# taz.de -- Steuerung der Photovoltaik: Worauf sich Betreiber von Solaranlagen … | |
> Solarkraft ist so erfolgreich, dass sie teils das Stromnetz überlastet. | |
> Die wichtigsten Fragen und Antworten dazu, was jetzt hilft. | |
Bild: Kleine und kleinste Solaranlagen tragen zur Energiewende bei, aber überl… | |
Was ist das Problem? | |
Wenn die Sonne auf die Dächer scheint, speisen viele kleine | |
Photovoltaikanlagen ihren Strom ins Netz. Sie helfen dabei, [1][den | |
deutschen Strom klimafreundlicher zu machen] – nur kommt der Ausbau der | |
Stromnetze dem massiven Zubau von Solaranlagen in den vergangenen zwei | |
Jahren nicht hinterher. So gibt es oft Strom, für dessen Transport die | |
Kapazität fehlt. | |
Größere Kraftwerke kann der Netzbetreiber temporär abschalten lassen, um | |
einer solchen Überlastung der Netze entgegenzuwirken. „Abregeln“ nennt man | |
das. Auf kleine Solaranlagen haben die Netzbetreiber bislang oft technisch | |
keinen Zugriff. | |
In Deutschland wurde kürzlich die Marke von 100 Gigawatt an installierter | |
Photovoltaik überschritten. Allein im Jahr 2024 wurden 17 Gigawatt | |
zugebaut, mehr als je zuvor. Von der derzeit installierten Anlagenleistung | |
machen nach Zahlen des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW-Solar) die | |
steuerbaren Großanlagen rund 63 Gigawatt aus. Es bleiben somit 37 Gigawatt | |
an nicht steuerbaren Kleinanlagen. | |
Diese Leistungsangaben sind allerdings nur ein theoretischer Höchstwert. In | |
der Praxis erreicht der gesamte Anlagenpark nur maximal 60 Prozent seiner | |
Nennleistung, weil beispielsweise manche Anlagen auf die Morgensonne | |
ausgerichtet sind, andere auf die Nachmittagssonne. | |
In der Praxis können die Kleinanlagen derzeit bis zu 22 GW unkontrolliert | |
ins Netz speisen. Zwar liegen sie damit bislang noch deutlich unterhalb des | |
mittäglichen Stromverbrauchs von mindestens 40 bis 42 GW. Trotzdem kommt es | |
längst zu regionalen Überlastungen im Verteilnetz. Aktuell lassen sich die | |
Engpässe zumeist noch beheben, indem große PV-Anlagen abgeregelt werden. | |
Doch wenn weiterhin in hohem Tempo nicht steuerbare Kleinanlagen | |
hinzukommen, können sie zum Problem für die Netzstabilität werden. | |
Wenn der Strom nicht abtransportiert werden kann, könnte man ihn doch vor | |
Ort [2][für später speichern]. Hilft es, wenn alle, die zu Hause eine | |
Solaranlage haben, sich Stromspeicher zulegen? | |
Kaum. Erstens sind solche Heimspeicher dafür meistens zu klein, zweitens | |
werden sie in der Regel so betrieben, dass sie den Eigenverbrauch | |
optimieren. Zur sommerlichen Mittagszeit, wenn die Solarstromerzeugung | |
ihren Spitzenwert erreicht, sind die privaten Batteriespeicher häufig | |
bereits voll – der Mittagsstrom geht dann wieder komplett ins Netz. | |
Was tut der Gesetzgeber? | |
Die Regierungsfraktionen von SPD und Grünen haben den Entwurf eines | |
„Gesetzes zur Änderung des Energiewirtschaftsrechts zur Vermeidung von | |
temporären Erzeugungsüberschüssen“ vorgelegt. Der Bundesverband der | |
Energie- und Wasserwirtschaft erklärte kürzlich im Bundestagsausschuss für | |
Klimaschutz und Energie, die Gesetzesnovelle müsse „dringend“ noch in | |
dieser Legislaturperiode umgesetzt werden, um die „PV-Spitzenproblematik | |
abzumildern“. Das aber wird knapp: Der letzte Sitzungstermin des Bundestags | |
vor der Wahl ist am 11. Februar. | |
Wie kann man solche temporären Strom-Überschüsse verhindern? | |
Vor allem geht es um die Fernsteuerbarkeit von PV-Anlagen. Damit die | |
Netzbetreiber Zugriff haben, müssen die Sonnenkraftwerke mit einem | |
