# taz.de -- Einigung über die Zukunft von VW: Die Sozialpartnerschaft ist vore… | |
> Arbeitnehmer und Arbeitgeber haben sich im Streit um die Zukunft bei VW | |
> geeinigt. IG Metall und Betriebsrat konnten die schlimmsten Pläne | |
> abwehren. | |
Bild: Die Beschäftigten bei VW wird vorerst niemand betriebsbedingt entlassen | |
Die IG Metall und der Betriebsrat konnten Werksschließungen bei VW | |
abwenden. Das ist gut. Dass sie betriebsbedingte Kündigungen abwenden | |
konnten, ist sogar eine sehr gute Nachricht. Auch tiefe Einschnitte in die | |
monatlichen Entgelte, wie sie das Managment durchsetzen wollte, konnten die | |
Arbeitnehmervertreter abwenden. Damit retten sie in den längsten | |
Verhandlungen der Konzerngeschichte nicht nur die Existenzen von | |
zehntausenden Beschäftigten und deren Familien. Vermutlich haben sie auch | |
den [1][Wolfsburger Autobauer] vor einem großen Fehler bewahrt. Denn sparen | |
rettet nicht sein Geschäftsmodell. | |
Im September präsentierte das Volkswagen-Management den Sparhammer: Weil | |
europaweit derzeit die Nachfrage für die Produktion von jährlich 500.000 | |
Autos fehlt, wollten sie Werksschließungen, Massenentlassungen und | |
pauschale Lohnkürzungen von 10 Prozent durchsetzen. Sie kündigten dafür | |
alle Tarifverträge, was einer Aufkündigung der Sozialpartnerschaft im | |
Konzern gleichkam, die bisher von einem großen Mitspracherecht des | |
Betriebsrats geprägt war. Nur gut, dass die IG Metall dieses Modell vorerst | |
wieder gerettet hat. | |
Die IG Metall hat das Schlimmste abgewendet. Sie hat mit ihren | |
[2][Warnstreiks] erfolgreich ihre roten Linien verteidigt. Nun gibt eine | |
Beschäftigungsgarantie bis 2030. Dennoch ist der Preis hoch: Auch wenn es | |
bis dahin zu keinen Kündigungen kommt, sollen 35.000 Arbeitsplätze abgebaut | |
werden. Zudem verzichten die Beschäftigten auf Sonderzahlungen und das | |
jüngste Tarifergebnis der Metall- und Elektrobranche wird zwar in den | |
Haustarif übernommen, doch kommt das Geld nicht den Beschäftigten zugute, | |
sondern fließt bis 2030 in einen Fonds zur Beschäftigungssicherung. | |
Dabei ist fraglich, ob eine stärkere Kosten- und Lohndrückerei dem Konzern | |
überhaupt nachhaltig geholfen hätte. Zwar fehlt VW in der Tat ein | |
kostengünstiges Elektromodell. Doch letztlich ist der Konzern nicht wegen | |
seiner Personalkosten in Schieflage geraten, sondern weil er technologische | |
Entwicklungen verschlafen hat und von der chinesischen Konkurrenz überholt | |
wurde. Volkswagen hat nie das Rennen gemacht, indem der Autobauer billiger | |
als andere war, sondern hochwertiger. Deswegen hat der Konzern nur eine | |
Chance, wenn er investiert und qualitativ aufholt. | |
Insofern war es vielleicht für das Management verlockend, den Sparhammer zu | |
schwingen, doch letztlich auch kurzsichtig, weil es zur Produktion | |
hochwertiger Waren vor allem eins braucht: motivierte Beschäftigte, die | |
diese fertigen. Und die sind vor allem dann motiviert, wenn sie gute | |
Gehälter und Arbeitsbedingungen haben. | |
Zudem sind gute Gehälter auch ökonomisch wichtig, auch wenn sie manchem | |
Finanzvorstand vielleicht ein Dorn im Auge sind. Denn sie sorgen für eine | |
kräftige Nachfrage und [3][halten damit die Volkswirtschaft am Laufen]. | |
Insofern haben Betriebsrat und IG Metall nicht nur die Sozialpartnerschaft | |
bei VW gerettet. Sie haben auch ein Zeichen gesetzt, dass die | |
Transformation sozial verträglicher gestaltet werden kann, als die | |
Chefetagen gerne hätten. Doch IG Metall und Gewerkschaften haben auch | |
gezeigt, dass dies erstmal erkämpft werden muss. | |
20 Dec 2024 | |
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## AUTOREN | |
Simon Poelchau | |
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