| # taz.de -- Faire Literaturagentur: Die Literaturbranche, kollektiv-antikapital… | |
| > Die neue genossenschaftliche Literaturagentur zoraLit soll eine Antwort | |
| > auf prekäre Arbeitsbedingungen beim Schreiben bieten. | |
| Bild: Wollen hierarchiefreier und fairer Bücher produzieren: Die Gründerinnen… | |
| Wenn etwas völlig Neues im Leben beginnt, ist das aufregend. Den drei | |
| Frauen, die man zu diesem Neuen in ihren Leben in einem Schöneberger Café | |
| befragt, ist dann auch anzumerken, dass sie sehr gespannt auf das sind, was | |
| nun vor ihnen liegt. | |
| Katharina Holzmann, Sabina Everts und Alyssa Fenner hatten bis vor Kurzem | |
| noch feste Jobs in der Buchbranche. Bei kleinen, aber auch bei größeren | |
| Literaturverlagen. Dann reifte im Zusammenspiel mit Zoë Martin und Laura | |
| Weber die Idee, etwas zu gründen, was es in der Art bislang noch nicht | |
| gibt: eine genossenschaftlich organisierte [1][Literaturagentur]. Man | |
| spürt, die Lust, ihr gemeinsam angeschobenes Projekt zu entwickeln, das sie | |
| zoraLit getauft haben, ist riesig. Sich als Genossenschaft verstehende | |
| Verlage existieren bereits, beispielsweise die Büchergilde mit Hauptsitz in | |
| Frankfurt a.M. Holzmann aber erklärt, das seien Genossenschaften „in der | |
| Literaturbranche“. zoraLit sei nun aber, und das ist ein Unterschied, „eine | |
| Genossenschaft für die Branche“. | |
| Die Branche. Die drei Frauen sagen, sie würden grundsätzlich sehr gerne in | |
| dieser arbeiten, mit Literatur und Literaten und Literatinnen, mit Büchern | |
| und intellektuellem Austausch. Aber es gebe auch vieles an der | |
| [2][Literaturbranche] zu kritisieren, und manche Arbeitsbedingungen in | |
| dieser seien ziemlich verbesserungswürdig. Befristete Arbeitsverträge, | |
| schlechte Bezahlung, Überstunden, Urlaube, in denen nebenbei noch | |
| Manuskripte gelesen werden müssen, das alles sei hier eher normal als die | |
| Ausnahme, darin sind sich alle drei einig. „Die Belastung in allen | |
| Bereichen der Branche ist krass“, so Everts. zoraLit wolle deswegen eine | |
| Plattform sein, in der diese Zustände offen angesprochen und diskutiert | |
| werden. Nach dem Motto von Fenner: „Uns geht es nicht gut, anderen auch | |
| nicht – wir sprechen darüber.“ | |
| Als Team zusammengefunden hätten sich die fünf Gründerinnen also über den | |
| gemeinsamen Wunsch, ein besseres Miteinander in der Branche zu entwickeln | |
| und Veränderungen anzustoßen, so Everts. Und das gemeinsam mit einem | |
| Netzwerk Gleichgesinnter. Die Gründung einer GmbH kam nicht in Frage, man | |
| verstehe sich als „antikapitalistisch“, sagt sie weiter. Als Verein | |
| vielleicht oder Kollektiv, sei anfangs noch eine Überlegung gewesen. Aber | |
| damit wäre zoraLit kaum mehr als ein Hobbyunternehmen gewesen, mit dem sich | |
| der eigene Lebensunterhalt nicht bestreiten lässt. | |
| ## Der Bedarf ist da | |
| Am besten geeignet für das Projekt zoraLit erschien den Fünfen dann die | |
| Gründung einer Genossenschaft, einer Interessengemeinschaft von Menschen | |
| aus der Literatur für Menschen aus der Literatur. Die drei im Schöneberger | |
| Café sagen, sie seien regelrecht Fans des Genossenschaftsmodells. Ihre | |
| Vorstellungen eines nicht gewinnorientierten Arbeitens und einer | |
| angestrebten Community Gleichgesinnter, die sich untereinander Hilfe | |
| anbietet, könne bei diesem ziemlich optimal umgesetzt werden. | |
| zoraLit bietet ihren Genossen und Genossinnen Beratungsgespräche an, | |
| veranstaltet Workshops und Panels, es gibt eine Community-App, | |
| Mentoring-Programme sind geplant. Mit dazu gehört eine Literatur- und eine | |
| Eventagentur, deren Dienstleistungen für Genossen und Genossinnen zwar | |
| nicht umsonst sind, deren Erlöse aber in der Genossenschaft bleiben. | |
| Innerhalb kurzer Zeit habe man bereits 60 Genossen und Genossinnen für das | |
| Projekt gewinnen können. Möglichst 400 – ohne Obergrenze, versteht sich – | |
| sollten es einmal werden, um längerfristig finanziell tragfähig arbeiten zu | |
| können. | |
| Bislang passiert bei zoraLit, abgesehen von den Online-Angeboten natürlich, | |
| noch das meiste in Berlin. Fenner aber sagt, man sehe sich als | |
| Genossenschaft für den ganzen deutschsprachigen Raum und nicht bloß für den | |
| „Berliner Literaturklüngel“. Veranstaltungen in anderen Städten werde es | |
| also bald geben. | |
| Der Bedarf an so etwas wie zoraLit ist bestimmt da. Als sich die | |
| Genossenschaft vor kurzem in einer Online-Veranstaltung vorgestellt hat, | |
| meldeten sich am Ende ein paar Interessierte mit literarischen Ambitionen, | |
| die die Bedeutung von Netzwerken unterstrichen, um voranzukommen. Und | |
| meinten, dass es gleichzeitig oft nicht einfach sei, Zugang zu derartigen | |
| Netzwerken zu finden. Zum Beispiel hier könnte zoraLit, wo sich eine | |
| [3][hierarchiefreie Community] mit kollektiviertem Sachverstand aus | |
| möglichst allen Bereichen der Literaturbranche entwickeln soll, als | |
| Starthilfe und dann auch Wegbegleiter ins Spiel kommen. Bleibt abzuwarten, | |
| ob es klappt mit dem Projekt. Es sei ihnen klar, dass sie auch scheitern | |
| können, so die drei Frauen von zoraLit. Aber man merkt ihnen an, dass das | |
| eigentlich keine Option ist. | |
| 10 Mar 2025 | |
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| Andreas Hartmann | |
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