| # taz.de -- Musiker Roy Ayers: Die Liebe zum Sonnenschein und zur Spiritualität | |
| > US-Jazz- und Funkvibrafonist Roy Ayers prägte Black Music seit den 1960er | |
| > Jahren. Nachruf auf einen kreativen Geist. | |
| Bild: Roy Ayers tritt im Juli 2011 auf der Central Park SummerStage in New York… | |
| „Roy Ayers ist Medizinmann, Clown, Heiliger, Historiker und Liebhaber, der | |
| in einem einsamen Tal trockene Knochen zum Leben erweckt – durch das bloße | |
| Anschlagen von Noten“, so hat der US-Schriftsteller James Baldwin einmal | |
| den Vibrafonisten Roy Ayers charakterisiert. Baldwin und Ayers verband eine | |
| Freundschaft, übernahm der Musiker doch die Wohnung von Baldwin in Harlem. | |
| Die Worte des Autors beschreiben Ayers und die Wirkung seiner Musik | |
| tatsächlich sehr treffend. | |
| In den Songs des charismatischen Musikers findet sich das gesamte Spektrum | |
| des Lebens zwischen Politik und Liebe, Spaß und Spiritualität, immer | |
| unterlegt mit treibenden Grooves und angefeuert durch ausufernde Soli auf | |
| den feinperlenden Metallplättchen des Vibrafons. | |
| Der Weg von Roy Ayers zu seinem Instrument scheint vorbestimmt gewesen zu | |
| sein. Geboren 1940 in Los Angeles erhielt er bereits im Alter von fünf | |
| Jahren ein Paar Schlägel, und zwar von niemand Geringerem als Swing-Star | |
| Lionel Hampton. Ayers wuchs in einem musikalischen Haushalt auf, lernte | |
| zunächst Klavier und sang im Kirchenchor. Mit 17 erhielt er sein erstes | |
| Vibrafon und übte exzessiv. In den 1960ern spielte er Sessions und nahm | |
| 1963 sein Debüt „West Coast Vibes“ auf. | |
| Flötist Herbie Mann holte ihn in seine Combo und brachte Ayers nach New | |
| York. Soloaufnahmen bei Atlantic folgten, bis Ayers 1970 zum Major Label | |
| Polydor kam. Dort veröffentlichte er unzählige Platten mit seiner Band | |
| Ubiquity und als Solist, darunter Werke wie „He’s Coming“ und den | |
| Blaxploitation-Soundtrack „Coffy“, die seinen Ruhm begründeten. | |
| ## Von Jazz zu Disco | |
| In den frühen 1970ern änderte Ayers seinen Stil grundlegend, weg vom | |
| Souljazz hin zu Funk und schließlich zu Disco. Ayers begann zu singen, | |
| produzierte seine Platten selbst und behielt die Masterbänder – ein | |
| Kapital, von dem er in seinen späteren Jahren durch | |
| Archivveröffentlichungen profitieren konnte. | |
| Auf seinen Alben mischen sich Tanznummern wie „Love Will Bring Us Back | |
| Together“ und sexy Schlafzimmerballaden („Gotta Find a Lover“) mit Liedern | |
| politischer Botschaft von Panafrikanismus („Red Black And Green“) und | |
| Schwarzem Stolz („Shining Symbol“). Eine bitterböse Kritik am | |
| amerikanischen Traum formulierte Ayers mit dem Lied „The American Promise“. | |
| Ende der 1970er tourte er mit [1][Fela Kuti,] was sich in | |
| Afrobeat-Einflüssen in seiner Musik widerspiegelte. Er gründete Uno | |
| Melodic, seine eigene Plattenfirma. Mit „Lots of Love“ brachte er dort 1983 | |
| eines seiner besten Alben heraus. | |
| In den 1980er Jahren machen ihn seine Kinder auf erste Samples in Raptracks | |
| aufmerksam. Und auch die Rare-Groove- und Acid-Jazz-Szene Londons feiert | |
| ihn als ihren Paten. Roy Ayers fühlte sich geehrt und gab die Verwendung | |
| seiner Lieder großzügig frei, was ihn zu einem der meistgesampelten Musiker | |
| in HipHop, House und R&B machte. | |
| ## Raum für Improvisation | |
| Doch er verwies die jüngere Generation immer wieder auf die Prinzipien von | |
| Jazz. Als er mit dem Rapper Guru und dessen Jazz-HipHop-Projekt Jazzmatazz | |
| tourte, forderte er Raum für Improvisation ein, vergeblich, bis er sich von | |
| der Konzertreise verabschiedete. Bis ins hohe Alter auf der Bühne, befand | |
| er sich vor zwei Jahren auf Abschiedstour in Europa. Zu den Höhepunkten | |
| seiner Auftritte zählte immer sein bekanntestes Stück „Everybody Loves the | |
| Sunshine“, dessen Text er zu einem unendlichen Call-und-Response-Spiel | |
| ausdehnen konnte. | |
| Wie nun bekannt wurde, ist Roy Ayers am 4. März im Alter von 84 Jahren nach | |
| langer Krankheit in New York gestorben. | |
| 9 Mar 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Sven Beckstette | |
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