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# taz.de -- Positionspapier zum Grünen-Ostkongress: Mehr Rotkäppchen und Kath…
> Die Grünen sprechen auf ihrem Ostkongress darüber, was die Partei aus
> verschiedenen Perspektiven lernen kann. Vier Frauen machen dazu einen
> Vorschlag.
Bild: Fordert ostdeutsche Identifikationsfiguren: Bundestagsabgeordnete Piechot…
Wittenberg taz | Eigentlich sei das mit dem Osten und den Grünen gar nicht
so kompliziert. Wenn sie alte Fehler vermeidet und die Potenziale in
Ostdeutschland nutzt, könnte die Partei davon bundesweit profitieren. So
skizziert es zumindest [1][das „Ostpapier“, das vier grüne Politikerinnen
am Samstagvormittag veröffentlicht haben]. Es steht im Kontext des ersten
Ostkongresses der Bündnisgrünen in Lutherstadt Wittenberg.
An diesem Wochenende diskutieren dort in Sachsen-Anhalt rund 500
Parteimitglieder aus der ganzen Bundesrepublik. Wie stehen [2][die Grünen
im Osten] da? Wie können sie mehr Wähler:innen von ihrer Politik
überzeugen? Zu dieser Debatte solle das Papier „konkret umsetzbare,
ergänzende Punkte mit offenem Ausgang einspeisen“, schreiben die
Autorinnen.
Alle vier stammen aus unterschiedlichen Ost-Bundesländern, kennen sich aber
schon lange. Madeleine Henfling, frühere Landtagsabgeordnete aus Thüringen,
und Luna Möbius, Mitglied des Ostbeirats aus Sachsen-Anhalt, gehören eher
zum linken Parteiflügel. Paula Piechotta, Bundestagsabgeordnete aus
Leipzig, und Julia Schneider, Bundestagsabgeordnete aus Ostberlin, sind
eher Realos.
Zusammen argumentieren sie, es sei noch gar nicht lang her, dass die Grünen
führende Kraft linker Parteien waren. Noch vor wenigen Jahren, 2019 und
2021, hätten die Grünen bei Wahlen in Ostdeutschland Rekordergebnisse
eingefahren und die Politik in mehreren Bundesländern beeinflusst. „Da
müssen wir wieder hin“, setzen die Autorinnen des Papiers die Zielmarke.
## Neue Strategie gegen die AfD
Allerdings: In den fünf Bundesländern auf dem Gebiet, das früher mal DDR
war und heute oft vereinfacht als Ostdeutschland bezeichnet wird, haben die
Bündnisgrünen schon seit der Wiedervereinigung besonders niedrige
Zustimmungswerte. Bei den Landtagswahlen landen sie immer deutlich unter
dem Bundestrend. Sie gelten als West-Partei. Mancherorts kämpfen sie nicht
um Stimmen, sondern [3][gegen blanken Hass und Drohungen].
Obwohl die Länder viel unterscheidet, hat das zumindest teilweise
gemeinsame Ursachen. Die Wähler:innen der Grünen, städtisch, akademisch,
finanziell gut aufgestellt, sind im ländlich geprägten Ostdeutschland
seltener als im Westen. In Leipzig, Potsdam oder Berlin schlagen die
Wahlergebnisse mal nach oben aus, ansonsten stößt das grüne Politikangebot
zwischen Rügen und dem Erzgebirge kaum auf Wohlwollen.
Um Erfolg zu haben, müsse die Partei auch Menschen außerhalb ihrer
Stammwähler:innenschaft ansprechen, fordern die Autorinnen des
vierseitigen Ostpapiers. Das gehe zum Beispiel, indem die Grünen neue
Identifikationsfiguren förderten: ostdeutsche Akteure, Arbeiterkinder und
Nicht-Akademiker:innen. „Wenn wir breitere Bevölkerungsgruppen erreichen
wollen, müssen wir zeigen, dass diese Menschen bei uns auch innerparteilich
etwas zu sagen haben.“ Nur so könne glaubhaft vermittelt werden, dass die
Grünen für deren Interessen eintreten.
Außerdem brauche die Partei eine „eigenständige sozialpolitische
Handschrift“, um mehr Menschen von sich zu überzeugen: Pflege, Gesundheit,
Rente, Arbeitsmarkt. „Menschen in Ostdeutschland profitieren
überproportional von funktionierenden Sozialversicherungen“, heißt es in
dem Papier.
