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# taz.de -- Kooperation mit Konzenentrationslagern: Weledas enges Verhältnis z…
> Neue Erkenntnisse zeigen die Verstrickungen der Naturkosmetikfirma im
> Nationalsozialismus. Das Unternehmen will mit einer Studie nachlegen.
Bild: Der Kräutergarten im KZ Dachau, in dem auch Weleda-Arbeiter mitwirkten
Hamburg taz | Die Ankündigung könnte eine Ansage sein. Die Weleda AG will
eine neue Studie „zur Geschichte des Unternehmens in der NS-Zeit“ vorlegen.
Eine Formulierung der Weltmarktführerin für zertifizierte Naturkosmetik
lädt aber zu einer Spekulation ein: Die Studie soll „unabhängig“ sein,
erklärt Yvonne Samaritani, Leiterin der Kommunikation bei Weleda. Diese
Wortwahl kann implizieren, dass die jüngste Studie der Historikerin Anne
Sudrow zu Affinitäten der anthroposophisch orientierten Landwirtschaft und
Naturheilkunde zum nationalsozialistischen Staat nicht so frei gewesen
wäre.
In zwei Bänden verdichtet Sudrow die weltanschaulichen Ambivalenzen und
persönlichen Kontakte von Anhängern der Lehren von Rudolf Steiner zum
NS-Herrschaftsapparat. Vor der Untersuchung für die KZ-Gedenkstätte Dachau
hatte die Historikerin ein „positives Bild“ vom biologisch-dynamischen
Landbau. Es habe sie jedoch auch „besonders überrascht, dass beim
biologisch-dynamischen Landbau so viele Praktiken eine Rolle spielen, die
nicht naturwissenschaftlichen Erkenntnissen entsprechen“ würden, sagte sie
der taz.
Und die 55-Jährige betont: „Bedeutend fand ich, dass ich, je gründlicher
ich mich mit der Materie befasst habe, desto mehr AnthroposophInnen
gefunden habe, die bei der SS mitgearbeitet und sich für die Ziele dieses
Gewalt- und Terrorapparats der NSDAP beziehungsweise der NS-Regierung
engagiert haben.“ Schon in der Weimarer Republik wären viele
AnthroposophInnen in Freikorps gegen die Demokratie aktiv gewesen, so
Sudrow.
## Versuche an KZ-Häftlingen
Die Kritik ist nicht neu. Die Dimension um so gewichteter. Bereits vor über
40 Jahren löste ein Artikel von Götz Aly die „taz-Weleda-Kontroverse“ aus.
In dem Beitrag der taz von 1983 wurde auf einen Brief der Firma Weleda an
den Dachauer KZ-Arzt Sigmund Rascher verwiesen, der die naturheilkundliche
Frostcreme bei Unterkühlungsversuchen an KZ-Häftlingen erprobte. Die taz
konnte belegen, dass Weleda selbst Vaseline vom SS-Sanitätshauptamt
zugesandt bekommen hatte.
Raschers Vater war ein bekannter anthroposophischer Arzt. Der Sohn besuchte
eine Waldorfschule, lernte in der Anthroposophenzentrale im schweizerischen
Dornach die „empfindliche Kristallisation“ zur Beurteilung von Substanzen
kennen. Bei den Versuchen im KZ Dachau starben 80 bis 90 Inhaftierte,
stellte Sudrow fest.
In ihrer Studie mit über 800 Seiten erhärtet Sudrow zudem die Kritik an der
biologisch-dynamischen Landwirtschaft. Im Sommer 1933 beschlossen
biodynamische Verbände die Eingliederung in den NS-Staat. Erhard Bartsch,
ein prominenter Anthroposoph, gründete den „Reichsverband für
biologisch-dynamische Wirtschaftsweise in Landwirtschaft und Gartenbau“,
der das „Führerprinzip“ einführte und jüdische Menschen ausschloss.
In einer Rede würdigte Bartsch, der in Brandenburg 1928 einen [1][bis heute
bestehenden Demeterhof gründete], Adolf Hitler: „Deutscher Geist und
deutsches Schwert werden dem kulturschaffenden Bauern die Zukunft sichern.
Heil dem Führer.“ Elf Prozent der Verbandsmitglieder waren nachweislich in
der NSDAP, stellte 2024 schon eine weitere Studie zu biodynamischen
Bewegung fest.
## Mitgründerin von Weleda über NS-Nähe 1933 besorgt
Neben Bartsch ist Franz Lippert ein weiterer wichtiger Akteur in der
biologisch-dynamischen Landwirtschaft. Er baute in Schwäbisch Gmünd den
Heilpflanzengarten von Weleda auf. Sudrow führt aus, dass der Gärtner
später 1941 im Kräutergarten des KZ Dachau wirkte. Er wurde dazu nicht
gezwungen, sagt die Historikerin.
Auch der ehemalige Weleda-Gärtner Erich Werner arbeitete im
Konzentrationslager, fand Sudrow heraus. Weleda erwähnt das in eigenen
Studien nicht, sagt die Historikerin. Einige AnthroposophInnen waren auch
im KZ Ravensbrück und Mauthausen an „Kräutergärten“ oder „Plantagen“
beteiligt.
In der besetzten Ukraine, nahe Schytomyr, bestand ein biodynamisches
Versuchsgut. Diese Nähe sorgte schon 1933 die Vertraute von Steiner, Ita
Wegmann. Die Mitgründerin von Weleda beklagte, dass in Deutschland „unsere
Anthroposophen in großen Scharen mitmachen“.
## Özdemir steht morgens mit Weleda auf
In einer Pressemitteilung hebt Weleda hervor, dass die Forschung von Sudrow
„unter anderem auch Details zu Verbindungen von Weleda in der damaligen
Zeit“ anführt, „die in der bisherigen Forschung möglicherweise noch nicht
vollständig beleuchtet wurden“.
Möglicherweise? Bereits zu der „taz-Weleda-Kontroverse“ merkten die
anthroposophischen Flensburger Hefte selbst enttäuscht an, dass das
Unternehmen nur zugeben würde, was ganz genau belegt wurde. Einzelne
KonsumentInnen mögen sich aber auch nicht so sehr mit der Geschichte
auseinandersetzen.
Mit Weleda würde er morgens aufstehen und sich abends niederlegen, erklärte
der ehemalige Bundesagrarminister [2][Cem Özdemir (Grüne)] jüngst bei einem
Besuch eines Weleda-Logistikzentrums. Ob über die NS-Geschichte gesprochen
wurde, ließ der grüne Landtagsspitzenkandidat gegenüber der taz offen. Er
möchte doch gerade Ministerpräsident in Baden-Württemberg werden – der
bundesdeutschen Hochburg der Anthroposophie.
14 Sep 2025
## LINKS
[1] /Demeter-und-der-NS-Staat/!6015895
[2] /Cem-Oezdemir/!t5007735
## AUTOREN
Andreas Speit
## TAGS
Anthroposophie
Schwerpunkt Nationalsozialismus
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