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# taz.de -- Aufweichung der EU-Lieferkettenrichlinie: Deutschlands Einsatz gege…
> Kaum verabschiedet, soll die Europäische Lieferkettenrichtlinie wieder
> abgeschwächt werden. Treibende Kraft dahinter ist Deutschland.
Bild: Seine Arbeitsbedingungen sind nachrangig. Das Lieferkettengesetz wird ent…
Berlin taz | Noch bevor die EU-Lieferkettenrichtlinie richtig wirkt, soll
[1][sie schon wieder abgeschwächt] werden. Unter dem Schlagwort
Bürokratieabbau hat die EU-Kommission vergangene Woche ihren Vorschlag
vorgelegt, die Regeln nicht nur zu vereinfachen, sondern in wichtigen
Teilen abzuschwächen. Große Unterstützung für das Vorhaben kam von der
scheidenden Bundesregierung und Wahlgewinner Friedrich Merz sowie der
deutschen Wirtschaftslobby.
Mit den Abschwächungen kommen die Regeln dann auch näher an das deutsche
Lieferkettengesetz, bei dem sich Forderungen der Wirtschaftsverbände der
deutschen Industrie (BDI), Arbeitgeber (BDA), Chemie (VCI) und Autobauer
(VDMA) schon 2021 durchsetzten. Demnach betrifft es nur wenige Unternehmen,
diese müssen nur den ersten Lieferanten überprüfen und es gibt keine
zusätzlichen Haftungsregeln, die es Betroffenen von
Menschenrechtsverletzungen ermöglicht, europäische Unternehmen auf
Schadenersatz zu verklagen.
2021 verabschiedete die Regierungskoalition von Union und SPD das
Lieferkettengesetz mit großer Unterstützung der Grünen im Bundestag. Auch
die Zivilgesellschaft, die sich stark für verpflichtende Regeln für
Unternehmen eingesetzt hatten, feierte das. Immerhin war es ein Anfang, der
bislang freiwillige Vorgaben für Unternehmen ablöste.
Seit Januar 2023 gelten die Regeln. Seitdem müssen sehr große Unternehmen
[2][ihre Lieferketten kennen und analysieren], wo es Risiken für
Menschenrechtsverletzungen gibt. Außerdem müssen sie ein Beschwerdesystem
einrichten und auf Beschwerden reagieren. Im Falle von
Menschenrechtsverletzungen müssen sie Abhilfe schaffen, also überlegen, wie
sie die Situation insgesamt und für die Betroffene verbessern. Wichtig ist,
dass der Grundsatz des Bemühens gilt und nicht des Erfolges. Auch das war
eine Forderung der Wirtschaftsverbände.
## Bürokratieabbau wurde zum Wahlkampfthema
Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen sowie Gewerkschaften hatten danach
auf die europäische Richtlinie gehofft, um Schwachstellen der deutschen
Regeln auszubessern. Nach einem zweijährigen Verhandlungsprozess verkündete
die Kommission, der Rat, der die Mitgliedstaaten vertritt, und das
Europäische Parlament eine Einigung. Im Parlament wurde das auch von den
Fraktionen der liberalen Renew und der konservativen EVP mitgetragen.
Bei der formalen finalen Zustimmung des Rates kam dann die Überraschung.
Kurz vorher entzog die FDP ihre Zustimmung in der Ampel-Koalition, sodass
sich die Bundesregierung im Rat Anfang 2024 enthalten musste und damit die
Mehrheit für die Lieferkettenrichtlinie gefährdete.
Durch weitere Zugeständnisse, darunter eine starke Eingrenzung der
betroffenen Unternehmen, wurde das EU-Lieferkettengesetz schließlich doch
angenommen. Bis spätestens 2026 hätten die EU-Staaten es in nationale
Gesetze umsetzen müssen, ab 2027 sollte es gelten. Doch Deutschland
blockierte wieder. Der Bürokratieabbau wurde zum Wahlkampfthema.
## EVP ist auf extrem rechte Parteien angewiesen, um die Änderungen
anzunehmen
Grünen-Spitzenkandidat und Wirtschaftsminister Robert Habeck wollte es „mit
der Kettensäge“ abschaffen und auch Kanzler Olaf Scholz (SPD) versprach,
„es kommt weg“ – allerdings im Gegensatz zur Basis ihrer jeweiligen
Parteien. Im Dezember wandten sich Habeck und Ministerkollege Hubertus Heil
(SPD) [3][in einem Brief an den neuen Bürokratie-Kommissar] Vladis
Dombrovskis und Finanzkommissarin Maria Luís Albuquerque mit Forderungen,
die Berichtspflichten zu vereinfachen.
[4][Scholz schrieb im Januar an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der
Leyen] und begrüßte ihr Vorhaben Bürokratie abzubauen. Auch Kanzlerkandidat
Friedrich Merz (CDU) machte klar, er habe sich [5][in der europäischen
Mutterpartei EVP für ein Zurückdrehen der Lieferkettenrichtlinie] stark
gemacht. Im Wahlprogramm versprach die CDU, das Lieferkettengesetz werde
„abgeschafft“ und auch in Europa „Belastungen einen Riegel“ vorgeschobe…
Die Abschwächungen der EU-Lieferkettenrichtlinie müssen nun vom
Europäischen Parlament und den Mitgliedstaaten im Rat angenommen werden.
Aus Kreisen, die mit dem Prozess vertraut sind, heißt es, die Kommission
wolle das möglichst schnell erreichen.
Die Mehrheit im Rat sollte gesichert sein. Im Europäischen Parlament ist
die EVP allerdings auf eine Mehrheit mit den extrem rechten Parteien
angewiesen, um die Änderungen anzunehmen. Die haben bereits ihre
Unterstützung öffentlich gemacht. Das würde nicht zuletzt ein Einreißen der
Brandmauer auch auf europäischer Ebene bedeuten.
4 Mar 2025
## LINKS
[1] /Leak-von-Plaenen-der-EU-Kommission/!6068389
[2] /Zwei-Jahre-Lieferkettengesetz/!6060684
[3] https://table.media/wp-content/uploads/2024/12/17215006/CSRD-Proposal.pdf
[4] https://www.abgeordnetenwatch.de/sites/default/files/media/documents/2025-0…
[5] https://www.friedrich-merz.de/merzmail/merzmail-03-2025/
## AUTOREN
Leila van Rinsum
## TAGS
Lieferketten
Unternehmen
Menschenrechte
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