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# taz.de -- Rechte Heilpraktiker*innen: In der braunen Ecke der Pseudomedizin
> Die „Germanische Neue Medizin“ ist antisemitisch, rassistisch,
> homofeindlich – und fordert immer wieder Todesopfer. Dabei bei einem
> Seminar für ihre Anhänger*innen im Allgäu.
Karsee liegt im äußersten Süden Deutschlands, nur 30 Kilometer vor der
Grenze zu Österreich. Im Zentrum der 700-Seelen-Gemeinde im Allgäu steht
der „Adler“, nur scheinbar ein gewöhnlicher Landgasthof mit Gästezimmern.
Im Wirtshaus hat ein Verein seinen Sitz. Er trägt den Namen „Tafelrunde“
und hat sich offiziell der „Förderung der Gesunderhaltung von Mensch und
Natur“ verschrieben. Die Pächter des Adler stehen ihm vor. Die Webseite
sieht harmlos aus, ein paar Werbefotos, ein bisschen Kitsch. Doch die
„Tafelrunde“ bringt rechte „Reichsbürger*innen“, staatsfeindliche Grup…
und Anhänger*innen der esoterisch-rassistischen Anastasia-Bewegung
zusammen.
Gäste kommen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz ins Karseer
Wirtshaus. Fast wöchentlich finden dort Veranstaltungen statt:
Rohkostabende, Druschba-Fahrten, die die Freundschaft zu Russland
zelebrieren, sowie Treffen der Querdenkerpartei „dieBasis“. Auch eine
Heilpraktikerin aus dem Umfeld der mutmaßlich rechtsterroristischen
„Patriotischen Union“ referierte hier schon. Das geht aus den
Telegram-Kanälen des Vereins hervor.
An diesem Wochenende Anfang des Jahres ist der Parkplatz vor dem „Adler“
voll. SUVs, ein Wohnmobil und eine Schrottkarre stehen vor dem Wirtshaus.
Die Angereisten wollen im Adler an einem Seminar teilnehmen, das es in sich
hat. Zwei Tage lang geht es hier um die „Germanische Neue Medizin“ (GNM)
und „Individuelle und Kollektive Traumata“ – eine pseudowissenschaftliche
Lehre, gespickt mit antisemitischen Elementen. Und teils tödlichen Folgen,
weil Erkrankte oder die Eltern erkrankter Kinder auf die GNM setzten, statt
auf eine professionelle Behandlung, wie etwa der [1][NDR] und das
[2][Schweizer Fernsehen] berichteten.
## Die Coronapandemie steigerte das Interesse
Die „Germanische Neue Medizin“ fristete lange ein Nischendasein. Ein paar
Reichsbürger*innen experimentierten mit ihr, unter anderem aus Kreisen
des kürzlich verbotenen „Königreich Deutschland“, ebenso wie
Anhänger*innen der Anastasia-Bewegung. Diese pflegen einen naturnahen
Lebensstil mit völkischen Siedlungsprojekten. In den Lehrbüchern der
Bewegung finden sich rassistische und antisemitische Narrative. Der
Verfassungsschutz hat die Anastasia-Bewegung im Juni 2023 als
[3][rechtsextremen Verdachtsfall eingestuft].
Mit der Coronapandemie stieg das Interesse an der „Germanischen Neuen
Medizin“ – und damit die Gefahr, die von ihr ausgeht. Auf dem
Messengerportal Telegram folgen Zehntausende Accounts Kanälen, die diese
Ideologie verbreiten. Drinnen im Gasthof Adler erinnert vieles an die
Siebziger Jahre: Karo-Gardinen, Holzvertäfelung. Doch es riecht nicht mehr
nach Bier und Zigarettenqualm, sondern nach veganem Linseneintopf und
Kräutertee. In Vitrinen liegen Esoterikratgeber aus, Tarotkarten und Flyer:
für Anti-Windkraft-Kampagnen und Versammlungen auf Höfen der
Anastasia-Bewegung.
Auf den Tischen des Seminarraums sind Rosenquarze spiralförmig auf
Samttüchern drapiert, „zur Raumenergetisierung“, erzählt Bianca* aus dem
Organisationsteam gleich bei der Anmeldung. 220 Euro kostet die Teilnahme –
inklusive „energetisiertem“ Wasser, aber ohne Verpflegung und Unterkunft.
