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# taz.de -- Sozialwissenschaftlerin über das Gendern: „Ein Feindbild, das Ä…
> Juliane Lang erklärt die Angst vor gendergerechter Sprache: Wenn die
> einen ihre Identität leben dürfen, fürchten die anderen, ihre zu
> verlieren.
Bild: Wenn die Welt mehr ist, als männlich: Straßenschild in Tübingen
taz: Frau Lang, wer fühlt sich von geschlechtergerechter Sprache
angegriffen?
Juliane Lang: Die Mobilisierungen gegen geschlechtergerechte Sprache kommen
nicht nur aus der extremen Rechten, sondern von ganz unterschiedlichen
politischen Interessengruppen. Den Einbezug geschlechtergerechter Sprache
in der Kommunikation von öffentlichen Behörden bekämpfen zum Beispiel ganz
aktiv nicht nur die AfD, sondern auch Teile der CDU. In Hessen
beispielsweise rühmt sich die CDU damit, in der Koalition mit der SPD ein
sehr [1][striktes Verbot gendergerechter Sprache] für die öffentliche
Verwaltung durchgesetzt zu haben.
taz: Welche Argumente werden denn eigentlich gegen geschlechtergerechte
Sprache vorgebracht?
Lang: Die Ablehnung geschlechtergerechter Sprache ist in den größeren
Kontext des „Feindbilds Gender“ einzuordnen. Dieses Feindbild bündelt
Ängste und Ressentiments vor gesellschaftlichen Veränderungen. Und
Geschlecht ist eine sehr unmittelbare Erfahrung, weshalb die Vorstellung,
dass es politisch beeinflusst oder verändert werden könnte, besonders
starke Ängste auslöst.
taz: Woran machen Sie das fest?
Lang: Es geht bei progressiver Geschlechterpolitik immer darum, bestimmten
Personengruppen Rechte zuzugestehen, die ihnen bisher verwehrt waren – etwa
bei der Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare. Niemandem wurde ja
mit dieser Entscheidung das Recht genommen, zu heiraten. Und dennoch wurde
von konservativen und auch [2][von extrem rechten Akteuren] eine Auflösung
der Familie und der Ehe als Institution beschworen. Ähnlich verhält es sich
mit der geschlechtergerechten Sprache. Es wird die Angst geschürt, dass
Menschen ihre eigene geschlechtliche Identität verlieren könnten, nur weil
anderen ermöglicht wird, ihre Geschlechtsidentität anders zu leben.
taz: Diese Ängste und Vorurteile werden dann auch [3][von Bürgerinitiativen
aufgegriffen] und weitergetragen, richtig?
Lang: Genau. Es geht nicht nur um Parteienpolitik, sondern um eine
[4][wachsende Zivilgesellschaft von rechts], die aktiv Themen setzt und
Ängste schürt. Das sehen wir stark beim Thema Migration. Auch im
antifeministischen Spektrum gibt es Akteur:innen, die als „besorgte Bürger“
oder gar „besorgte Eltern“ Stimmung machen gegen progressive
Geschlechterpolitiken.
taz: Wie ernst muss man diese Angriffe auf den Feminismus und auf die
gendergerechte Sprache nehmen?
Lang: Sehr ernst. Wir sehen, welche Bedeutung die Ablehnung
[5][progressiver Geschlechterpolitiken] für autoritäre und rechte
Gegenbewegungen weltweit haben. Wir sehen, dass die Rechte von Frauen und
queeren Menschen immer wieder im Fokus stehen. Paradoxerweise wird der
politischen Gegenseite häufig vorgeworfen, mit Verboten und Zensur zu
arbeiten, während tatsächlich in diesem Bereich von konservativer Seite aus
stark versucht wird zu regulieren.
taz: Wie kann man progressive Geschlechterpolitik effektiv schützen?
Lang: Leider wird sie in Deutschland zu wenig geschützt. Ein Teil der
geschlechterpolitischen Errungenschaften, um die es geht, sind historisch
betrachtet noch jung. Es ist nicht ausgeschlossen, dass einmal errungene
Rechte auch wieder rückgängig gemacht werden können. Einige der
Fortschritte der vergangenen Jahre wurden erst durch das
Bundesverfassungsgericht ermöglicht, das den Gesetzgeber aufforderte,
bestehende Diskriminierungen zu beenden. Ich gehe davon aus, dass auch beim
Einbezug geschlechtergerechter Sprache letztlich gerichtliche
Entscheidungen anstehen werden.
4 Mar 2025
## LINKS
[1] /Genderverbot-in-der-Verwaltung/!6001199
[2] /Historikerin-ueber-Genderwahn-der-AfD/!6062920
[3] /Ini-gegen-Gendersprache-in-Hamburg/!5969840
[4] /Anti-Gender-Volksinitiative-gescheitert/!6029215
[5] /taz-Talk-ueber-die-Bundestagswahl-2025/!vn6063096/
## AUTOREN
Esther Erök
## TAGS
Gendern
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