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# taz.de -- Sparen beim energieeffizienten Bauen: GroKo-Erbe stoppt Öko-Häuser
> Einem sozialen und ökologischen Wohnprojekt im Hamburg droht das Aus,
> weil die Bundesregierung die Förderung für energiesparende Gebäude
> beendet.
Bild: Mitglieder der Baugemeinschaft räumen schonmal das Grundstück frei
Hamburg taz | Die Tücken der staatlich orchestrierten Energiewende drohen
ein Hamburger Wohnprojekt scheitern zu lassen. Schuld ist der plötzliche
[1][Förderstopp für energieeffiziente Gebäude, den
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne)] vor einer Woche verkündet
hat.
„Wohnen hoch drei“ ist der Name der genossenschaftlich organisierten
Baugemeinschaft, die im Bezirk Harburg zwei Häuser mit insgesamt 24
Wohnungen bauen will. Das Projekt ist 2020 [2][mit dem Harburger
Nachhaltigkeitspreis ausgezeichnet] worden. „Mit dem Wegfall der Förderung
wäre das Projekt komplett infrage gestellt“, sagt Ulrich Schneider, von der
Baugemeinschaft.
[3][Wohnen hoch drei] erhielt den ersten Preis als innovatives,
generationsübergreifendes und integratives Wohnprojekt mit Modellcharakter.
„Alle Dimensionen der Nachhaltigkeit, also [4][Ökologie, Ökonomie, Soziales
und Partizipation sind vorbildlich vertreten] und werden konsequent
umgesetzt“, fand die Jury.
Die Häuser sollen aus Holz gebaut und mit einer Photovoltaikanlage samt
Batteriespeicher versehen werden. Damit sollen sie den höchsten
Energiestandard KfW 40 plus erreichen. Das heißt, sie verbrauchen nur 40
Prozent der Energie eines Standardhauses und erzeugen außerdem ihren
eigenen Strom. Das Grundstück ist an zwei Seiten von einer alten
Hainbuchenhecke umrahmt, an einer andere Seite geht es in einen Park über.
## Überschwemmt von einer „Antragsflut“
Die Baugemeinschaft mit 33 Erwachsenen und 24 Kindern besteht aus Familien
und Singles, zum größten Teil mit geringen Einkommen. Gebaut werden
Sozialwohnungen, zwei davon für Menschen mit Behinderung. „Die Beiträge zum
Eigenkapital werden solidarisch verteilt“, sagt Schneider. 500.000 Euro des
Eigenkapitals habe die Baugemeinschaft bereits in die seit fünf Jahren
laufende Planung gesteckt. Die eine Million Euro KfW-Förderung seien fest
eingeplant.
In die Bredouille ist das Projekt jetzt gekommen, weil das über die
Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) laufende Förderprogramm des Bundes für
KfW-55-Häuser Ende Januar beendet werden sollte. Daraufhin sei die KfW im
Januar [5][von einer „Antragsflut“ überschwemmt worden, teilte das
Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) mit].
In einer Art Torschlusspanik beantragten die Bauherren viel mehr
Fördergeld, als Steuermittel für energieeffizientes Bauen vorgesehen waren.
„Angesichts der vorläufigen Haushaltsführung musste die KfW das Programm
daher heute mit sofortiger Wirkung stoppen“, teilte das Ministerium mit.
Dass es so weit kam, erklären Habecks Leute mit einer „klimapolitische
Fehlsteuerung der letzten Jahre“. Obwohl bekannt gewesen sei, dass KfW-55
sich im Neubau als Standard durchgesetzt habe, sei das Ende der
Effizienzhaus-55-Förderung erst im November vergangenen Jahres verkündet
worden. „So wurden 2021 sechs Milliarden Euro Steuergelder – und damit rund
ein Drittel der 2021 insgesamt für die Gebäudeeffizienzförderung
verfügbaren Mittel – für einen Baustandard zugesagt, der sich längst am
Markt durchgesetzt hatte“, teilte das Ministerium auf Nachfrage mit.
## Vertrauensverlust in die Politik
Die Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS) bezeichnete die
Entscheidung deshalb als „sehr mutigen und längst überfälligen Schritt.“
Allerdings habe der Wirtschaftsminister die sinnvolle Förderung der
KfW-40-Häuser und der [6][energetischen Sanierung] gleich miterledigt. Das
scheine zwar „eher ein handwerklicher Fehler, wenn nicht ein pures Versehen
zu sein“. Trotzdem habe es zu einem Vertrauensverlust in die Politik
geführt.
Wohnen hoch drei ist zwar weiter als viele der Antragsteller. Die
Baugemeinschaft hat eine Baugenehmigung und bereits begonnen, Bäume und
Büsche auf dem Grundstück zu roden. Im zweiten Quartal hätte der Bau
beginnen sollen. Dass die Baugemeinschaft zwar fest eingeplant hat, aber
noch nicht beantragen konnte, liege „an bestimmten verwaltungstechnischen
Gründen“, sagt Schneider, sprich die Stadt hat das nötige Erbbaurecht noch
nicht bestellt.
Das Wirtschaftsministerium versichert, es werde die Förderung für die
energetische Gebäudesanierung und ambitionierte Standards wie KfW40
möglichst schnell wieder aufnehmen. Das sei ja auch im Koalitionsvertrag
vereinbart worden.
## 24.000 offene Anträge
Ebenso zügig werde über den Umgang mit den 24.000 bereits eingegangenen,
aber noch nicht beschiedenen Anträgen entschieden. Um baureife Projekte
nicht zu torpedieren, prüften Bundesregierung und KfW ein
Darlehensprogramm. Damit soll auch auf etwaige Härtefälle bei privaten
Bauherren nach Ende der Förderung reagiert werden.
Alle Länder stünden dazu im Kontakt mit der Bundesregierung, hieß es aus
der Hamburger Stadtentwicklungsbehörde. „Wir sind guter Dinge, dass es in
absehbarer Zeit eine Lösung geben wird“, sagte ein Sprecher.
Das klingt, als wären die Wünsche der Baugemeinschaft Wohnen hoch drei
nicht völlig hergeholt. Aus ihrer Sicht denkbar wäre „eine Rücknahme des
Förderstopps zumindest für soziale und ökologische EH40- und EH40+-Projekte
oder eine Ersatz- oder Zwischenfinanzierung durch den Hamburger Senat.“
31 Jan 2022
## LINKS
[1] /Habecks-Klimaplaene/!5825055
[2] https://www.hamburg.de/harburg/pressemeldungen/14976354/verleihung-achter-h…
[3] https://www.w3-harburg.de/
[4] /Sozialer-Wohnungsbau/!5079802
[5] https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Meldung/2022/20220124-foerderung-fur-energ…
[6] /EU-Gebaeudesanierungspflicht/!5822903
## AUTOREN
Gernot Knödler
## TAGS
Hamburg
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Wohnen
Nachwachsende Rohstoffe
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