Im Gasthof stellt einer der Hauptreferenten gleich zu Beginn klar: keine
Ton- oder Videoaufnahmen, keine Fotos. Was hier geschieht, soll auf keinen
Fall an die Öffentlichkeit. Doch die taz ist dabei im Gasthof Adler, ihre
Recherche veröffentlicht sie in Kooperation mit dem Schweizer
Investigativportal Flimmer Media.
Viele derer, die hier zusammengekommen sind, kennen sich. Sie umarmen sich
zur Begrüßung, schwatzen, lachen. Es sind junge Frauen in Röcken dabei, und
ältere Männer in Leinenhemden und Wollpullovern. Sie kommen aus
Deutschland, der Schweiz und Österreich – sind teils weit gefahren, um hier
zu sein. Manche berichten in der Pause von ihren Besuchen bei anderen
Szeneveranstaltungen, etwa der „Anti-Zensur-Konferenz“ (AZK) in der
Schweiz. Die „Organische Christus Generation“, kurz OCG, um den Schweizer
Ivo Sassek veranstaltet sie jährlich.
## Kontakt zu Gleichgesinnten
Neben Verschwörungsideolog*innen kommen dort auch immer wieder
Holocaustleugner*innen zu Wort. Etwa Bernhard Schaub, Gründer der
rechtsterroristischen „Europäischen Aktion“ oder die
Nationalsozialistin Sylvia Stolz, die mehrfach wegen Volksverhetzung
Haftstrafen absaß und sich mit dem Hitlergruß aus dem Gerichtssaal
verabschiedete. Ihr Auftritt bei der AZK führte 2015 zu einem Verfahren
wegen Volksverhetzung. Das Landgericht München verurteilte Stolz zu 18
Monaten Haft ohne Bewährung. Auch Harald Baumann, der an diesem Wochenende
Ehrengast im Adler ist, trat bereits bei der AZK auf. Eine ältere Frau
erzählt, sie sei seit Corona in keinem Restaurant mehr gewesen – weil die
Gastronomie in der Pandemie Impfzertifikate verlangt habe, wolle sie die
Branche nicht mehr unterstützen.
Für sie scheint die Teilnahme hier eine gewisse Befreiung zu sein. Im
Gasthof Adler sucht sie vor allem Kontakt zu Gleichgesinnten. Ein
Elternpaar berichtet im Gespräch am Tisch wiederum von der schwer
magersüchtigen Tochter. Die beiden seien bei zahlreichen
Therapeut*innen gewesen, auch in Kliniken, hätten aber nicht die
erhoffte Hilfe bekommen. Sie fänden keinen richtigen Zugang mehr zu ihrer
Tochter. Sie sei nur noch in ihrem Zimmer, esse seit Wochen nichts mehr, es
gehe ihr immer schlechter. Man merkt den beiden die Verzweiflung an – sie
setzen scheinbar all ihre Hoffnung in dieses Wochenende.
Eine andere Frau, Ende vierzig, Seidenschal und Batikhose, sagt während
einer Zigarettenpause: „Wir müssen das selber in die Hand nehmen, auf das
System ist seit der Pandemie kein Verlass.“ Sie bläst den Rauch aus und
schwärmt von ihrer Tochter, einer Hebamme, die sie sonst zu diesen
Seminaren begleitet.
Auf einer interaktiven Karte, die sich auf einer der Szene-Webseiten
findet, sind Heilpraktiker*innen in Deutschland, Österreich und der
Schweiz verzeichnet. In den Gasthaus-Vorträgen erfährt man, was Gegenstand
der „Germanischen Neuen Medizin“ ist. Ihr zufolge werden Menschen erst
durch Medikamente krank. Statt diese einzunehmen, könne man sich selbst
heilen. Manchen, die aufgrund schlimmer Diagnosen in einer Krise sind,
erscheinen solche Aussagen wie ein Ausweg, eine Erlösung.
## Eine gefährliche Paarung
In Karsee ist Stefan Lanka einer der Hauptreferenten. Lanka ist in der
pseudomedizinischen Szene eine kleine Berühmtheit. Der promovierte Biologe
vom Bodensee leugnet, dass es Viren gibt, die Krankheiten verursachen. Aids
beispielsweise hält er für eine [4][Erfindung der Pharmaindustrie]. „Hamer
hat uns vor dem Bösen gerettet“, sagt er und meint damit Ryke Geerd Hamer,
den 2017 verstorbenen Begründer der „Germanischen Neuen Medizin“.
