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# taz.de -- Bauexperte über knappe Rohstoffe: „Exportverbote sind populistis…
> Holzausfuhren verbieten? Klaus Dosch hält das für eine schlechte Idee. Im
> Gespräch sagt der Experte für nachhaltiges Bauen, welch positive Seite
> Knappheit hat.
Bild: Kupfer als elektrischer Leiter lässt sich absehbar kaum ersetzen
taz: Herr Dosch, die Bauindustrie warnt, im Sommer müsse sie Baustellen
stilllegen. Kommt das Thema „Knappe Rohstoffe“ überraschend?
Klaus Dosch: Bei einigen Rohstoffen kam das überhaupt nicht überraschend,
bei anderen schon. Bei Kupfer oder anderen strategischen Metallen habe ich
das Thema erwartet. Die Kupferkonzentrationen in neu erschlossenen Minen
gehen immer weiter runter. Auf der anderen Seite brauchen wir enorm große
Mengen Kupfer. Im Bereich Holz wurde ich aber überrascht. Nach dem
Waldsterben der vergangenen Jahre und den Bergen an Holz, die auf den Markt
kamen, [1][habe ich hier Knappheiten viel später erwartet].
Brauchen wir trotz der Stoff-Vielfalt eine übergreifende „Rohstoffpolitik“…
Das wäre wenig sinnvoll, man muss sich jeden Stoff einzeln ansehen. Wird er
auf einem Markt mit vielen Anbietern gehandelt oder gibt es Monopole, wie
etwa für die Seltenen Erden in China? Ist der Stoff leicht zu ersetzen?
Was ist die Antwort auf den Holzmangel – Exportverbote?
Nein, die halte ich für populistisch. Was wird die Antwort von Ländern wie
den USA oder China sein, die momentan große Mengen bei uns einkaufen?
Verhängen sie Exportverbote für Metalle oder Energierohstoffe? Was machen
wir dann? Wir sollten das den Markt regeln lassen, der schafft das.
Wie denn?
Na, wie immer, wenn die Preise für einen Rohstoff durch die Decke gehen und
absehbar langfristig hoch bleiben, sehen wir Innovationen. Die Unternehmen
ersetzen den Rohstoff. Das ist im Fall der Seltenen Erden in Leuchtmitteln
erstaunlich schnell passiert. Das werden wir auch beobachten, wenn die
Holzpreise hochgehen. Zum Beispiel lassen sich die viel verwendeten
OSB-Platten im Bau aus Restholz oder Hanf herstellen, das muss kein
Primärholz aus dem Wald sein.
Okay, Substitution. Was noch?
Müssen wir überhaupt so schrecklich viel neu bauen in Deutschland? Unsere
Städte sind doch weitgehend gebaut. Und muss das sein, dass die Wohnfläche
pro Kopf immer weiter steigt und viele Ältere ihre großen Wohnungen und
Häuser alleine weiter nutzen? Da könnte der Staat die Rahmenbedingungen
ändern, zum Beispiel bei der Grunderwerbssteuer. Das ist eine
Wohnungsanpassungsverhinderungssteuer! Jedes Mal, wenn ein Haus verkauft
wird, fällt diese Steuer von rund 6,5 Prozent an. Es wäre viel sinnvoller,
ein Grundstück am Anfang einmal zu besteuern und dann nicht mehr. Dann
würden mehr Leute aus ihren Häusern ausziehen und sich nach kleineren
Wohnungen umsehen.
In Potsdam wird über einen Plattenbau in der Innenstadt gestritten. Die
einen finden es nachhaltig, ihn abzureißen und energieeffizient neu zu
bauen. Die anderen, ihn zu sanieren. Wer hat recht?
Schwer zu sagen. Lässt sich aus einem alten Gebäude Wohnraum schaffen, der
die nächsten 50 Jahre trägt? Der den Anforderungen an Schallschutz für die
Nachbarn genügt, der Flexibilität in den Grundrissen ermöglicht, der sich
energetisch sanieren lässt? Bei einigen Plattenbauten lassen sich die Wände
aus statischen Gründen nicht schlitzen, das macht neue Leitungen unmöglich.
Man muss sich jeweils anschauen, ob Abriss und Neubau oder Sanierung
nachhaltiger ist. [2][Auf jeden Fall müssen wir viel mehr auf
Kreislaufwirtschaft setzen].
Wenn Neubau, dann mit Recyclingmaterial?
Natürlich. Wir sind hier in Aachen; kurz hinter der Grenze bauen sie in
Heerlen in den Niederlanden ein großes Hochhaus neu auf, zu 100 Prozent aus
dem Recyclingbeton des alten. Die Niederländer haben nicht so strenge
Normen wie wir. In diesem Fall können Rückbau und Neubau sinnvolle
Maßnahmen sein. Ob es auch sinnvoll ist, ein Gebäude abzureißen und den
Schutt dann in Lärmschutzwänden oder Straßen zu verbauen, das muss man
jeweils genau ausrechnen.
Für welche Rohstoffe ist Recycling eine Lösung, um Knappheiten zu begegnen?
Stahl zum Beispiel, davon haben wir genug. Für Holz brauchen wir, wie
gesagt, Innovationen zur Verwendung von Altholz. Schwierig wird es beim
Kupfer. Von diesem elektrischen Leiter brauchen wir jede Menge, nicht nur
im Bau, sondern auch in Windkraftanlagen oder in Elektroautos. Kupfer lässt
sich kaum substituieren, weil Aluminium längst nicht so ein guter Leiter
ist. Wir werden noch gewaltige Mengen primäres Kupfer aus Bergwerken
brauchen, bis wir mit Rezyklaten auskommen. Das wird noch ein Problem.
27 May 2021
## LINKS
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## AUTOREN
Heike Holdinghausen
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Recycling
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