# taz.de -- Social-Media-Plattform X: EU-Kommission will Auskunft über Algorit… | |
> Die EU-Kommission geht weiter gegen X vor. Damit zeigt sie, dass sie | |
> nicht vor Tech-Konzernen einknickt. Die scharen sich aktuell um Trump. | |
Bild: EU-Digitalkommissarin Henna Virkkunen | |
Brüssel/Berlin dpa/taz | Während Elon Musk weiter gegen demokratische | |
Parteien in Europa ätzt, treibt die EU-Kommission das Verfahren gegen seine | |
Social-Media-Plattform X (ehemals Twitter) voran und verlangt Zugang zu | |
internen Dokumenten über Algorithmen. Der Konzern werde angewiesen, die | |
Daten dazu einzufrieren und aufzubewahren, [1][teilte die Brüsseler Behörde | |
am Freitag mit]. | |
Ein Sprecher der EU-Kommission führte aus, die Plattform werde | |
aufgefordert, „interne Dokumente über alle kürzlich vorgenommenen | |
Änderungen an Algorithmen zu übermitteln“. Damit zielt die Kommission auf | |
das System, das User*innen Inhalte empfiehlt oder anzeigt. Diese | |
Dokumente müssten bis zum 15. Februar an die Kommission übermittelt werden. | |
Zweitens wird die Plattform aufgefordert, der Behörde Zugang zu bestimmten | |
Programmierschnittstellen zu gewähren. Dies werde bei Recherchen helfen. | |
Die Anweisungen erfolgen wegen einer bereits laufenden Untersuchung gegen | |
X. | |
Die zuständige EU-Digitalkommissarin Henna Virkkunen erklärte, Ziel der | |
Kommission sei es, „dass alle Plattformen in der EU unser Gesetz | |
respektieren, das ein faires, sicheres und demokratisches Online-Umfeld für | |
alle europäischen Bürger*innen schafft.“ Virkkunen ist zuständig für den | |
Bereich Tech-Souveränität, Sicherheit und Demokratie. Die Kommission | |
betonte, dass diese Schritte notwendig seien, um systemische Risiken der | |
Plattform zu bewerten. | |
## Welche Strafen drin wären | |
Die EU beobachtet Musks Aktivitäten seit einiger Zeit. Gegen X laufen | |
mehrere Verfahren wegen mutmaßlicher Verstöße gegen den Digital Services | |
Act (DSA). Der DSA verpflichtet Social-Media-Plattformen dazu, gegen | |
Desinformation und Hetze vorzugehen. Ziel der Verfahren gegen X ist es, zu | |
prüfen, ob die Plattform die Vorschriften zur Eindämmung von Hassrede und | |
Desinformation einhält. Im Fokus der öffentlichen Diskussion über X steht | |
momentan immer wieder, ob genügend unternommen wird gegen rechte Inhalte | |
oder ob diese sogar algorithmisch bevorzugt würden. | |
Der DSA gilt als scharfes Schwert gegen den Einfluss großer Plattformen. | |
Halten sich die Plattformen nicht daran, drohen empfindliche Strafen – | |
darunter Geldbußen in Höhe von 6 Prozent des gesamten weltweiten | |
Jahresumsatzes. Die EU-Kommission kann auch tägliche Strafzahlungen | |
verhängen, bis die Probleme behoben sind. Große Dienste wie Facebook, | |
Instagram, Tiktok oder X unterliegen dabei strengeren Regeln als kleinere | |
Plattformen. | |
Beobachter blicken auch mit Sorge auf den möglichen Einfluss Musks auf die | |
Bundestagswahl im Februar sowie auf weitere Wahlen in Europa, etwa in Polen | |
und Tschechien im Laufe des Jahres. Diese Befürchtungen wurden durch Musks | |
jüngste Aktivitäten bestärkt. | |
Dazu zählt ein Live-Gespräch mit der AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel auf | |
X, in dem Musk die AfD unterstützte und erklärte, nur sie könne | |
Deutschlands Probleme lösen. Bereits in den Wochen davor hatte er die AfD | |
in Beiträgen auf seiner Plattform unterstützt. Bundeskanzler Olaf Scholz | |
(SPD) bezeichnete diese Einmischung am Freitag nach einem Treffen mit dem | |
schwedischen Regieerungschef Ulf Kristersson gegenüber Journalist*innen | |
als „völlig inakzeptabel“. Sie gefährde „die demokratische Entwicklung | |
Europas“. | |
Scholz gehört zu jenen führenden Politiker*innen, die Musk bereits in einer | |
Serie von X-Posts wiederholt angegriffen hat, ebenso wie der britische | |
Premierminister Keir Starmer und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. | |
