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# taz.de -- Katar bei Biennale: Broligarchie in der Lagunenstadt
> Das autokratisch regierte Emirat Katar darf sich jetzt einen eigenen
> Biennale-Pavillon in den begehrten Giardini bauen. Ein Kotau vor Geld und
> Öl?
Bild: Rechts außen und autokratie-affin, Pietrangelo Buttafuoco ist wenig inte…
„Bunduqiyyah“ – Pietrangelo Buttafuoco verstieg sich zu einer
abenteuerlichen Begründung, als er vergangenen Donnerstag bekanntgab, dass
das Emirat Katar in Zukunft in Venedigs Giardini, Schauplatz der
[1][internationalen Kunst- und Architektur-Biennalen], einen eigenen
Pavillon erhalten werde. Der Verweis auf den alten arabischen Namen für
Venedig ist kaum mehr als eine etymologische Nebelkerze des, von der
Neofaschistin Giorgia Meloni auf den Stuhl des Biennale-Präsidenten
gehievten, Rechtsaußen-Journalisten.
In den letzten 50 Jahren durften nur zwei andere Länder – Australien 1987
und Südkorea 1994 – auf dem idyllischen Parkareal einen Pavillon eröffnen.
Wer neu hinzukam, wie im letzten Jahr Senegal und Panama, musste auf einen
Palazzo in der Stadt oder die Arsenale ausweichen.
Im Kern bedeutet die Entscheidung, einen der symbolträchtigsten Standorte
im internationalen Kunstbetrieb einer der umstrittensten Autokratien am
Persischen Golf zu übereignen, einen ähnlichen Kotau vor Geld und Öl wie
die Vergabe der Fußballweltmeisterschaften 2022 an Katar und 2034 an
Saudi-Arabien. Offenbar will Buttafuoco in die Fußstapfen von
Fifa-Präsident Gianni Infantino treten. Auch auf dem Kunstterrain stecken
die Buddies der Broligarchien ihre Claims ab.
## Die Suggestion einer Großmacht
Auf diesen Moment hat das Emirat zielstrebig hingearbeitet. An der Spitze
der katarischen Kunstoffensive steht mit Al-Mayasa bint Hamad bin Chalifa
Al Thani die Schwester des regierenden Emirs Tamim bin Hamad Al Thani. Die
Chefin aller Katar-Museen ist mit ihrem jährlichen Kunstetat von einer
Milliarde Dollar ein gern gesehener Gast auf den Kunstmessen der Welt. Sie
wird für den neuen Pavillon zuständig sein. Mit den in den letzten Jahren
aus dem Wüstensand gestampften, megalomanen Museen und der Kunst im
öffentlichen Raum von Isa Genzken bis Damien Hirst befriedigt das Emirat
das Prestigebedürfnis seiner Herrscherfamilie. Zugleich arbeitet der
[2][zwischen Saudi-Arabien] und [3][Iran eingeklemmte], winzige Staat
mithilfe der Kunst an der Suggestion einer zumindest kulturellen Großmacht.
In Venedig ist diese Strategie aufgegangen.
Die Katarer haben es eilig. Schon im kommenden Mai, pünktlich zur
Architektur-Biennale, soll dort die von der [4][pakistanischen Architektin
Yasmeen Lari] entworfene Installation „Community Centre“ präsentiert
werden. Der neue Pavillon soll direkt neben dem von Carlos Scarpa
entworfenen Buchhandels-Pavillon am Eingang stehen. Einen Open Call für den
überraschend frei gewordenen Bauplatz schrieb die Biennale nicht aus.
Wenn es ihr einzig um die arabische Referenz gegangen wäre, die Buttafuaco
ins Feld führte, hätten womöglich auch Länder wie Marokko oder Mauretanien
ein herausgehobenes Fenster der Sichtbarkeit verdient. In Sachen
Menschenrechte stehen sie Katar in nichts nach.
## Repräsentationsgerechtigkeit?
Wenn es um Repräsentationsgerechtigkeit gegangen wäre, hätte in den
euroatlantisch dominierten Giardini ein Vertreter des Globalen Südens wie
Fidschi einen Platz finden können. Und eine symbolische Geste wäre es
gewesen, wenn die Biennale nicht einem der reichsten, sondern mit der
Republik Burundi dem ärmsten Staat des Globus eines der begehrtesten
Grundstücke eingeräumt hatte.
Einzelheiten des Deals mit Katar hat Präsident Buttafuoco nicht
preisgegeben. Im Arabischen bedeutet Bunduqiyyah so viel wie „Feuerwaffe“.
Wahrscheinlich war das Kleinod, mit dem Katar seinen Wunsch nach einem
Platz an der Sonne der Lagune Nachdruck verlieh, aus Gold.
20 Feb 2025
## LINKS
[1] /Rundgang-ueber-die-Biennale-von-Venedig/!6003127
[2] /Artwashing-bei-der-Kunstbiennale-Venedig/!6008606
[3] /Der-Iran-auf-der-Venedig-Kunstbiennale/!6005714
[4] /Star-Oekoarchitektin-Yasmeen-Lari/!5926049
## AUTOREN
Ingo Arend
## TAGS
Biennale Venedig
Bildende Kunst
Kulturpolitik
Katar
Kunst
Demokratie
Biennale Venedig
Biennale Venedig
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