| # taz.de -- Farbenspiele in der Galerie Nord: Das geheime Leuchten | |
| > Von der Wirkmacht der Farben und ihrem malerischen Drängen in den Raum | |
| > handelt die Ausstellung „Gravity’s Rainbow“ in der Galerie Nord in | |
| > Moabit. | |
| Bild: Franziska Hüning breitet Fundstücke auf Planen, teils übermalt, im Rau… | |
| Dieses farbige Leuchten sollte man nicht verpassen. Es entsteht in einem | |
| schmalen Raum, den man meistens gar nicht wahrnimmt, im Abstand zwischen | |
| Wand und Bild, etwa bei Gabriele Barsch und Anja Gerecke. Die Farben der | |
| bemalten Rückseiten ihrer Arbeiten werden von der weißen Galeriewand | |
| reflektiert. Es ist ein überraschender Moment, wenn man das entdeckt in der | |
| Ausstellung „Gravity’s Rainbow“ in der [1][Galerie Nord/Kunstverein | |
| Tiergarten]. | |
| Den Farben ist die Ausstellung gewidmet, den Farben im Fluss und im | |
| Stillstand, ihrer Materialität und ihren pastosen Eigenschaften. Farben | |
| sind im Spiel, wenn wir die Wirklichkeit wahrnehmen, Farben schaffen aber | |
| auch eigene Wirklichkeiten. In der Aussstellung, an der zwölf | |
| Künstler:innen (aus Berlin und aus Dänemark) beteiligt sind, tritt der | |
| Fluss der Farben oft über die Ufer der begrenzten Flächen und setzt sich | |
| fort im Raum. | |
| Die Kraft, die ein menschlicher Körper einsetzen muss, um mit dem Rakel | |
| einen breiten Streifen Farbe über das Acrylglas zu ziehen, ist spürbar in | |
| den transparenten Bildern von Nicola Staeglich. Auch hier spricht die Wand | |
| mit, sieht man sie doch durch die Bilder hindurch. Die Bewegung mit dem | |
| Arbeitsinstrument und ihr Anhalten, der Wechsel der Richtung und die | |
| Unterbrechung der Kontinuität bestimmen den Rhythmus ihrer Malerei. | |
| ## In den Körper hineinsehen | |
| Im nächsten Raum nutzt Ellen Hyllemose die Farben von textilen Fundstücken | |
| für ihre Komposition. „Inside Landscape“ hat eine Außen- und eine | |
| Innenansicht. Von außen ist die amorphe Form, die an einem Haken von der | |
| Decke hängt und vage an einen Torso erinnert, mit fleischfarbenem Stoff | |
| bespannt. Durch Löcher kann man hineinsehen in diesen Körper, auf die | |
| Holzlatten, die die Ausbuchtungen ausmachen und von bunten Textilresten | |
| umwickelt sind, ein fröhlich chaotisches Innenleben. | |
| Malerisch komponieren mit Vorgefundenem: Das macht auch Franziska Hünig, | |
| auf deren Initiative die Ausstellung zurückgeht. Sie zerschneidet | |
| Werbeplanen und hängt die teils übermalten Streifen über Stangen in einem | |
| Gerüst. | |
| Das Bild, das entsteht ist ausschnitthaft und scheint nur eine Möglichkeit | |
| von vielen, wie das Sichtbare und das Verdeckte in Beziehung treten können. | |
| Es ist das Provisorische, was die Installation reizvoll macht und zugleich | |
| einen Zustand beschreibt, dem man in der Realität täglich begegnet. | |
| Fotografie und Malerei werden manchmal als Gegensatz behandelt, das | |
| Abbildende gegen das Gestaltende gesetzt. Über diese Position gehen Astrid | |
| Busch und Sophia Schama hinaus, die gewissermaßen mit Fotografie malen, | |
| Tromp l'oeil schaffen, in denen die Grenzen von Realem und Illusion | |
| zerfließen. | |
| Bei Astrid Busch sind Elemente von Fotografie, von Raumansichten, auf | |
| Tapete und Gazestoffe gedruckt. Wellen von Vorhängen verbinden den realen | |
| und den abgebildeten Raum: Damit entsteht zugleich die Vorstellung, dass | |
| sich zwei Zeiten, Gegenwart und Erinnerung, begegnen und übereinander | |
| schieben. | |
| Mit dem nicht mehr Vorhandenen, dem Weggenommenen arbeitet auch Gabriele | |
| Basch in ihren Cutouts. Die Folien und Papiere, auf die sie zuerst malt, | |
| oft auf beiden Seiten, werden anschließend mit dem Cutter bearbeitet. Nur | |
| ein Teil bleibt stehen, ein Gerüst, ein Skelett, ein nacktes Astwerk, das | |
| sie dann teils von der Decke hängen und Falten bilden lässt. Man kann viele | |
| Prozesse damit vom biologischen Werden und Vergehen assoziieren. | |
| ## Streichen der Künstlerhonorare | |
| Ein Ausgangspunkt für diese Künstler:innen, von denen einige über 50 Jahre | |
| alt sind, ist die Ausdehnung der Malerei, ihre Ablösung von der Fläche, die | |
| Reflektion ihrer Bedingungen. Es kommt heute nicht mehr oft vor, dass diese | |
| ästhetischen Forschungen zum Anlass einer Ausstellung genommen werden. | |
| „Gravity’s Rainbow“, von der Malerin Franziska Hünig mit der Leiterin des | |
| Kunstvereins Nord, Veronika Witte zusammen kuratiert, beweist aber, dass es | |
| sich lohnt. | |
| Der Ausstellungsraum gehört zu den kommunalen Galerien in Berlin. Es galt | |
| als ein Fortschritt, dass diese in Berlin seit 2016 ein schmales | |
| Künstlerhonorar zahlen konnten, auch wenn dies oft weder den Arbeitsaufwand | |
| noch die Materialkosten abdecken konnte. | |
| [2][Der sogenannte Fonds Ausstellungsvergütung für bildende Künstlerinnen | |
| und Künstler] umfasste 650.000 Euro im Jahr. Er wird nach den | |
| Entscheidungen des Senats jetzt gestrichen. Der Rat der Künste hat dagegen | |
| schon protestiert. In der Galerie Nord liegt ein „Aufruf zur Unterstützung“ | |
| aus, in dem sich vier Sprecherinnen für Kultur aus den Parteien CDU, SPD, | |
| Grüne und Linke voller Empörung gegen diese „Geringschätzung und Entwertung | |
| künstlerischer Arbeit“ wenden. Es scheint, dass viele auch in den | |
| Fraktionen von Berlins Regierung deren Politik nicht mittragen wollen. | |
| 18 Feb 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Katrin Bettina Müller | |
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