## Die Tech-Bosse vor Trump | |
Musk ist nicht alleine mit seiner Abkehr von demokratischen Akteuren hin zu | |
rechteren. Auch Mark Zuckerberg nähert sich mit seinem Konzern Meta seit | |
Monaten Trump an. Zu seinem Medienimperium gehören unter anderem Facebook, | |
Instagram, Whatsapp und Threads, das einer der vielen X-Nachfolger wurde, | |
als dieses wegen Musk von vielen demokratischen Nutzer*innen verlassen | |
wurde. | |
Inzwischen hat Zuckerberg Trump für seine Amtseinführung eine Spende von | |
einer Millionen US-Dollar zugesagt und wird auch einen Empfang für ihn | |
ausrichten. Zudem kündigte er Anfang Januar grundlegende Änderungen für | |
Meta in den USA an. Unter anderem stellt Meta die Zusammenarbeit mit | |
Faktencheckern ein, will mehr Kommentare zulassen, auch wenn sich diese | |
hasserfüllt gegen queere Menschen und von Rassismus betroffene Menschen | |
richten, und strebt einen Umzug des Moderationsteams von Kalifornien ins | |
konservative Texas an, bei dem sicherlich einige Angestellte nicht | |
mitziehen werden. | |
Bei der Ansprache, in der er die Änderungen ankündigte, bediente er sich | |
pressefeindlicher Framings und Bilder, die vor allem unter | |
Verschwörungsgläubigen verbreitet werden, etwa das Bild der von Eliten | |
unterdrückten Meinungsfreiheit und der „Zensur“ durch Regierungen. Dabei | |
stellt er reale Zensur wie die in China gleich mit der DSA der Europäischen | |
Union. Das ganze läuft also – abgekupfert bei Musk – unter dem Vorwand der | |
Redefreiheit. [2][Später war Zuckerberg in einem Podcast bei Trump-Fan Joe | |
Rogan zu Gast]. | |
Auch andere Tech-Giganten wie Apple und Meta zeigen aktuell Nähe zu Trump | |
und den Republikaner*innen. Ein Grund könnte sein, dass sie sich vielleicht | |
erhoffen, dass die USA Druck ausüben auf die EU, damit diese weniger strikt | |
gegen die Konzerne vorgeht. | |
## Tiktok in den USA | |
Zeitgleich wendet sich vermutlich das Blatt für die Plattform Tiktok in den | |
USA. Ein Gesetz hatte dem chinesischen Mutterkonzern Bytedance eine | |
270-Tage-Frist gesetzt, sein US-Geschäft zu verkaufen. Diese läuft bis | |
Sonntag ab. Ist das US-Geschäft von Tiktok bis dahin nicht verkauft, müsste | |
die App in den USA gesperrt werden, wäre also vorerst nicht mehr in den | |
US-amerikanischen App-Stores und würde so mit der Zeit unbrauchbar. | |
Bereits Mitte der Woche wurde bekannt, dass Trump mehr Zeit für einen Deal | |
mit Tiktok haben möchte, also die Sonntags-Frist um mehrere Monate | |
verlängern will. [3][Am Freitag signalisierte dann auch der aktuelle | |
Präsident Joe Biden, unter dem das Gesetz verabschiedet wurde, dass er es | |
nicht am Sonntag, seinem letzten Amtstag, umsetzen will]. | |
Angriffspunkt hierfür ist aber nicht das Gesetz an sich: Ebenfalls am | |
Freitag urteilte das Oberste Gericht in dieser Sache gegen Tiktok. Die | |
Plattform hatte gegen das Gesetz geklagt, um nicht verkaufen zu müssen und | |
führte dabei das von der Verfassung garantierte Recht auf Redefreiheit an. | |
Laut dem Obersten Gericht wird die Redefreiheit allerdings nicht durch das | |
Gesetz verletzt. | |
Wie wichtig dieses Urteil mit Blick auf Trumps plötzliche Milde gegenüber | |
Tiktok überhaupt ist, ist unklar. Die kommt nicht von ungefähr. Zwar hatte | |
er in seiner ersten Amtszeit selbst versucht, ein Gesetz durchzubringen, | |
welches Tiktok einschränkt, und ist damit gescheitert. Doch in den letzten | |
Jahren konnte Trump auf Tiktok viele junge Menschen erreichen. Laut | |
Medienberichten soll Tiktok-Chef Shou Chew am Montag ebenfalls bei der | |
Amtseinführung von Trump anwesend sein. Auf der Tribüne. Gemeinsam mit Mark | |
Zuckerberg und Elon Musk. | |
17 Jan 2025 | |
## LINKS | |
[1] https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/en/mex_25_287 | |
[2] /Meta-und-Joe-Rogan-verstehen-sich-gut/!6058674 | |
[3] /Tiktok-Blockade-in-den-USA/!6062870 | |
## AUTOREN | |
Johannes Drosdowski | |
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