In Hamers Lehre sind es angebliche innere „Konflikte“ und
„Schockerlebnisse“, die eine zentrale Rolle bei der Entstehung und auch bei
der Heilung von Krankheiten spielen. Unterschiedliche Erkrankungen gingen
demnach auf unterschiedliche Arten von Konflikten zurück. Durch die
Auflösung der Konflikte würde sich der Körper selbst heilen. Medizinische
Operationen duldete Hamer, Medikamente aber seien gefährlich – selbst bei
schweren Krankheiten wie Krebs. Hamer warnte vor Chemotherapien. Auch die
Idee, dass durch Injektionen Chips implantiert würden, tauchte bei Hamer
auf – eine Verschwörungserzählung, die sich während der Coronapandemie in
vielen Köpfen festsetzte.
Die gefährliche Ablehnung medizinischer Behandlung paart sich in Hamers
Lehre mit rechtsextremen Verschwörungselementen. Die „Germanische Neue
Medizin“ knüpft an den Antisemitismus der Nazis an, die bereits gegen die
„jüdische Schulmedizin“ zu Felde zogen und dagegen „Heilpraktiker“
förderten. Hamer glaubte, Jüdinnen und Juden würden mit evidenzbasierter
Medizin die nichtjüdischen Menschen ausrotten und kontrollieren wollen.
Die Chemotherapie zum Beispiel sei „eine Waffe der jüdischen Menschen“.
Auch Stefan Lanka erklärt in seinem Vortrag im Allgäu: Die evidenzbasierte
Medizin sei eine „Sklavenmedizin“. Freie Menschen heilten mit dem Geist.
Masern bei Kindern gebe es nur, weil sie in die Kita müssten – ein
„Bindungstrauma“. Ihm zufolge könnten zudem nur Zweitgeborene eine
Blutererkrankung haben – diese schreibt Lanka einem „Revierkonflikt“ zu,
da Zweitgeborene „nicht mehr König werden können“.
Im Gasthof Adler geht es betont freundlich zu, die Feinde lauern draußen:
die evidenzbasierte Medizin, Linke und Progressive, Queers,
Migrant*innen, jüdische Menschen – und nicht zuletzt der Staat. Auch der
Vortrag von Michael Loidl ist gespickt mit Antifeminismus und
erschreckender Homofeindlichkeit.
## Kein Orgasmus wegen den Grünen
Der Österreicher ist ehemaliger Karate-Weltmeister und neben Lanka einer
der Referenten im Adler. Er war Schüler von Hamer und besuchte ihn
regelmäßig in Spanien, wohin dieser auf der Flucht vor den österreichischen
Behörden zog. Hamer sah sich nach Verlust seiner ärztlichen Approbation
1986 mehreren Strafverfahren ausgesetzt und wurde unter anderem 2004 in
Frankreich zu drei Jahren Gefängnis wegen Betrugs und „illegaler Ausübung
der Medizin“ verurteilt, wie der Standard berichtete. Mehrere seiner
Patient*innen waren verstorben, nachdem sie dem Rat zweier seiner
Anhängerinnen gefolgt waren.
Referent Loidl zeigt im Gasthof Adler Fotos von sich und Hamer unter der
spanischen Sonne. Der Staat sei es, der die Menschen traumatisiere, um sie
gefügig zu machen, sagt Loidl. Er spricht von einem „kollektiven
Stockholm-Syndrom“, unter dem unsere Gesellschaft leide. Verantwortlich für
diese „Kollektivtraumatisierung“ sei der Staat. „Die Grünen stehen ja auf
Nachhaltigkeit, deswegen wollen sie Frühsexualisierung“, behauptet er dann
noch und nutzt damit einen rechten Kampfbegriff.
Beim Publikum zieht das. Loidl erklärt: Durch die Berührungen im
Intimbereich bei Kindern komme es zum „Revierkonflikt“ oder
„Sexualkonflikt“. In seiner Erklärung, wie das Hirn durch Traumata umgebaut
wird, bedient er sich an medizinischen Fachbegriffen, die im Publikum
niemand zu verstehen scheint, die aber wohl seriös wirken sollen. Bei
Frauen werde demnach beispielsweise die „Gebärmutter-Herz-Verbindung“, die
angeblich für einen vaginalen Orgasmus und „tiefe Liebesfähigkeit“ nötig
sei, „von den Grünen kaputtgemacht“. Die weibliche Seite werde „blockier…
und Frauen würden männlich.
