# taz.de -- Der Jahrestag der Ukraine-Invasion: Warum Russland verlieren wird | |
> Vor drei Jahren hat Russland seinen Angriffskrieg auf die Ukraine | |
> gestartet. Die Erwartung auf einen schnellen Durchmarsch hat sich nicht | |
> erfüllt. | |
Bild: Machen es den russischen Truppen nicht so leicht, wie erwartet: Ukraine S… | |
Als Russland vor drei Jahren die Ukraine überfiel, erwartete fast die | |
gesamte Welt einen schnellen Durchmarsch. Die russische Regierung erwartete | |
einen ukrainischen Kollaps innerhalb von zehn Tagen und plante ihre | |
„Spezialoperation“ als Blitzkrieg. Der Westen war noch pessimistischer – | |
die US-Militärspitze erläuterte dem US-Kongress Anfang Februar 2022, die | |
ukrainische Hauptstadt werde bei einem russischen Einmarsch „innerhalb von | |
72 Stunden“ fallen. Dies erwarteten auch viele Deutsche, als im | |
Morgengrauen des 24. Februar 2022 Bomben auf Kyjiw fielen und Russlands | |
Armee an breiter Front die Grenze überschritt. | |
Drei Jahre später hat Russland keines seiner Kriegsziele erreicht. Kyjiw | |
wurde nicht eingenommen und nach dem Scheitern der anfänglichen Invasion | |
hat Russland keinen zweiten Versuch gestartet. Seit 2022 wurde keine | |
einzige zusätzliche ukrainische Gebietshauptstadt von Russland dauerhaft | |
eingenommen. Zunächst vergrößerte Russlands „Blitzkrieg“ das russisch | |
besetzte Territorium in der Ukraine von rund 43.000 Quadratkilometern, also | |
die Krim und Teile der Gebiete Donezk und Luhansk, auf rund 152.000 – ein | |
Viertel der Ukraine. | |
Aber schon Ende November 2022 waren davon nur noch gut 105.000 übrig, und | |
nach jahrelangen Angriffswellen mit Hunderttausenden Toten sind es | |
mittlerweile erst wieder 113.000. International begründete Russland seinen | |
Krieg immer damit, die Nato fernhalten zu wollen. Doch in den drei Jahren | |
ist das Bündnis durch die Aufnahme Schwedens und Finnlands größer geworden, | |
nicht kleiner, und hat einen neuen Sinn für sich entdeckt. | |
Innenpolitisch wollte Russland die Ukraine „entmilitarisieren“ und | |
„entnazifizieren“, also ein Satellitenregime einsetzen, das den | |
ukrainischen Freiheitsgedanken auslöscht. Die Ukrainer sollten sich daran | |
erinnern, dass sie eigentlich Russen seien und damit Untertanen des Kreml. | |
Folter und Mord, Ausradierung ganzer Städte, Verschleppung ukrainischer | |
Kinder, Zwangsrussifizierung und [1][Sprachverbot] sollten dieser | |
Erinnerung auf die Sprünge helfen. Doch nie war das ukrainische | |
Nationalbewusstsein stärker als in diesem Krieg, ohne dass damit autoritäre | |
Strukturen entstanden wären – Solidarität steht nicht im Widerspruch zu | |
Bürgerstolz. | |
## Russland erleidet hohe Verluste | |
Die Ukraine fand auch zu ungeahnter militärischer Stärke und hielt | |
Russlands Angriffen stand. Eine Kriegsfront aus verkohlten Ruinen, | |
Schützengräben und Minenfeldern zieht sich jetzt durch den Süden und Osten | |
des Landes, auch mitten durch alle von Russland für annektiert erklärten | |
Gebiete. An 95 Prozent der Front ändert sich seit Monaten praktisch nichts. | |
An den restlichen 5 Prozent sind die Kämpfe so zäh, dass kein Durchkommen | |
in Sicht ist. Ukrainische Gegenoffensiven sind damit kaum denkbar, aber ein | |
russischer Sieg eben auch nicht. | |
Entgegen der aktuellen internationalen Wahrnehmung lässt die Intensität der | |
russischen Angriffe entlang der Front seit einigen Monaten deutlich nach. | |
In Berichten werden mittlerweile Vorstöße von 60 Metern als bedeutsam | |
gewertet. Die ukrainischen Verluste sind hoch – Selenskyj nannte Mitte | |
Februar 46.000 getötete und 390.000 verwundete Soldaten – die russischen | |
Toten an der Front gehen jedoch allen vorliegenden Erkenntnissen nach in | |
die Hunderttausende. | |
Eine größere Mobilisierung in Russland würde einen massiven | |
Arbeitskräftemangel hervorrufen und Russlands Kriegswirtschaft vor große | |
Probleme stellen. Der Verbrauch an Waffen ist jetzt schon viel höher als | |
die Eigenproduktion, die sowjetischen Altbestände sind fast aufgebraucht. | |
Analysen zufolge kann Russland ab 2026 seine Kriegslast nicht mehr tragen. | |
Die angeblich unbesiegbare Kriegsmaschine ist jetzt schon auf | |
[2][Nordkoreaner] als Kanonenfutter und Esel als Lastenträger angewiesen. | |
## Kritik gegenüber Schulterschluss zwischen Trump und Putin | |
Deswegen versucht Putin, dieses Jahr noch einen „Frieden“ zu seinen | |
Bedingungen zu diktieren. [3][Trump] hilft ihm dabei – ein Schlag in die | |
ukrainische Magengrube, der Putin Morgenluft wittern lässt. Aber zugleich | |
adelt Trumps Schulterschluss mit Putin den Kampf der Ukraine auch in den | |
Augen der Weltmehrheit, die die US-Außenpolitik kritisch sieht, als | |
Freiheitskampf. Selbst Südafrika, dessen regierende Ex-Befreiungsbewegung | |
ANC bis heute nostalgische Solidarität mit Moskau pflegt, hat Selenskyj zum | |
Staatsbesuch eingeladen. | |
Die USA als Gegenspieler zu haben, sollte für die Ukrainer kein Grund zur | |
Panik sein. Sie haben Putins Panzer zurückgeschlagen, sie werden auch mit | |
Trumps Tiraden fertigwerden. Mit jedem Trump-Vorstoß in Richtung eines | |
Scheinfriedens, der Russlands Krieg legitimiert, wird dieser diplomatisch | |
schwerer durchzusetzen. Denn von Grönland bis Panama weiß inzwischen die | |
ganze Welt, was von Trump zu halten ist. Sie werden nicht durchkommen, | |
lautet ein alter antifaschistischer Spruch. Selten war er passender als in | |
der Ukraine heute, nach drei Jahren Widerstand. | |
24 Feb 2025 | |
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## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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