| # taz.de -- Grüne nach Wahlniederlagen im Osten: „Radikaler Kurswechsel“ �… | |
| > Mit einem Positionspapier wollen Grüne aus dem Osten ihre Partei | |
| > wachrütteln. Sie fordern Ost-Kongresse, eine Ost-Taskforce und Quoten für | |
| > Ost-Grüne. | |
| Bild: Zerstörtes Wahlplakat der Grünen in Leipzig | |
| Berlin taz | Drei Landtagswahlen [1][haben die Grünen im vergangenen Jahr | |
| in Ostdeutschland verloren]. Gleichzeitig konnte die AfD ihre Macht weiter | |
| ausbauen. In einem Positionspapier fordert daher Madeleine Henfling, 2024 | |
| Spitzenkandidatin in Thüringen, zusammen mit zwei weiteren | |
| Grünen-Mitgliedern aus dem Osten einen „radikalen Kurswechsel“. | |
| „Die Wahlergebnisse sind keine Warnsignale mehr – sie sind ein | |
| unmissverständlicher Beweis für das politische Versagen der letzten Jahre. | |
| Wenn wir nicht endlich begreifen, dass wir als Partei nicht nur für urbane | |
| Milieus im Westen Politik machen können, dann werden wir im Osten endgültig | |
| irrelevant“, heißt es in dem 23-seitigen Papier, das Henfling zusammen mit | |
| Luna Möbius und Thea-Helene Gieroska aus Sachsen-Anhalt verfasst hat und | |
| das der taz vorliegt. | |
| Nicht als „Diskussionsvorschlag“, sondern als „Handlungsanweisung“ | |
| bezeichnen sie ihr Papier. Die Dringlichkeit ergebe sich auch daraus, dass | |
| Ostdeutschland ein „Seismograf für die gesamte Republik“ sei. Die | |
| [2][zunehmenden Erfolge der AfD auch im Westen] werten die Autorinnen | |
| als Beleg dafür. Ihre Schlussfolgerung: Die „gesamte Partei“ müsse „die | |
| Probleme, aber auch die Lösungen dazu als ihre Aufgabe begreifen und nicht | |
| weiter nur als ostdeutschen Sonderfall abtun“. | |
| Als Ursache für die Misere führen die Autor*innen in ihrer Analyse | |
| sowohl allgemeine als auch parteispezifische Gründe an. So habe die | |
| Deindustrialisierung nach 1990 in Ostdeutschland generell zu einem | |
| „grundlegenden Vertrauensverlust in staatliche Institutionen und | |
| wirtschaftliche Versprechungen“ geführt. Gerade in Krisenzeiten sei die | |
| Verunsicherung dadurch größer. Die mangelnde Repräsentanz in den Spitzen | |
| von Wirtschaft, Medien und Politik verursache zusätzliches Misstrauen. | |
| Dazu werden in dem Papier etliche Versäumnisse der eigenen Partei | |
| angeführt. „Wichtige ostdeutsche Köpfe fehlen oder sind medial nicht | |
| präsent“, heißt es zum Beispiel. Der Gesamtpartei fehle eine ernsthafte | |
| Oststrategie und Hinweise aus den Ostländern würden „selten ernst genommen, | |
| geschweige denn in politisches Handeln übersetzt“. Die Landes- und | |
| Kreisverbände vor Ort im Osten würden es selten schaffen, [3][Bündnisse mit | |
| der Zivilgesellschaft aufzubauen]. Und auch durch Regierungsbeteiligungen | |
| auf Landesebene habe man sich nicht profilieren können: Grüne Erfolge seien | |
| gegen unpopuläre Maßnahmen wie Haushaltskürzungen untergegangen. | |
| ## Ostkongress und Taskforce | |
| Um gegenzusteuern, fordern die Autor*innen unter anderem strukturelle | |
| Änderungen in der Partei. Ein „regelmäßiger Ostkongress auf Bundesebene“ | |
| soll Debatten, Vernetzung und Strategieentwicklung sicherstellen. Stimmen | |
| aus dem Osten sollen dort dominieren, aber auch westdeutsche | |
| Funktionär*innen teilnehmen, „um die gesamtparteiliche Verantwortung zu | |
| verankern“. Ergänzend soll eine „Taskforce Ost als ständiges Gremium“ | |
| direkt mit dem Bundesvorstand arbeiten. Auch die Bundestagsfraktion soll | |
| sich kümmern: mit einer jährlichen „Ost-Klausur“ zur „Festlegung von | |
| politischen Schwerpunkten für Ostdeutschland“. | |
| Parteiinterne Schulungen sollen Wissen über die „Spezifika ostdeutscher | |
| Politik“ vermitteln. Für ostdeutsche Talente soll es ein gezieltes | |
| Förderprogramm geben. Und sogar eine Quote wird im Papier gefordert: „Eine | |
| Partei, die sich Vielfalt auf die Fahnen schreibt, muss auch regionale | |
| Repräsentanz ernst nehmen. Daher sollte für alle Bundesgremien eine | |
| Mindestanzahl ostdeutscher Mitglieder festgeschrieben werden.“ | |
| Neue Ansätze fordern die Autor*innen auch in der Kommunikation. | |
| Spitzen-Grüne sollen, auch außerhalb von Wahlkämpfen, Exklusivinterviews in | |
| ostdeutschen Regionalmedien statt nur in überregionalen Medien geben. Für | |
| ostdeutsche Redaktionen sollen regelmäßige Hintergrundgespräche | |
| durchgeführt werden, Grüne aus dem Osten öfter auf den Social-Media-Kanälen | |
| der Partei auftauchen. | |
| ## Nicht nur Klima | |
| In weiten Teilen des Papiers geht es aber auch um die konkreten | |
| inhaltlichen Botschaften, die die Grünen senden. „Es stellt sich die Frage, | |
| ob wir allein mit unserem Fokus auf Natur- und Klimaschutz – ohne dem Thema | |
| seine Relevanz absprechen zu wollen – vor allem in den ostdeutschen | |
| Bundesländern noch wirkliche politische Handlungsspielräume schaffen | |
| können“, heißt es. | |
| Stärken wollen die Autor*innen stattdessen unter anderem | |
| sozialpolitische Themen wie Mieten, Rente und Tarifbindung. Die SPD | |
| hinterlasse dort „aufgrund schwindender Zustimmungsraten eine Lücke“, die | |
| derzeit durch die AfD gefüllt werde. Für die Wirtschaftspolitik schlagen | |
| die Autor*innen Strukturförderung vor, zum Beispiel durch einen | |
| staatlich geförderten Innovationsfonds für ostdeutsche Start-ups sowie | |
| durch Steuererleichterungen für Hightech-Unternehmen – finanziert durch | |
| eine Sonderabgabe auf Spekulationsgewinne und hohe Vermögen. | |
| In der Bildungspolitik fordern sie, die „Auseinandersetzung mit | |
| strukturellen Ungleichheiten zwischen Ost und West“ auf die Lehrpläne aller | |
| Bundesländer zu setzen. Und um der mangelnden Repräsentanz von Ostdeutschen | |
| entgegenzuwirken, fordern die Autor*innen feste Vorgaben auch über die | |
| eigene Partei hinaus: „Eine Ostquote von 30 % in Ministerien und | |
| Bundesbehörden kann dazu beitragen, das Ungleichgewicht auszugleichen“, | |
| heißt es dazu im Papier. | |
| 19 Mar 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Tobias Schulze | |
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