„Männer werden zu Softies, auch sexuell“, erklärt Loidl weiter. Bei diesen
Männern sei „das Rektum weit offen“. Loidl sieht hier, ähnlich wie etwa d…
antisemitische [5][QAnon-Verschwörungserzählung], die Gefahr einer
Dezimierung der Menschheit durch Unfruchtbarkeit und Kastration. Die
„Germanische Neue Medizin“ könne helfen, wird hier geglaubt, indem man die
„Konflikte“ behandele und sich vor dem Staat schütze. „Alle Homosexuellen
haben einen Sexualkonflikt“, fügt Loidl noch hinzu.
## Anekdoten mit antisemitischen Narrative
Ursachen von Traumata, das erfährt man im weiteren Verlauf des Seminars,
seien nicht nur die Grünen. „Das Robert-Koch-Institut verängstigt Leute, um
den Ukrainekrieg durchführen zu können“, erklärt Stefan Lanka. „Unsere
Medizin ist Teil einer psychologischen Kriegsführung, um Städte zu
erobern.“ Das sei, so heißt es, genau wie die „Schulmedizin“, Teil eines
militärischen Angriffs.
Immer wieder fallen in diesen zwei Tagen Beispiele und Anekdoten, hinter
denen sich antisemitische Narrative verbergen. Eine der Geschichten, die
Michael Loidl erzählt, handelt von einer Person, die er als
„offensichtlichen Juden“ bezeichnet. „Bei Juden muss man immer ein bissch…
aufpassen, wegen Spionage“, auch diese Äußerung fällt auf dem Seminar.
Besonders viel Zuspruch zu Loidls Thesen gibt es von einem Paar aus der
ersten Reihe, dem Schweizer Harald Baumann und seiner Partnerin Arlette
Büchel. Baumann betreibt in der Schweiz ein Schulungszentrum für die
„Germanische Neue Medizin“. Gemeinsam mit einer anderen Hamer-Anhängerin
veröffentlichte er eine sechsteilige Kinderbuchreihe, die Kindern und
Eltern die Hamer’sche Lehre zugänglich machen soll. Um „Lisa und die roten
Flecken“ geht es etwa in Band 1, oder um „Lisa und der Mumms“ in Band 3.
Band 6 heißt: „Mama Knautsch hat einen Brustknoten“. Auch Baumanns
Partnerin Arlette Büchel ist Anhängerin der „Germanischen Neuen Medizin“.
Die Heilpraktikerin hat eine Praxis in der Schweiz, am Rande des Seminars
erzählt sie, wie sie damals das Auto von Hamer nach Spanien gefahren und
ihn so bei der Flucht vor den österreichischen Behörden unterstützt habe.
Der Fall, wegen dem Hamer in den 1990er Jahren die Flucht nach Spanien
antrat, betraf eine Sechsjährige aus Österreich. Das Mädchen litt an einem
Tumor im Bauchraum. Die Genesungsprognose wäre im Falle einer Behandlung
sehr gut gewesen. Die Eltern aber ließen sich von Hamer anderweitig
beraten. Ihnen wurde schließlich das Sorgerecht entzogen, das Kind von
Mediziner*innen behandelt und geheilt, die österreichische [6][Presse]
berichtete.
## „Man muss nicht Arzt sein, um Spinnerei zu entlarven“
2009 starb außerdem ein vierjähriges Mädchen aus der Lüneburger Heide an
multiplem Organversagen. Die Eltern hatten ihre Tochter, die an Diabetes
litt, nicht ausreichend versorgt. Sie hatten zuvor Rat in der „Germanischen
Neuen Medizin“ gesucht, die Mutter soll Kontakt zu Hamer aufgenommen haben.
2015 wurden die Eltern wegen fahrlässiger Tötung verurteilt, [7][der NDR
berichtete].
