# taz.de -- Lobbyismus von Digitalkonzernen: „Big Tech kann und muss endlich … | |
> Nächste Woche treffen sich die Reichen und Mächtigen wieder in Davos. Max | |
> Bank von Lobbycontrol warnt vor dem Einfluss der Tech-Konzerne. | |
Bild: Meta-Chef Mark Zuckerberg verantwortete sich vor dem US-Senat gegen Vorw�… | |
taz: Herr Bank, Elon Musk ist der reichste Mensch der Welt. Ist er auch | |
einer der gefährlichsten? | |
Max Bank: Er ist auf jeden Fall einer der Tech-Milliardäre, die | |
exemplarisch für eine ganze gesellschaftliche Klasse an Menschen stehen: | |
überreiche, allesamt Männer, [1][die jegliche Instrumente nutzen, die ihnen | |
zur Verfügung stehen], um Gesellschaft und Politik zu ihren Gunsten zu | |
beeinflussen. | |
taz: Welche Instrumente sind das? | |
Bank: Vor allem ist es massive Lobbyarbeit, die stärkste, die wir in Europa | |
je gesehen haben. Die wird möglich durch den extremen Reichtum der | |
Big-Tech-Akteure, also von Figuren wie X-Inhaber Musk, aber auch Meta-Chef | |
Mark Zuckerberg, Sergey Brin und Larry Page hinter Google oder | |
Amazon-Gründer Jeff Bezos. Google, Amazon, Meta, Microsoft und Apple sind | |
die Konzerne mit den höchsten Lobbyausgaben. In den USA und der EU | |
investieren diese fünf mehr als 89 Millionen Euro im Jahr. Das ist mehr, | |
als die Top-10-Unternehmen im Finanzsektor oder in der Automobilindustrie | |
für ihre Lobbyinteressen ausgeben – und schon bei denen sehen wir, dass | |
nichts Gutes dabei rauskommt. | |
taz: In den Top Ten der Tech-Konzerne nach Marktkapitalisierung ist Apple | |
ganz vorne. Nvidia steht auf Platz 2, den Chiphersteller werden viele | |
Nutzer:innen gar nicht kennen. X taucht in den Top 10 gar nicht auf. | |
Bank: Marktmacht kann sich in vielen Formen zeigen. Bei den | |
Big-Tech-Konzernen sehen wir nicht nur massiven politischen Einfluss, | |
sondern auch Macht gegenüber Geschäftspartnern und Nutzenden. Wir haben im | |
vergangenen Jahr eine Untersuchung gemacht, die zeigt, dass die | |
Monopolstellungen der Tech-Konzerne dazu führen, dass diese bis zu 75 | |
Prozent Preisaufschläge auf ihre Produkte und Dienstleistungen nehmen, | |
einfach weil es keine oder keine gleichwertige Alternative gibt. Bei Amazon | |
zeigt sich das etwa bei den Preisen, die der der Konzern von Unternehmen | |
verlangt, die Produkte auf der Plattform anbieten. Die Folge sind höhere | |
Preise für Verbraucher:innen. | |
taz: Sie kritisieren, dass das [2][Weltwirtschaftsforum in Davos, das | |
kommende Woche stattfindet], die Lobbymacht noch verstärkt. Die Kritik gibt | |
es praktisch so lange wie die Veranstaltung selbst. Was hat sich über die | |
Jahre geändert? | |
Bank: Die Konzentration an Reichtum bei einigen wenigen hat sich massiv | |
verstärkt, sie ist mittlerweile geradezu grotesk. Natürlich war die Kritik | |
an Davos – also einen weiteren Ort zu schaffen, an dem Wirtschaft und | |
Politik unter sich netzwerken und Deals aushandeln können – schon von | |
Anfang an richtig. Aber in der aktuellen politischen Situation und | |
angesichts dessen, dass wir ohnehin schon ein massives Lobbyproblem auf | |
allen politischen Ebenen haben, ist es umso problematischer, den | |
finanzstarken Akteuren noch mal einen extraprivilegierten Zugang zu | |
organisieren. | |
taz: Wo führt das hin? | |
Bank: Wir sehen bereits grundlegende Gefahren für die Demokratie – etwa was | |
die Verbreitung von Desinformationen über Social-Media-Plattformen angeht. | |
Meta hat gerade angekündigt, die Regeln aufzuweichen. Der Druck, auch auf | |
die europäische Politik, bei Regulierungen jetzt nicht weiter voranzugehen, | |
sondern im Gegenteil einen Schritt zurück zu machen, wächst gerade immens. | |
Das würde die Macht dieser ohnehin schon mächtigen Überreichen weiter | |
verstärken. | |
taz: Wie sollte die EU darauf reagieren? | |
Bank: Für viele Probleme, etwa die Frage der [3][Moderation von Inhalten | |
oder des Umgangs mit Hassrede], haben wir mit dem Digital Services Act der | |
EU gute und sinnvolle Gesetze. Wenn die EU diese konsequent durchsetzt, | |
dann sind wir auf einem guten Weg. Doch hier fehlen ausreichende Ressourcen | |
zur Durchsetzung. Dafür muss sich die nächste Bundesregierung in Brüssel | |
unbedingt einsetzen. Das Problem ist: Wenn es um Bestrebungen geht, die | |
aktuellen Regeln abzuschwächen, sind da nicht nur Big-Tech-Konzerne ganz | |
vorne mit dabei. Auch Akteur:innen aus konservativen Parteien sägen ganz | |
ordentlich, sogar an der Datenschutz-Grundverordnung. Und gleichzeitig gibt | |
es eine große Lücke: Gegen so ein Phänomen wie Musk, also dass ein | |
Multi-Milliardär eine Plattform kauft, nach eigenen politischen | |
Vorstellungen umbaut und sich so gar nicht um Recht und Gesetz schert, da | |
gibt es keinen Plan. | |
taz: Was würde helfen? | |
Bank: Genau kann ich mir das noch nicht vorstellen. Eine Möglichkeit wäre, | |
Eigentum und Inhalte auf X klar zu trennen. Der Fall Musk sollte ein | |
Weckruf für europäische Politiker:innen sein. Die EU sollte endlich | |
konsequenter gegen die Monopolmacht von Big Tech vorgehen. Big Tech kann | |
und muss endlich zerschlagen werden. Sonst bleiben wir abhängig von den | |
Tech-Milliardären und ihren Konzernen. | |
taz: Welche Wege gibt es jenseits einer Zerschlagung? | |
Bank: Zwei Dinge sind zentral. Erstens muss die EU dahin kommen, dass die | |
Lobbyarbeit ausgewogen ist. Dass sich also ihre Akteur:innen | |
gleichermaßen mit Lobbyist:innen von allen Seiten treffen – und nicht | |
überproportional mit Konzernen und kaum mit der Zivilgesellschaft. Als | |
Zweites brauchen wir in Deutschland einen Deckel für Parteispenden. In | |
vielen EU-Mitgliedstaaten gibt es den schon. In Frankreich etwa liegt er | |
regulär bei 7.500 Euro jährlich pro Partei und pro Spender:in – etwas | |
Vergleichbares brauchen wir hier auch. | |
16 Jan 2025 | |
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[1] /Twitter-Aktienkaeufe-nicht-gemeldet/!6062643 | |
[2] /Index-des-Weltwirtschaftsforums/!6060837 | |
[3] /Factchecking-bei-Facebook-und-Instagram/!6057237 | |
## AUTOREN | |
Svenja Bergt | |
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