# taz.de -- Hamburger Wohnungsbau tief in der Krise: Ziele in weiter Ferne | |
> Angesichts der hohen Nachfrage werden viel zu wenige Wohnungen in Hamburg | |
> gebaut. Die Politik versucht auf verschiedenen Wegen gegenzusteuern. | |
Bild: Hier wurden ordentlich Wohnungen gebaut: Fassade in Mitte Altona | |
Hamburg taz | Der Wohnungsbau in Hamburg steckt in der Krise. Die | |
Coronapandemie und der Ukraine-Krieg haben die Baukosten explodieren | |
lassen. Dazu kommt eine Überregulierung, die durch die lang anhaltende | |
Niedrigzinsphase begünstigt wurde. In der Folge bleiben die | |
Fertigstellungs- und Genehmigungszahlen weit hinter dem Ziel des rot-grünen | |
Senats zurück. Die gute Nachricht ist: Die Politik hat begonnen | |
gegenzusteuern. | |
Nach den neuesten Zahlen des Statistikamtes Nord sind 2023 in Hamburg 35 | |
Prozent weniger Wohnungen fertiggebaut worden als noch im Jahr davor – so | |
wenige wie seit 2012 nicht mehr. Der Rückgang zeigt die Grenzen eines | |
Erfolgsmodells – des 2011 zwischen den Behörden und den einschlägigen | |
Verbänden geschlossenen Bündnisses für das Wohnen. | |
10.000 Wohnungen pro Jahr sollten in der Hansestadt gebaut werden, um des | |
Zuzuges Herr zu werden. Die Zahlen sind nach Abschluss des Bündnisses fast | |
kontinuierlich gestiegen; erreicht oder übertroffen wurde das Ziel nur in | |
den Jahren 2018 bis 2020. Inzwischen ist jedoch auch die Zahl der | |
Baugenehmigungen zurückgegangen. | |
Der Bundesverband der Freien Wohnungsunternehmen (BFW) Nord präsentierte am | |
Donnerstag Zahlen seiner Mitgliedsunternehmen. Diese haben 2023 drastisch | |
weniger Bauten begonnen als 2022 und die Zahlen gehen weiter zurück. | |
Ähnliches gilt für die geplanten Baubeginne. „Was heute geplant wird, ist | |
erst in zwei bis drei Jahren fertig“, sagte der Vorstandsvorsitzende des | |
BFW Nord, Kay Brahmst. „Das ist eine Katastrophe für Hamburg und andere | |
Ballungsräume.“ | |
Ähnlich verhalten ist die Stimmung bei den gemeinwohlorientierten | |
Wohnungsunternehmen, also den Genossenschaften und kommunalen Unternehmen. | |
Keine 30 Prozent von ihnen planen in diesem Jahr, mit dem Bau von Wohnungen | |
zu beginnen, knapp 60 Prozent werden es sicher nicht tun. | |
Als drängendstes Problem schildern die Unternehmen die hohen Baupreise – | |
ein Problem, das die Bauwirtschaft selbst mit verursacht hat, indem sie die | |
Baustandards immer weiter in die Höhe schraubte. Um davon wieder | |
herunterzukommen, hat der Senat gemeinsam mit der Wohnungswirtschaft einen | |
[1][„Hamburg-Standard“ vereinbart]. Ein [2][in die gleiche Richtung | |
gehender Vorstoß der Ampel-Koalition auf Bundesebene] war am vorzeitigen | |
Ende der Legislaturperiode gescheitert. | |
Der Hamburg-Standard soll die Baukosten um ein Drittel senken: zum Ersten | |
durch Verzicht auf unnötigen Komfort wie Trittschalldämmung auf Balkonen, | |
zum Zweiten durch optimierte Planung, zum Dritten durch schnellere | |
Genehmigungs- und Planungsverfahren der öffentlichen Hand. In diesem | |
Zusammenhang hat der Senat auch eine [3][Novellierung der Hamburgischen | |
Bauordnung angeschoben]. | |
Brahmst bezeichnete den Hamburg-Standard als einen „guten Weg“. Auch würde | |
er das Bündnis für den Wohnungsbau gern fortsetzen, allerdings „nicht um | |
jeden Preis“. Dazu gehöre die Forderung der Grünen, bei Neubauprojekten 50 | |
statt 30 Prozent geförderten Wohnungsbau vorzuschreiben. | |
Das Bündnis für das Wohnen bewertet auf Nachfrage des BFW nur die Linke | |
kritisch, weil dabei zu wenig günstige Wohnungen gebaut worden seien. Mit | |
Blick auf den Wohnungsbestand wollen die drei großen Hamburger Parteien – | |
SPD, Grüne, CDU – die [4][Mietpreisbremse] verlängern, die Mieterhöhungen | |
bei Neuvermietungen begrenzt. | |
Die FDP setzt dagegen auf eine Ausweitung des Angebots, die Linke auf einen | |
fixen Mietendeckel, den die andern Parteien ablehnen. Während die großen | |
Parteien das Wohneigentum von Familien fördern wollen, verbietet sich für | |
die Linke die Ausweisung neuer Eigenheimgebiete. Sie fordert, den | |
Überschuss der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Saga zur Senkung der | |
Mieten zu verwenden. | |
21 Feb 2025 | |
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## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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