Nach dem Tod einer 17-jährigen Italienerin [8][forderte der Schweizer
Onkologe und ehemalige Nationalratsabgeordnete Franco Cavalli 2017 einen
Strafgesetzbuch-Artikel] gegen Scharlatane. Die Eltern der jungen
Krebskranken waren Anhänger von Hamers Pseudomedizin. Cavalli sagte: „Man
muss nicht Arzt sein, um Hamers Theorien als absurd und totale Spinnerei
entlarven zu können.“ Ein Artikel im Strafgesetzbuch wurde jedoch nicht
umgesetzt.
Auch im deutschen Strafgesetzbuch fehlt ein Artikel, der sich mit
Scharlatanen beschäftigt. Zudem ist das Selbstbestimmungsrecht der
Patient*innen ein hohes Gut. Kompliziert wird es auch dadurch, dass die
Lehre nicht nur antidemokratische und antisemitische Anteile hat, sondern
auch therapeutisch-medizinische.
In Deutschland wenden Heilpraktiker*innen die GNM teilweise offen an
und bewerben sie in Onlineforen. Manche tarnen die Lehre auch durch
Begriffe wie „5bN“ oder „Neue Medizin“. Auf Anfrage der taz schreibt das
Bundesgesundheitsministerium (BMG), dass für die Zulassung der
Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker die Länder zuständig seien.
## Grenzen ihres Könnens bewusst sein
Wer auf Grundlage einer allgemeinen Heilpraktikererlaubnis behandeln wolle,
müsse bei dem zuständigen Gesundheitsamt eine entsprechende Erlaubnis
beantragen. Die Erteilung der Erlaubnis setzt unter anderem voraus, dass
die antragstellende Person in einer Überprüfung nachgewiesen habe, dass sie
keine Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung oder die Gesundheit der sie
aufsuchenden Patientinnen und Patienten darstelle. Die Überwachung der
Berufsausübung, schreibt das BMG, sei Aufgabe der Länder und zudem in einer
freiwillig auferlegten Berufsordnung der Heilpraktiker*innen geregelt.
Doch die setzt auf Eigenverantwortung und fordert von den
Heilpraktiker*innen etwa, dass sie sich selbst den Grenzen ihres
Könnens bewusst sind. Indes warnen Fachleute vor den Folgen der
Pseudomedizin. „Die ‚Germanische Neue Medizin‘ ist mit allem Nachdruck als
gefährlich und unethisch zurückzuweisen“, schreibt die Deutsche
Krebsgesellschaft [9][in einer Stellungnahme].
Schon vor der Pandemie wurden rund 140 Todesopfer der „Germanischen Neuen
Medizin“ auf einer inoffiziellen Liste dokumentiert, die Betroffene
zusammengestellt haben. Es ist mit einer weitaus höheren Dunkelziffer zu
rechnen. Durch den Aufschwung der GNM seit Corona liegt die Befürchtung
nahe, dass die Todeszahlen weiter steigen.
Im Gasthof Adler geht das Seminar der „Germanischen Neuen Medizin“ derweil
mit herzlichen Verabschiedungen dem Ende zu. Kontakte werden geknüpft,
Tipps für weitere Seminare ausgetauscht, man sieht sich. Für die Menschen,
die das Wirtshaus im Allgäu verlassen, hat Ryke Geerd Hamer mit seiner
„Germanischen Neuen Medizin“ die Welt vor dem Bösen gerettet, die Welt in
Ordnung gebracht – in eine Ordnung, die lebensgefährlich sein kann.
* Bis auf öffentlich bereits bekannte Personen wurden alle Namen in diesem
Text anonymisiert.
26 Jul 2025
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[1] https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/hannover_weser-leinegebiet/Das…
[2] https://www.srf.ch/news/schweiz/toedliche-krebsberatung-franco-cavalli-ford…
[3] /Voelkische-Anastasia-Bewegung/!5939445
[4] /Aerzte-auf-Abwegen/!6063147
[5] /Buch-ueber-radikalisierte-Aeltere/!6075470
[6] https://www.diepresse.com/533340/opfer-und-medienstar-der-fall-olivia-pilhar
[7] https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/hannover_weser-leinegebiet/Das…
[8] https://www.srf.ch/news/schweiz/toedliche-krebsberatung-franco-cavalli-ford…
[9] https://www.krebsgesellschaft.de/wissenschaftliche-stellungnahmen.html?file…
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Lotta Maier
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