Vor Ort in den ostdeutschen Bundesländern sei wichtig, spezifische Themen
in den Fokus zu rücken. Beispielhaft führen die Autorinnen die ungleiche
Verteilung von Vermögen, die Dürregefahr in Ostdeutschland oder die
Zusammenarbeit mit den Nachbarländern Polen und Tschechien auf. Oder die
Belange von Traditionsfirmen wie der Sektkellerei Rotkäppchen oder des
Backmischungsherstellers Kathi, die beide in Sachsen-Anhalt sitzen.
„Ost-Bündnisgrüne brauchen mehr Freiheit, um regionale Interessen
nachhaltiger vertreten zu können“.
Zusätzlich plädieren die Autorinnen für eine neue Strategie gegen die AfD.
Reine Brandmauer und dann ignorieren? Besser sei, die inneren Widersprüche
im rechtsextremen Lager herauszuarbeiten, „die Scheinheiligkeit
rechtsextremer Akteure stärker zu thematisieren, die Finanzierungsströme
und die Verbreitung von Falschinformationen sehr viel konsequenter zu
bekämpfen als bislang“. Noch wichtiger sei aber „eine tragfähige
sozialökonomische Gegenerzählung, die nicht technokratisch belehrt, sondern
Menschen emotional erreicht“.
## Banaszak auf Ost-Tour
Aktuell können die Grünen aber nur von Rekord-Wahlergebnissen träumen. Bei
der [4][sächsischen Landtagswahl 2024] schafften sie es gerade so mit 5,1
Prozent der Stimmen ins Parlament. In Brandenburg und Thüringen scheiterten
sie hingegen an der Fünf-Prozent-Hürde. In allen drei Ländern hatte die
Partei zuvor mitregiert.
In den vergangenen Monaten versuchte die Parteispitze gegen diesen Trend
erste Maßnahmen zu ergreifen. Im Juli setzte der Grünen-Vorstand [5][einen
Beirat mit 15 Mitgliedern ein], der ihn bei ostdeutschen Fragen
unterstützen sollte. Nicht alle Mitglieder des Beirats sind auch Mitglieder
der Grünen, zu den externen Berater:innen gehört etwa auch der bekannte
Historiker Ilko-Sascha Kowalczuk.
Parteichef [6][Felix Banaszak inszeniert zudem sein Interesse an
ostdeutschen Bedürfnissen]. Neben dem Parteibüro in seiner Heimatstadt
Duisburg eröffnete er dieses Jahr auch eins in Brandenburg. Den Sommer über
tourte Banaszak durch die ostdeutschen Länder, besuchte etwa
zivilgesellschaftliche Akteure in Sachsen oder Arbeiter:innen des
Chemieparks Leuna in Sachsen-Anhalt.
Im hundert Kilometer davon entfernten Wittenberg tagt nun also der erste
Ostkongress der Partei, ebenfalls in Sachsen-Anhalt. Dort steht die
Landtagswahl nächstes Jahr an. Letzte Woche bekamen die Grünen in [7][einer
Umfrage 3 Prozent der Stimmen].
Eine Stippvisite der Parteispitze sei eben nicht genug, um in
Ostdeutschland gewählt zu werden, heißt es im „Ostpapier“. Die
Bündnisgrünen bräuchten Veränderungen auf bundespolitischer Ebene. Was dort
passiere, wirke sich direkt auf Ostdeutschland aus, glauben die Autorinnen.
„Umgekehrt kann fast kein Format vor Ort jemals kompensieren, welche
verheerenden Folgen eine bundespolitische Verengung auf die Kernklientel in
den ostdeutschen Bundesländern einschließlich Berlin nach sich zieht.“
13 Sep 2025
## LINKS
[1] https://paulapiechotta.de/ostpapier-bundnisgrune-und-der-osten-eigentlich-g…
[2] /Gruene-nach-Wahlniederlagen-im-Osten/!6073417
[3] /Hass-auf-die-Gruenen-in-Ostdeutschland/!5972510
[4] /Gruenen-Niederlage-im-Osten/!6033626
[5] /Die-Gruenen-wollen-jetzt-auf-Ostdeutsche-hoeren/!6098113
[6] /Gruenen-Chef-Banaszak-auf-Sommertour/!6101946
[7] /Umfrage-zur-Landtagswahl-Sachsen-Anhalt/!6111989
## AUTOREN
David Muschenich
## TAGS
Bündnis 90/Die Grünen
Schwerpunkt Ostdeutschland
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Schwerpunkt Landtagswahl in Sachsen-Anhalt
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Wahlen in Ostdeutschland 2024
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