatmen?
Benjamin Opratko: Es ist erst mal gut für weite Teile des Landes, weil es
Österreich so eine Art Verschnaufpause gönnt. Viele Menschen aus der
Zivilgesellschaft und solche, die als Migrant:innen nach Österreich
gekommen sind, haben große Sorgen vor einer Kickl-Regierung gehabt. Da
spürt man jetzt Erleichterung.
taz: Stattdessen regiert jetzt [2][eine Koalition aus konservativer ÖVP,
Sozialdemokraten und Liberalen].
Opratko: Die von nicht viel mehr zusammengehalten wird als dem Wunsch, die
FPÖ nicht in die Regierung zu lassen. Es gibt wenig inhaltliche
Überschneidung.
taz: Kann die FPÖ davon profitieren?
Opratko: Durchaus möglich. Kickls Wette ist, dass er in der Opposition die
FPÖ noch stärker macht. Es gibt aber auch innerhalb der Partei kritische
Stimmen, die sich beschweren, dass eine historische Chance liegen gelassen
wurde: [3][Die erste FPÖ-geführte Kanzlerschaft.]
taz: Die FPÖ hat noch nie eine:n Kanzler:in gestellt, war aber seit den
1980ern schon drei mal an einer Regierung beteiligt.
Opratko: Die Regierungsbeteiligungen haben eigentlich immer in internen
Konflikten geendet. In Erinnerung geblieben ist der Ibiza-Skandal 2019,
über den der damalige FPÖ-Chef Hans-Christian Strache gestolpert ist und
der zum Bruch der Koalition aus ÖVP und FPÖ führte.
taz: Ist also doch was dran am „Entzauberungs-Argument“, man könne extrem
rechte Parteien schwächen, indem man sie regieren lässt?
Opratko: Sie in die Regierung zu holen ist sicher nicht der richtige Weg,
sie klein zu halten. Im Fall der FPÖ war der Schaden für die Partei nach
einer Regierungsbeteiligung immer nur kurzfristig. Sie ist jedes Mal
stärker zurückgekommen. Außerdem verfolgt der jetzige FPÖ-Chef Herbert
Kickl ein [4][Programm des autoritären Umbaus] von Staat und Gesellschaft.
Um das umzusetzen, braucht er Machtpositionen in der Regierung. Das hat bei
diesen Koalitionsverhandlungen nicht geklappt. Ich glaube, dass Kickl mit
der Entscheidung, in die Opposition zu gehen, einem strategischen Kalkül
gefolgt ist, das durchaus aufgehen kann.
taz: In Deutschland ist die extrem rechte AfD nach der Bundestagswahl
zweitstärkste Kraft. Noch schließen alle Parteien eine Koalition mit ihr
aus. Könnte es nach der nächsten Wahl ähnlich aussehen wie in Österreich?
Opratko: Der Unterschied zwischen den Ländern ist, dass es in Österreich
seit Beginn der zweiten Republik in den 1940er Jahren immer eine
parlamentarische Repräsentation der extremen Rechten auf Bundesebene
gegeben hat. In Deutschland gab es zwar rechtsextreme Parteien, aber nie im
Bundestag. Es hat relativ lange gedauert, bis sich eine Partei wie die AfD
etablieren konnte. Aber die Möglichkeit einer rechtsextremen
Regierungsbeteiligung in Deutschland einfach auszuschließen und zu sagen:
„bei uns kann das nicht passieren“, das höre ich seit Jahren, das macht
mich wahnsinnig. Es ist falsch und verstellt den Blick darauf, dass der
Aufstieg der extremen Rechten ein globales Phänomen ist.
taz: Lässt sich aus dem Blick nach Österreich etwas über den Umgang mit der
[5][AfD] in Deutschland lernen?
Opratko: Man kann lernen, wie es nicht geht. Die Stärke der FPÖ gäbe es
heute nicht ohne den Rechtsruck der konservativen ÖVP unter Sebastian Kurz.
Die Konservativen haben Inhalte der Rechtsextremen übernommen und sie
legitimiert. Das hat es mittelfristig vielen Menschen leichter gemacht, die
FPÖ zu wählen. Als ich mir die Wahlkampf-Auftritte von Friedrich Merz
angeschaut habe, kam mir das alles sehr bekannt vor. Inhaltlich hat Merz
schon alles vorbereitet. Es gibt nicht mehr viele Gründe, warum die CDU
sich nicht der AfD gegenüber öffnen sollte.
25 Mar 2025
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## AUTOREN
Amira Klute
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