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# taz.de -- Lobbyismus in der Politik: Spitzenreiter Finanzbranche
> Nicht die Autoindustrie gibt am meisten für Lobbyismus im Bundestag aus,
> sondern die Finanzbranche. Wofür lobbyiert wird, ist seit März
> transparenter.
Bild: Frankfurter Finanzzentrum: aus der Finanzbranche kommen die meisten Lobby…
Berlin dpa | Banken, Versicherungen und Vermögensverwalter geben
Millionenbeträge aus, um mit Hunderten Lobbyist*innen Einfluss auf
Gesetze im Bundestag zu nehmen. Nach einer Auswertung der Bürgerbewegung
Finanzwende ist keine andere Branche unter den 100 finanzstärksten
Lobbyakteur*innen so stark vertreten wie die Finanzbranche. Das gehe
aus dem öffentlich einsehbaren Lobbyregister des Bundestags hervor,
erklärte der Verein.
Demnach sind zehn der einhundert Lobbyakteur*innen mit den größten
Budgets [1][Banken, Versicherungsunternehmen und Investmentgesellschaften].
Zusammen kämen sie auf jährliche Lobbyausgaben von fast 40 Millionen Euro
und 442 namentlich im Register genannten Lobbyist*innen.
Die in Deutschland traditionell starke Autolobby sei dagegen nur mit sechs
Einträgen und einem Lobbybudget von knapp 18 Millionen Euro unter den Top
100 vertreten, die Chemielobby mit fünf Einträgen und rund 21 Millionen
Euro Ausgaben für Kontaktpflege und den Versuch, die Politik zu
beeinflussen.
Das Lobbyregister wird seit 2022 auf der Internetseite des Deutschen
Bundestags geführt. Es soll sichtbar machen, wer Einfluss auf politische
Entscheidungen und die Gesetzgebung nimmt. Professionelle
Interessenvertreter*innen müssen sich dort eintragen.
Sie müssen Angaben unter anderem über ihre Auftraggeber und Themenfelder
sowie zum personellen und finanziellen Aufwand ihrer Lobbytätigkeit bei
Bundestag und Bundesregierung machen. Sie sind verpflichtet, sich an einen
vorgegebenen Verhaltenskodex zu halten.
Seit März 2024 müssen sie auch angeben, auf welches konkrete
Gesetzgebungsvorhaben sie Einfluss nehmen wollen. Außerdem sollen sie
Kernpunkte ihrer Forderungen im Lobbyregister hochladen. Lobbyist*innen
müssen nun auch angeben, wenn sie nicht die Interessen ihres eigentlichen
Auftraggebers vertreten, sondern die einer dritten Seite. Und wenn Mandats-
und Amtsträger*innen ins Lager der Lobbyist*innen wechseln, müssen
sie aktuelle und frühere Ämter und Mandate offenlegen.
Aktuell sind fast 6.000 Unternehmen, Verbände, Organisationen, Netzwerke,
Einzelpersonen und andere im Register angemeldet. Die Zahl der benannten
Beschäftigten, die die Interessenvertretung unmittelbar ausüben, liegt bei
mehr als 27.000.
Die Verschärfung der Anzeigepflichten habe zu einem „massiven
Transparenzgewinn“ geführt, erklärte Finanzwende. „Durch das verbesserte
Lobbyregister wird endlich mehr von dem sichtbar, was früher im Verborgenen
stattfand. Wir sehen die Bandbreite der Einflussnahme durch die Finanzlobby
und leider auch, wie erfolgreich sie ist“, sagte Geschäftsführer Daniel
Mittler.
Auch bestimmte Seitenwechsel von der Politik in die Finanzlobby seien jetzt
sichtbarer, meint der Verein. Lobbyisten müssen nun angeben, ob sie in den
letzten fünf Jahren im Bundestag, in der Regierung oder der
Bundesverwaltung tätig waren. Bekannte Ex-Politiker oder Mitarbeiter von
Abgeordneten sind für die Finanzlobby mit ihren Insider-Kenntnissen über
die Abläufe in Ministerien und Bundestag Gold wert.
Spitzenreiter bei den Lobbyausgaben ist der Auswertung zufolge weiterhin
der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). „Niemand
gibt über alle Branchen hinweg mehr Geld für die Beeinflussung von
Bundestag und Bundesregierung aus als die Dachorganisation der
Versicherer“, heißt es bei Finanzwende.
Der Verband vertritt die Interessen von Versicherungsunternehmen und
investiert dafür jährlich rund 15 Millionen Euro. 93 namentlich genannte
Lobbyist*innen zogen für den GDV die Strippen und beteiligten sich von
März bis November an 86 Gesetzen und Verordnungen.
„Wer über [2][so viele Ressourcen verfügt wie die Finanzlobby], kann
Dutzende politische Prozesse gleichzeitig begleiten. Im Lobbyregister ist
die Dauerberieselung von Abgeordneten zu sehen“, erklärte Mittler. „Es ist
völlig klar, dass zivilgesellschaftliche Organisationen einen
vergleichbaren Aufwand nicht betreiben können.“
Auch die Bürgerbewegung Finanzwende, die die Lobbyarbeit der Branche
auswertete, ist im Register als Lobbyistin eingetragen. Angegeben sind ein
Budget von 130.000 bis 140.000 Euro und zwölf Interessenvertreter*innen.
Finanzwende schrieb demnach Stellungnahmen bei drei politischen Vorhaben,
[3][unter anderem zur Kapitalmarktunion].
3 Jan 2025
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