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# taz.de -- Album „Full Moon“ von Moonchild Sanelly: Zukunftsweisender Hint…
> Sie wechselt pausenlos von Xhosa nach Englisch und wieder zurück: Der
> Future Ghetto Funk der Südafrikanerin Moonchild Sanelly ist
> naturgewaltig.
Bild: Viele Zöpfe: Moonchild Sanelly
Moonchild Sanellys Auftritt beim Reeperbahn Festival im vergangenen Herbst
bleibt unvergessen. Wie eine Naturgewalt hat die Südafrikanerin die Bühne
des kleinen Hamburger Clubs Gruenspan geentert, knapp bekleidet mit Body
und Lackmieder. Auf dem Kopf trug sie eine Perücke aus blauen Wollzöpfen,
der sogenannte „Moon Mop“ ist ihr Markenzeichen. Bereits nach wenigen
Takten war klar: Die südafrikanische Sängerin ist eigenwillig und edgy,
gerade live steht sie mit voller Wucht für Female Empowerment, Body
Positivity plus sexuelle Selbstbestimmung.
Die Songs ihres dritten Albums „Full Moon“ bekräftigen diesen Eindruck: Das
Selbstbewusstsein der Künstlerin, es ist schlicht unerschütterlich. „Big
Booty“ ist eine Art Liebesbrief an ihren Hintern. „It’s an earthquake when
I bounce that booty“, kokettiert sie. Nicht nur bei diesem Track fließen
einige Sätze aus ihrer Muttersprache ein, Moonchild Sanelly, geboren als
Sanelisiwe Twisha in Port Elizabeth, wechselt pausenlos von Xhosa nach
Englisch und wieder zurück. Den Zuhörer:innen stellen sich Rätsel: In
welches Genre gehört diese Musik bloß? Also verschafft die Mutter von drei
Kindern ihren Fans kurzerhand selber Klarheit, indem sie die Kategorie
„Future Ghetto-Funk“ eingeführt hat. Auf jeden Fall hat sie eine
eigenwillige künstlerische Handschrift entwickelt. Die Kombination [1][aus
Klängen ihrer südafrikanischen Heimat] und westlichen Stilen funktioniert
gut. Mal changiert Moonchild Sannellys Sound zwischen [2][Amapiano, einem
südafrikanischen Dancefloorstil] und Deep-House, zwischen Jazz und
Folk-Elementen, zwischen dem Dancefloor-Subgenre Gqom und Afro-Punk, mal
flirtet er mit HipHop, immer ist die Musik von Moonchild Sanelly im Pop
verankert.
Könnte sie mit ihren tanzbaren Beats zur afrikanischen Queen of Pop werden?
Zumindest denkt sie selbst groß und verkündet in „To kill a single Girl
(Tequila)“, eigentlich ein Stück über eine neue Liebe, ohne jegliche Scheu:
„I’m a born star“.
2019 lud auch Superstar Beyoncé sie ein, gemeinsam das Lied „My Power“ für
den Soundtrack von „The Lion King: The Gift“ zu komponieren und zu singen.
Von ihrer weltberühmten Kollegin unterscheidet Moonchild Sanelly allerdings
etwas ganz Wesentliches: Sie wirkt nahbarer als die stets perfekt anmutende
US-Künstlerin. Bei ihren Konzerten hüpft sie umher wie ein Gummiball, sie
redet gern mit dem Publikum, mitunter steckt in ihren frivolen, teils
derben Texten durchaus Humor, prinzipiell kreist sie um ihre eigenen
Befindlichkeiten. In der Selbstermächtigungshymne „Do my Dance“ verkündet
sie: „I don’t take no rules from a mouth / I just love to live on my own
terms“.
## Ein Künstlerego in Zerrissenheit
Keine Selbstverständlichkeit – jedenfalls nicht bisher – sind die
nachdenklichen Texte. Sie offenbaren, dass in Moonchild Sanellys
Künstlerego tiefe Zerrissenheit schlummert. Es gab Phasen, in denen ihr
Leben in Scherben zu liegen schien. Kurz vor ihrem Umzug nach Johannesburg
wurde sie als junge Frau ungewollt schwanger. Wenn sich die Sängerin in dem
soften Song „Falling“ diese schwierige Zeit wieder in Erinnerung ruft,
spricht aus ihren Worten die Angst vor dem Scheitern. Mit Sätzen wie „It’s
not my baby / That’s what he said“ konfrontiert sie sich noch einmal mit
dem Schmerz aus ihrer Vergangenheit, um ihn dann endgültig loszulassen.
Immerhin haben ihr schlechte Erfahrungen wie diese geholfen, zu jener
starken Künstlerinnenpersönlichkeit zu werden, die sie heute ist. Im Finale
„I was a Curse“ brüstet sich Moonchild Sanelly voller Stolz: „I put my
hands in the sky / ’Cause I’m proud of the girl I’ve become“. Ihre Numm…
sind wie eine Rüstung, die Fans auf einem Selbstfindungstrip musikalische
Unterstützung spendieren kann.
Mit „Full Moon“ beweist Moonchild Sanelly einmal mehr, dass sie eine der
vielversprechendsten Künstlerinnen Südafrikas ist.
18 Jan 2025
## LINKS
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[2] /Amapiano-Boom/!5917256
## AUTOREN
Dagmar Leischow
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