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# taz.de -- Abschwächung des EU-Lieferkettengesetzes: Tchibo warnt vor seltene…
> Auch der Verband der Fertigwarenimporteure kritisiert die Reformpläne.
> Die Wirtschaftsvertreter können dem Vorstoß aber auch Gutes abgewinnen.
Bild: Will nicht, dass die EU ihre Lieferketten-Richtlinie zu sehr abschwächt:…
Berlin taz | Mit gemischten Gefühlen betrachten hiesige
Wirtschaftsvertreter die [1][geplante Abschwächung der
Lieferketten-Richtlinie der Europäischen Union]. „Eine schlechte Idee“ sei
es, „wenn Firmen ihre Risikoanalysen nur alle fünf Jahre machen müssten“,
erklärte Michael Arretz vom Verband der Fertigwarenimporteure in Hamburg.
„In der Zwischenzeit können Menschenrechtsverletzungen ein Ausmaß annehmen,
das kaum in den Griff zu bekommen ist.“
Laut der Richtlinie sind große europäische Unternehmen mitverantwortlich
dafür, die sozialen und ökologischen Rechte von Beschäftigten ausländischer
Zulieferfabriken zu schützen. Hiesige Auftraggeber müssen sich zum Beispiel
darum kümmern, dass die Textilarbeiterinnen ihrer Lieferanten in Vietnam
Mindestlohn und Mindesturlaub erhalten.
In der vergangenen Woche nun veröffentlichte die EU-Kommission zahlreiche
Vorschläge, um die Richtlinie aufzuweichen. Dazu gehört auch, dass
Unternehmen die menschenrechtlichen Risiken bei ihren Zulieferern nur alle
fünf Jahre überprüfen sollen, nicht jedes Jahr. Die Kommission schlug die
Änderungen vor, weil zahlreiche Betriebe und Verbände angesichts der
weltwirtschaftlichen Probleme Kostenerleichterungen verlangen.
„Die Risiken in der Lieferkette nur alle fünf Jahre zu bewerten, ist
kontraproduktiv“, sagte auch Pablo von Waldenfels, Nachhaltigkeit-Manager
beim Kaffee-Einzelhändler Tchibo. „Man muss regelmäßig überprüfen, ob die
eigenen Maßnahmen wirken.“ Sonst könne man nach fünf Jahren böse
Überraschungen erleben, so Waldenfels.
## Um ein Jahr verschoben
Neben diesem Punkt stellte EU-Kommissar Valdis Dombrovskis weitere geplante
Änderungen der Lieferketten-Richtlinie vor: Die Unternehmen sollen die
Regulierung nicht 2027, sondern erst 2028 anwenden müssen, und vornehmlich
ihre „direkten“ Zulieferer überprüfen.
Letzteres stellt eine Erleichterung dar, weil dann die meisten Lieferanten
der Lieferanten erstmal außen vor bleiben. Zudem will die EU künftig
verhindern, dass große Firmen ihre Verpflichtungen auf kleine Betriebe
abwälzen. Ebenfalls wichtig: Eine zivilrechtliche Haftung, die
beispielsweise über das deutsche Lieferkettengesetz hinausgeht, will die
Kommission aus der Richtlinie löschen.
Damit wären die europäischen Auftraggeber zwar weiterhin grundsätzlich mit
haftbar für Verstöße im Ausland, aber den dort Geschädigten fiele es
schwerer, ihre Rechte vor hiesigen Gerichten durchzusetzen.
Verbandsvertreter Arretz kann das „nachvollziehen. Viele Firmen machen sich
wegen der Haftung große Sorgen.“ Sie befürchteten, ständig verklagt zu
werden.
Tchibo-Manager Waldenfels sieht es ähnlich. Grundsätzlich betonten beide
jedoch, die EU-Lieferketten-Richtlinie für richtig zu halten. „Sie verlangt
ein wirkungsvolles Management ökologischer und menschenrechtlicher Risiken
und stellt für sich genommen keine bürokratische Überforderung dar“,
erklärte Waldenfels. Allerdings entstehe ein „unnötig hoher Aufwand“ unter
anderem durch die Berichte, die die Unternehmen regelmäßig veröffentlichen
müssten.
## Nur wenige Unternehmen sollen sich noch beteiligen
Auch dafür kündigte die EU Erleichterungen an. Während die Europäische
Richtlinie für Nachhaltigkeitsberichterstattung momentan für Firmen mit
mehr als 500 Beschäftigten gilt, wird die Grenze künftig grundsätzlich auf
1.000 Mitarbeitende angehoben.
[2][Damit fielen 80 Prozent der bisher erfassten Firmen nicht mehr
darunter] – ihnen blieben die Berichte erspart. Auch sollen sie erst 2028
veröffentlicht werden, nicht bereits jetzt oder in den kommenden zwei
Jahren.
Die Debatte zwischen Unternehmen und ihren Verbänden geht seit Jahren hin
und her. Firmen wie Tchibo und der Importeursverband, aber auch
internationale Konzerne wie Nestlé und Unilever unterstützen die
Lieferketten-Regulierung.
Sie betrachten sie als Versuch, zivilisierte Arbeits- und Umweltbedingungen
in den weltweiten verteilten Zulieferfabriken durchsetzen – auch, weil sie
sich selbst seit langem darum kümmern, während ihre Konkurrenten Kosten
sparen, indem sie darauf verzichten.
Demgegenüber waren hiesige Verbände wie der Bundesverband der Deutschen
Industrie und die Bundesvereinigung der Arbeitgeber immer kritisch
eingestellt. So erklärte Arbeitgeber-Präsident Rainer Dulger: „Die
Europäische Kommission macht ihre Ankündigungen zum Bürokratierückbau
endlich wahr. Wir brauchen diese Kurskorrektur, um die Wettbewerbsfähigkeit
Europas wieder ins Zentrum zu rücken – Vereinfachung, mehr Wirtschaft,
weniger Bürokratie.“
28 Feb 2025
## LINKS
[1] /EU-Lieferkettengesetz-aufgeweicht/!6068316
[2] /Leak-von-Plaenen-der-EU-Kommission/!6068389
## AUTOREN
Hannes Koch
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Lieferketten
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