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# taz.de -- Versteigerung von Benkos Eigentum: Vom Palast zur Ramschbude
> Die protzige Villa des insolventen Immobilienkönigs René Benko am
> Gardasee wird versteigert. Eine Tour durch das Denkmal des Größenwahns.
Bild: Nummer eins ist das goldene Türschild „Familie Benko“
Sirmione taz | An einem für ihn selbst geschaffenen Brettspiel lässt sich
gut ablesen, welches Bild der Mega-Pleitier [1][René Benko] von sich selbst
hatte. „Signa-Monopoly“ steht groß auf dem Quadrat, benannt nach Benkos
[2][untergegangener Signa-Unternehmensgruppe].
Statt Badstraße oder Schlossallee sind aber auf den Feldern viele jener
Projekte benannt und abgebildet, die der einstige Immobilienentwickler und
in höchsten Tönen als „Wunderwuzzi“ Gelobte an die Wand gefahren hat – …
die verkauft werden mussten: so der vollständig gezeigte [3][Elbtower], der
tatsächlich ein unvollendeter Torso ist, die Alte Akademie in München, das
Berliner KaDeWe oder das New Yorker Chrysler-Building.
Präsentiert werden das Spiel sowie 1.824 weitere Auktionsgegenstände – mehr
als 100 Weine sind auch dabei – in Benkos Ferienvilla Ansaldi am Südufer
des Gardasees in Italien. Dort, auf der langgestreckten Landzunge von
Sirmione, besaß der heute 48-jährige Österreicher das Domizil aus der
Jahrhundertwende.
Die völlig verschachtelte Signa mit ihren 1.000 Einzelunternehmen ist
pleite, der Firmenpatriarch selbst hat Privatinsolvenz angemeldet und sitzt
seit Januar im Gefängnis in der Wiener Josefstadt in U-Haft.
Alles muss nun raus aus Benkos Haus. Alles, was nicht niet- und nagelfest
ist. Der Insolvenzverwalter soll möglichst viel eintreiben, um Benkos
einstige Geldgeber wenigstens zu einem kleinen Teil zu entschädigen. Dafür
hat er die Profis von der österreichischen Aurena-Group beauftragt, die im
großen Stil Onlineversteigerungen macht.
Aurena schafft daraus ein Ereignis, ein Event. Der Auktio_nator lädt an
diesem Tag Interessierte ein nach Sirmione, um sich die Villa selbst
anzuschauen, den parkgroßen Garten und natürlich die ganzen
Versteigerungspositionen, wie das fachlich korrekt heißt. Diese stehen und
liegen überall im Haus. Nummer eins ist das goldene Türschild „Familie
Benko“, die letzte, 1825, ein „Posten diverse Outdoor-Textilien“, das sind
ein paar ziemlich verschmutzte Plastikplanen.
Alle werden geduzt
Die Aurena-Leute sind jung, einheitlich in Blau gekleidet und treten recht
kumpelhaft-burschikos auf. Der Besichtigungs-„Slot“ für eine Handvoll
Interessierter beginnt um 13 Uhr, insgesamt wird dieser Teil des
untergegangenen Imperiums 300 Menschen gezeigt. Der Aurena-Mann, der sich
Hansi nennt, sagt, man habe etwa 20 Minuten Zeit. Er duzt alle.
Zuerst geht es in den Keller des Benko-Anwesens. Es gab einen
Wasserschaden, sagt Hansi, einiges ist verschimmelt. Man sieht es an den
Wänden. Unten sind der Spa-Bereich, Sauna, Fitness-Gym. Massenhaft liegen
Hanteln herum, aufgestellt sind Ergometer, Bauchmuskeltrainer,
Faszienrollen.
Das Erdgeschoss spart Hansi als Höhepunkt für den Schluss auf, weiter geht
es erst einmal in den ersten Stock. Ein langer Gang führt zu den vielen
Schlafzimmern und Bädern. Bei der Anzahl verliert man den Überblick. Wer
das wie genutzt hat, weiß auch Aurena nicht, Benko und sein Clan geben
keine Auskunft. Wahrscheinlich waren es Gäste- und Kinderschlafzimmer.
Alles ist überladen, soll prunkvoll wirken, meist in Beige. In einem Bad
führen noch zwei Stufen zur offen im Raum stehenden Wanne. Sessel im
„Barockstil“ stehen da, wie es in der Auktionsbeschreibung heißt, überall
goldene Figuren und an den Wänden Spiegel mit verschnörkelten Silberrahmen.
Ist das antik oder sind es billige Duplikate? Unmengen an Kissen werden
ebenso versteigert wie Kruzifixe.
Im zweiten Stock befindet sich standesgemäß der „Master-Bedroom“. Das
Schlafzimmer des Oberhauptes, also Benkos. An der Wand ein großer Monitor,
ein riesiger Plüsch-Osterhase von Lindt sticht hervor. Der große steinerne
Balkon ist direkt auf den See gerichtet, der Blick frei. Ein Master-Bedroom
hat natürlich auch ein Master-Bad mit gläserner Trennscheibe. Benkos
Produkte für die Zahnpflege sind in einem Posten gebündelt: zwei
Zahnbürsten, Sensodyne-Zahncreme, zwei Gläser, Oral-B-Zahnseide.
## Größte Pleite in Österreichs Geschichte
Hansi macht kein Hehl daraus, dass hier auch Voyeurismus bedient wird. Dass
die Besucher sich daran ergötzen oder auch erschaudern, wie der einst
Superreiche, der die größte Pleite in Österreichs Geschichte hingelegt hat,
privat lebte.