intelligenten Messsystem und einer Steuerungseinrichtung ausgestattet sein. | |
Bislang müssen neue PV-Anlagen erst ab einer Spitzenleistung von mehr als | |
25 Kilowatt fernsteuerbar sein. | |
Anlagen unterhalb dieser Leistungsgrenze speisen heute in der Regel noch | |
ihren gesamten Strom ein, sofern er nicht unmittelbar im Gebäude genutzt | |
wird. Der vorliegende Gesetzentwurf sieht vor, dass Neuanlagen bereits ab | |
sieben Kilowatt durch die Verteilnetzbetreiber gesteuert werden können. | |
Ändert sich auch etwas für die Solaranlagen, die es schon gibt? | |
Ja, bis Ende 2032 sollen auch Bestandsanlagen steuerbar sein. Im aktuellen | |
Entwurf des Messstellenbetriebsgesetzes liegt die Grenze für die | |
verpflichtende Steuerbarkeit bei ebenfalls sieben Kilowatt. Binnen der | |
nächsten acht Jahre sollen somit 90 Prozent der installierten PV-Leistung | |
auf Stand sein. | |
Auf diese Weise soll die Stromwirtschaft in einem zukünftigen Smart-Grid – | |
englisch für „intelligentes Netz“ – Zugriff auf alle sogenannten | |
Energiewendeanlagen erhalten, wozu neben Stromerzeugern auch Wärmepumpen | |
und Ladesäulen zählen. Abregeln heißt übrigens nicht, dass die Betreiber | |
der betroffenen Anlagen einfach leer ausgehen. Sie haben einen Anspruch auf | |
Entschädigung. | |
Immer häufiger [3][treten bei einem zu großen Stromangebot negative | |
Strompreise auf]. Das heißt: Im Großhandel fallen die Preise unter null, | |
Stromeinspeisen kostet, statt Geld einzubringen. Was bedeutet das für | |
Anlagenbetreiber? | |
Aktuell entfällt für Anlagen mit einer installierten Leistung von mehr als | |
400 Kilowatt die Vergütung gemäß Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), sobald | |
der Preis am Spotmarkt für die Dauer von mindestens drei aufeinander | |
folgende Stunden negativ ist. Künftig wird für diese Anlagen die | |
Einspeisevergütung in ausnahmslos allen Stunden mit negativen Preisen | |
entfallen. Zugleich soll die Leistungsgrenze, von der an diese Regel gilt, | |
auf 100 Kilowatt gesenkt werden. | |
Zudem sollen auch Betreiber von Anlagen, die auch bei negativen | |
Strompreisen Vergütung erhalten (aufgrund geringer Anlagengröße oder | |
aufgrund von alten EEG-Verträgen), in Zukunft freiwillig darauf verzichten | |
können. Im Gegenzug sollen sie in Zeiten positiver Strompreise höhere | |
Beträge bekommen. | |
Ein Detail wird sich außerdem ändern: Da an den europäischen Spotmärkten | |
künftig der Strom im vortägigen Handel („Day-ahead-Markt“) nicht mehr in | |
stündlichen Blöcken, sondern für jede Viertelstunde gehandelt wird, | |
entfällt auch die Einspeisevergütung in jeder Viertelstunde mit negativen | |
Preisen. | |
Lohnen sich neue PV-Anlagen noch angesichts dessen, dass negative | |
Börsenpreisen häufiger werden? | |
Die Streichung der EEG-Förderung zu Zeiten negativer Strompreise könne „ein | |
geeignetes Instrument sein, um zu starke Einspeisespitzen erneuerbarer | |
Energien zu glätten“, räumt auch der BSW-Solar ein. Zugleich warnt der | |
Branchenverband aber, dass dieser Schritt „die Wirtschaftlichkeit, | |
Kalkulierbarkeit und somit die Investitionsbereitschaft für PV-Anlagen“ | |
gefährden könne. | |
Dem soll ein Kompensationsmechanismus im Gesetzentwurf abhelfen: Die | |
Vergütung zum Ende der 20-jährigen Laufzeit soll auf Basis der Anzahl der | |
angesammelten Stunden mit negativen Preisen verlängert werden. | |
27 Jan 2025 | |
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## AUTOREN | |
Bernward Janzing | |
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