Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- NS-Verstrickungen biodynamischer Höfe: Das Braune im Grünen
> In der biodynamische Bewegung engagierten sich auch Nazis. Das
> Dorfprojekt Allmende Wulfsdorf beim Gut Wulfsdorf möchte die Aufarbeitung
> voranbringen.
Bild: Dereinst im Nationalsozialismus protegiert: die Verwertungsgesellschaft D…
Das Braune im Grünen: In der alternativen Szene wird selten über
rechtsextreme Tendenzen diskutiert. Auch die anthroposophische Gemeinschaft
und die biodynamische Landwirtschaft haben ihre Verstrickungen mit dem
Nationalsozialismus lange Zeit kaum thematisiert. Der Ruf des weithin als
menschfreundlich wahrgenommenen Anthroposophie-Begründers [1][Rudolf
Steiner] lenkt von den [2][problematischen Aspekten seiner Lehre],
fragwürdigen Verbindungen und zweifelhaften Aktivitäten seiner
Anhänger*innen ab.
Das [3][Dorfprojekt Allmende Wulfsdorf] bei Ahrensburg möchte dies ändern
und die Diskussion über die biodynamische Bewegung und Demeter im
Nationalsozialismus vorantreiben. „Wir sind ja selbst betroffen“, sagt
Claus Kristen vom Dorfprojekt und erklärt, dass dort anthroposophisch
Bewegte mitwirken. „Über unsere Straße rüber liegt auch gleich das Gut
Wulfsdorf, das biologisch-dynamisch bewirtschaftet wird.“
Der Bio-Hof ist in Hamburg bekannt. Auf vielen Wochenmärkten bietet das Gut
Wulfsdorf seine Bio-Produkte an. Von den rund 80 Mitarbeitenden wohnen
einige auch im Dorfprojekt, sagt Kristen. Den Anstoß für eine Veranstaltung
zum Thema gab eine Studie zur Geschichte der biodynamischen Bewegung
während der NS-Zeit, sagt er. Kristen forscht und publiziert selbst zu den
Themen Männlichkeit, Kolonialismus und Militarismus.
Die im vergangenen Jahr veröffentlichte [4][480-seitige Studie von Jens
Ebert, Susanne zur Nieden und Meggi Pieschel] beleuchtet die Geschichte der
biodynamischen Bewegung während der NS-Zeit. Sie zeigt, dass biodynamische
Verbände bereits ab 1933 eine Eingliederung in den NS-Staat anstrebten.
Erhard Bartsch, ein prominenter Anthroposoph, gründete den „Reichsverband
für biologisch-dynamische Wirtschaftsweise in Landwirtschaft und
Gartenbau“, der das „Führerprinzip“ einführte und jüdische Menschen
ausschloss.
Bartsch, der auf der Marienhöhe oberhalb von Bad Saarow in Brandenburg 1928
einen bis heute bestehenden [5][Demeterhof gründete], verehrte Hitler. In
einer Rede sagte er, „dass der Führer selbst mit wachsender Aufmerksamkeit
auf unsere Arbeit hinschaut“. Und weiter: „Deutscher Geist und deutsches
Schwert werden dem kulturschaffenden Bauern die Zukunft sichern. Heil dem
Führer.“
In der anthroposophischen Gemeinde war Bartsch nicht der einzige, der dem
[6][Nationalsozialismus] etwas abgewinnen konnte. Um das Verhältnis zur
NS-Führung positiv zu gestalten, wurde Hannes Rascher, NSDAP-Mitglied und
Anthroposoph, zum „Mittelsmann“.
Die Studie deutet darauf hin, dass die biodynamische Bewegung größere Sorge
vor dem Einfluss des sogenannten „Stickstoff-Syndikats“ hatte als vor der
Macht der Nationalsozialisten. Elf Prozent der Verbandsmitglieder waren
nachweislich in der NSDAP. Einige Anthroposophen der Bewegung übernahmen
leitende Positionen in Konzentrationslagern wie Dachau, Ravensbrück und
Mauthausen, wo sie an der Organisation von „Kräutergärten“ oder „Planta…
beteiligt waren. In der besetzten Ukraine, nahe Schytomyr, gab es ein
biodynamisches Versuchsgut.
Unterstützung erhielt die Bewegung auch von hochrangigen NS-Funktionären
wie Rudolf Heß, Heinrich Himmler und Walther Darré. Nach Heß’ Flug nach
England 1941 wurde der Verband zwar verboten, doch Himmler förderte
weiterhin bestehende Projekte. Bartsch behauptete sogar, er habe den Befehl
erhalten, den landwirtschaftlichen Betrieb in Auschwitz biodynamisch
umzustellen.
Am 14. Februar haben Interessierte im Gemeinschaftshaus Allmende die
[7][Möglichkeit], mit den Autor*innen Ebert und Pieschel über ihre
Forschungsergebnisse zu diskutieren.
12 Feb 2025
## LINKS
[1] /Rudolf-Steiner/!t5054153
[2] /Rudolf-Steiners-Rassismus/!6008939
[3] https://www.allmende-wulfsdorf.de/
[4] https://metropol-verlag.de/produkt/die-biodynamische-bewegung-und-demeter-i…
[5] /Demeter-und-der-NS-Staat/!6015895
[6] /Schwerpunkt-Nationalsozialismus/!t5007882
[7] https://www.hamburg-tourism.de/sehen-erleben/veranstaltungen/veranstaltungs…
## AUTOREN
Andreas Speit
## TAGS
Kolumne Der rechte Rand
Schleswig-Holstein
Demeter
Anthroposophie
Schwerpunkt Nationalsozialismus
Schwerpunkt Bio-Landwirtschaft
Schwerpunkt Nationalsozialismus
Kolumne Exit Waldorf
Naturkosmetik
## ARTIKEL ZUM THEMA
Demeter und der NS-Staat: Braune Stellen am Gemüse
Der Demeter-Verband feiert 100 Jahre biodynamische Landwirtschaft. Über
NS-Verbindungen führender Funktionäre spricht man da nicht gern.
Rudolf Steiners Rassismus: Er glaubte an weiße Vorherrschaft
Rudolf Steiner war rassistisch. „Schule ohne Rassismus“-Plaketten an
Waldorfschulen bleiben Selbstbeschwörung.
Naturkosmetik und Anthroposophie: Weleda kommt mir nicht ins Haus
Weleda wirbt damit, der Welt Gutes zu tun. Doch wer genau hinsieht, findet
raus, dass Weleda weder besonders ehrlich noch menschenfreundlich ist.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.