„Des soll ma scho mal sehen“, sagt Hansi in Ösi-Dialekt. Die Villa sei
schon verkauft – „und wir machen sie besenrein“. Benko selbst muss im
Gefängnis zuschauen, wie nun sein einstiges Privatleben in jedem Detail
ausgestellt wird.
In München am Holzzaun an der Alten Akademie in der Nähe des Stachus hatte
jemand gesprayt: „Benko war es nicht allein.“ Auch dort sind die Bagger und
Baufahrzeuge längst weg, das historische Ensemble liegt brach, händeringend
sucht der Freistaat Bayern nach einem neuen Immo-Projektierer.
Benko hat geblendet, und die Geldgeber haben sich blenden lassen. Banken,
Versicherungen, das „alte Geld“, wie der Innsbrucker Wirtschaftsprofessor
Leonhard Dobusch den zurückgezogenen Geldadel nennt. Die Renditen von
sechs oder acht Prozent nahmen sie gern, auch wenn sie den Emporkömmling
Benko aus einfachen Verhältnissen verachtet haben.
Zu Benkos Financiers zählte etwa der Hamburger Logistikunternehmer und
Milliardär Klaus-Michael Kühne. Als er sich abwandte, brach das Konstrukt
zusammen. Als seriös auftretende Institute waren etwa die bayerische
Landesbank Bayern-LB (im Besitz des Freistaats) mit dabei, die Landesbank
Baden-Württemberg (im Besitz des Landes) oder die Union-Investment, die vom
genossenschaftlichen Raiffeisenverbund getragen wird.
Keine der Banken gibt Auskunft darüber, wie viel Geld wegen Benko durch den
Schornstein gejagt wurde. Steuergeheimnis und so.
Seine Luxusprojekte hatte Benko hoch bewertet und dafür immer mehr Darlehen
bekommen. Die Zinsen waren damals äußerst niedrig, Geld war billig. Dann
kam die Krise, der Bau wurde teurer, es herrschte Materialknappheit, die
Zinsen stiegen, zugleich sanken die Nachfrage und die Immobilienpreise.
## Haus weg, Familie auch
Seit der Signa-Pleite Ende 2023 gibt es kaum ohne Woche ohne weitere
Benko-Neuigkeiten. Dass die Ermittler viel Bargeld und Schmuck in einem
Geheimversteck bei einem Vertrauten gefunden haben. Dass wohl bald eine
erste Anklage erhoben wird von der Wirtschafts- und
Korruptionsstaatsanwaltschaft WKSta in Wien.
Diese gilt in Österreich für viele als die einzige furchtlose, hartnäckige
Ermittlungsbehörde. Ein Sprecher bestätigt, dass sie Benko so lange in
U-Haft halten will, bis ein Prozess beginnt. Benkos Frau hat die Scheidung
eingereicht und ist mit den drei kleinen Kindern weg.
Laut Staatsanwaltschaft und Gericht bestehen bei ihm Flucht- und
Verdunkelungsgefahr. Viel Geld dürfte er weiterhin in Privatstiftungen
gebunkert haben, auch in Liechtenstein. Als er noch frei war, unternahm
Benko mutmaßlich vieles, um Vermögen beiseitezuschaffen.
Letzte Station der Tour durch die Villa ist das Erdgeschoss, die
Gesellschaftsräume und die angrenzende Profi-Küche. Im Wohnzimmer mit
Polsterlandschaft ist ein Mega-Bildschirm in den Kamin eingebaut. Im
Speisezimmer mit Platz für zwölf Personen liegt das Besteck, das
versteigert wird, auf dem Esstisch.
Im ganzen Haus hängen riesige Lampen an den Decken, extravagant und
erlesen. Ein Höhepunkt ist die schwarze Toilette mit eingelassenen
Verzierungen aus Gold. In der Küche mit allen erdenklichen Utensilien
dürfte Benko kaum je selbst am Kochtopf gestanden haben.
Alles in der Villa in der Via XXV Aprile 68 ist protzig und geschmacklos.
Hansi sagt: „Manches hier ist teuer, und anderes ist billig und soll teuer
aussehen.“ Bücher gibt es fast gar nicht in dem Haus. Und an den Wänden
hängt keine Kunst, sondern Deko.
Die Außenanlage verströmt Morbidität. Der Hubschrauberlandeplatz, der große
Pool mit trüb-grünem Wasser. Verlassen ist das kleine Haus für die
Security, die beiden Yacht-Anlegestellen verwaist, in einem Schuppen lagern
Ferrari-Sammlerstücke, auch die kann man kaufen. Das einstige Reich ist
versunken.
Schnäppchen dürften bei der Versteigerung keine gemacht werden, die
Menschen geben für diese Devotionalien viel Geld aus. Das Türschild lag am
Sonntagmittag bei 800 Euro, das Monopoly bei 600 und das Gold-WC bei 1.400.
Die Zuschläge werden am 14. Juli erteilt, bis dahin kann man online alles
anschauen und mitbieten unter [4][www.aurena.at].
Verschickt wird allerdings gar nichts, alles Ersteigerte muss wenige Tage
später vor Ort abgeholt und abmontiert werden. Wer etwa den fünf Meter
langen Steintisch im Garten möchte, muss diesen wohl mit einem größeren
Boot vom See aus holen.
7 Jul 2025
## LINKS
[1] /Verdunkelungs--und-Tatbegehungsgefahr/!6064707
[2] /Groesste-Pleite-Oesterreichs/!6059660
[3] /Elbtower-in-Hamburg/!6052737
[4] https://www.aurena.at/
## AUTOREN
Patrick Guyton
## TAGS
Insolvenz
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Haft. Ihm gehören auch hier Kaufhäuser. Gläubiger fordern 2,4 Milliarden
Euro.
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