| # taz.de -- Börse und Wirtschaft: DAX-Rekorde und gleichzeitig Wirtschaftskris… | |
| > Die Arbeitslosigkeit steigt, der Konsum lahmt. Aber an der Börse knallen | |
| > die Korken, weil der DAX über 22.000-Punkte klettert. Wie kann das sein? | |
| Bild: Aus der Krise Gewinn schlagen ist an der Börse usus | |
| Der Deutsche Aktienindex markiert [1][immer neue Höchststände] – jüngst ist | |
| er sogar über die 22.000-Punkte-Marke geklettert. Und gleichzeitig kriselt | |
| die deutsche Wirtschaft. Das reale Bruttoinlandsprodukt ist noch immer auf | |
| dem Niveau von 2019, aber der DAX hat in der Zeit 60 Prozent zugelegt. | |
| Immer wieder werde ich gefragt: Wie kann das sein, wo doch die Schlagzeilen | |
| voll von Krisenmeldungen sind? | |
| Die Insolvenzen steigen, die Arbeitslosigkeit steigt, offene Stellen gibt | |
| es immer weniger, der Konsum lahmt, Energie ist immer noch teurer als vor | |
| dem Ukrainekrieg, die Industrie produziert weniger, die Baubranche baut | |
| weniger. Und an der Börse? Da scheint eine andere Wirklichkeit zu | |
| existieren. Da knallen die Korken und es wird auf neue Rekorde angestoßen. | |
| Der entscheidende Punkt: Der DAX ist nicht die deutsche Wirtschaft. Der DAX | |
| ist zwar der wichtigste Aktienindex Deutschlands, umfasst aber nur 40 | |
| Unternehmen. Und diese Unternehmen sind keine typisch deutschen | |
| Mittelständler, sondern globale Konzerne wie Siemens, SAP oder die Allianz. | |
| Ihr Geschäft hängt längst nicht nur von Deutschland ab. Im Gegenteil: Viele | |
| dieser Firmen erwirtschaften einen Großteil ihres Umsatzes außerhalb von | |
| Deutschland, sogar außerhalb von Europa – in den USA, China oder anderen | |
| Märkten, in denen die Konjunktur besser läuft. | |
| Während die deutsche Wirtschaft unter hohen Energiepreisen, politischer | |
| Unsicherheit und schwächelnder Binnennachfrage leidet, profitieren | |
| DAX-Unternehmen vom Wachstum anderswo auf der Welt. Siemens Energy | |
| profitierte von der steigenden Nachfrage nach Gütern für die Energiewende, | |
| SAP vom wachsenden Interesse an künstlicher Intelligenz, Zalando vom | |
| Modehandel in anderen Ländern. Besonders auffällig: Der Kurs von | |
| Rheinmetall hat sich seit Beginn des Ukrainekriegs versiebenfacht, weil die | |
| Nachfrage nach Rüstungsgütern hochgeschnellt ist. Nicht zuletzt wegen des | |
| [2][Sondervermögens der Bundeswehr], von dem rund ein Drittel in den | |
| Auftragsbüchern bei Rheinmetall landet. | |
| Dazu kommt: Investoren bewerten Aktienkurse nicht nur anhand der aktuellen | |
| Lage, sondern mit Blick auf die Zukunft. Selbst wenn die deutsche | |
| Wirtschaft heute schwächelt, erwarten viele, dass sie sich erholen wird – | |
| und kaufen entsprechend jetzt Aktien. | |
| Ganz anders sieht es im Mittelstand aus. Mittelständische Unternehmen, die | |
| eher auf die Binnenwirtschaft konzentriert sind, kämpfen stärker mit den | |
| aktuellen wirtschaftlichen Problemen. Und das spiegelt sich auch an der | |
| Börse wider: Während der DAX im letzten Jahr deutlich zugelegt hat, hinkt | |
| beispielsweise der SDAX, der Index für kleinere börsennotierte Unternehmen, | |
| deutlich hinterher und liegt nur 13 Prozent über dem Niveau von 2019. | |
| Die Unternehmen im SDAX, der oft als Gradmesser für die wirtschaftliche | |
| Lage des deutschen Mittelstands gilt, haben sehr wohl mit den Problemen aus | |
| den deutschen Schlagzeilen zu kämpfen. | |
| Dazu kommt die Geldpolitik. Weil die Europäische Zentralbank, [3][wie die | |
| anderen großen Zentralbanken] auch, die Zinsen nach und nach absenkt, | |
| neulich etwa den Leitzins auf 2,75 Prozent, werden Aktien im Vergleich zu | |
| Sparkonten wieder attraktiver – und ziehen dadurch wieder mehr Geld an. Für | |
| internationale Großanleger sind dann die deutschen DAX-Konzerne Teil der | |
| Anlagestrategie. Auch wenn der Bäcker nebenan seine Brötchen nicht verkauft | |
| bekommt. | |
| 16 Feb 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Maurice Höfgen | |
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