# taz.de -- Energieversorgung: Laut einer Studie wären fünf Preiszonen ideal | |
> Der Strompreis im deutschen Großhandel kennt bislang keine regionale | |
> Differenzierung. Die Übertragungsnetzbetreiber wollen das ändern. | |
Bild: Starkstromleitung bei Pforzheim mit Autobahn und Bäumen | |
Freiburg taz | Deutschlands Strommarkt müsste idealerweise in bis zu fünf | |
regionale Zonen aufgeteilt werden. Zu diesem Ergebnis kommt eine von den | |
europäischen Übertragungsnetzbetreibern am Montag nach jahrelangen | |
Vorarbeiten präsentierte Analyse der europäischen Großhandelsmärkte. | |
Aktuell nämlich gibt es in Deutschland – anders als etwa in Norwegen und | |
Schweden – an der Strombörse nur einen landesweiten Einheitspreis. An | |
welchem Ort Stromerzeuger und -verbraucher ansässig sind, spielt bei diesem | |
Konzept keine Rolle. [1][Das führt immer wieder zu erheblichen | |
Marktverwerfungen.] | |
Politisch ist das ein heißes Eisen, weil eine Aufspaltung in mehrere Zonen | |
dazu führen würde, dass der Strompreis je nach örtlichem Angebot und | |
örtlicher Nachfrage regional zeitweise unterschiedlich hoch sein kann. Die | |
Politik schreckt deswegen davor zurück: „Wir halten an einer einheitlichen | |
Stromgebotszone fest“, heißt es auch im aktuellen Koalitionsvertrag von | |
CDU/CSU und SPD. Spötter nennen dies „das Prinzip Kupferplatte“: Man tut | |
einfach so, als könne der Strom jederzeit in jeder Menge von überall an | |
jeden Ort im Land fließen. | |
Weil das natürlich nicht der Fall ist, zeigen die Analysen der | |
Stromwirtschaft, dass eine Aufteilung der deutschen Preiszone (die auch | |
Luxemburg umfasst) in fünf Regionen unter den analysierten Alternativen | |
wirtschaftlich am besten abschneidet. Grob betrachtet, würde in diesem Fall | |
eine Zone Baden-Württemberg, Bayern und Hessen umfassen, die zweite von der | |
Pfalz bis Nord-Rhein-Westfalen reichen, die dritte Niedersachsen, die | |
vierte Schleswig-Holstein und die fünfte die ostdeutschen Länder abdecken. | |
Ein solcher Neuzuschnitt des Stromgroßhandels wäre freilich mit Aufwand | |
verbunden. Deshalb plant der europäische Dachverband der | |
Transportnetzbetreiber, Entso-E, drei bis fünf Jahre für die Umsetzung ein. | |
Die anschließende Amortisationszeit, bis sich die Umstellung also rechnet, | |
nimmt der Entso-E mit vier bis neun Jahren an. | |
Zwar räumt der Entso-E ein, [2][dass sich die Verhältnisse zum Beispiel | |
durch Netzausbau wieder verändern werden]. Gleichwohl ist unter | |
Energieökonomen die grundsätzliche Erkenntnis, dass eine von erneuerbaren | |
Energien geprägte Stromwirtschaft an regional differenzierten Preisen kaum | |
vorbeikommt, weitgehend unstrittig. „Lokale Preise sind notwendig, um | |
Erzeuger, Speicher, Elektroautos, industrielle Flexibilitäten, Importe und | |
Exporte zu koordinieren“, sagt etwa Lion Hirth, Professor für | |
Energiepolitik an der Hertie School in Berlin. | |
Ein plastisches Beispiel, wie Stromspeicher durch falsche Preissignale | |
fehlgeleitet werden, liefert immer wieder das Schluchseewerk im | |
Schwarzwald: Das Pumpspeicherkraftwerk pumpt nämlich Wasser den Berg | |
hinauf, wenn Strom in Gesamtdeutschland im Überfluss vorhanden und damit | |
billig ist – selbst dann, wenn zugleich im Südwesten ein Engpass herrscht | |
und Strom dort eigentlich teuer sein müsste. Ökonomen sprechen von | |
Fehlallokationen. | |
Nach dem nun vorliegenden sogenannten „Bidding Zone Review“ muss | |
Deutschland in Zusammenarbeit mit den vier hiesigen | |
Übertragungsnetzbetreibern innerhalb von sechs Monaten einen nationalen | |
oder multinationalen Aktionsplan erstellen, oder aber die Konfiguration | |
seiner Gebotszone überprüfen und anpassen. Entscheidet sich Deutschland für | |
eine Änderung der Gebotszone, muss zusammen mit den betroffenen | |
Nachbarländern innerhalb von sechs Monaten darüber einstimmig entschieden | |
werden. Gelingt der Konsens nicht, übernimmt die Europäische Kommission das | |
Verfahren und entscheidet darüber nach Rücksprache mit Acer, dem Verband | |
der europäischen Regulierungsbehörden im Strommarkt, binnen sechs Monaten. | |
Vor allem die südlichen Bundesländer, die tendenziell knapp mit Strom | |
versorgt sind, stellen sich bereits gegen die Pläne – die | |
Parteizugehörigkeit rückt dabei in den Hintergrund. Bayerns | |
Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sagte kürzlich: „Unser Land darf nicht | |
gespalten werden.“ Für Baden-Württemberg teilte das grün geführte | |
Umweltministerium mit, es sei „der Erhalt der einheitlichen deutschen | |
Stromgebotszone einer Trennung vorzuziehen“; die vorgestellte Analyse sei | |
„keine belastbare Grundlage“ für einen Split der Einheitszone. | |
Doch seit Montag ist klar, dass regionale Partialinteressen in den | |
Hintergrund rücken und eine entscheidende Rolle im weiteren Verlauf die EU | |
spielen wird – und mehr als bisher auch die Physik. | |
29 Apr 2025 | |
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## AUTOREN | |
Bernward Janzing | |
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