# taz.de -- Bankkarten für Geflüchtete: Bezahlkarte – rassistisch oder smar… | |
> In Hessen und Baden-Württemberg werden Bankkarten für Geflüchtete | |
> ausgegeben. Flüchtlingsinitiativen kritisieren das Bargeldlimit. | |
Bild: In der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen wurden die Bezahlkarten berei… | |
FRANKFURT/KARLSRUHE taz | Zum neuen Jahr führen mehrere Bundesländer die | |
umstrittene Bezahlkarte für Geflüchtete ein, darunter Nordrhein-Westfalen, | |
Brandenburg oder Sachsen. Etwas früher dran sind Baden-Württemberg und | |
Hessen, wo die Bezahlkarte bereits seit Dezember ausgegeben wird. In Hessen | |
erfolgt die Verteilung seit vergangener Woche in der | |
Erstaufnahmeeinrichtung des Landes an Asylsuchende, im Anschluss soll die | |
Karte flächendeckend in den Kommunen eingeführt werden. | |
Mit der Einführung der Bezahlkarte habe die schwarz-rote Landesregierung | |
Wort gehalten und trotz eines Rechtsstreits und einer daraus resultierenden | |
Verzögerung im Vergabeverfahren noch in diesem Jahr in Hessen umgesetzt, | |
erklärte Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU). Auf eine bundesweite | |
Bezahlkarte hatten sich die Länder bereits im November 2023 geeinigt, die | |
Einführung hatte sich zuletzt mehrfach verschoben. | |
Die Bezahlkarte sei ein zentrales Instrument zur Begrenzung irregulärer | |
Migration, so Rhein. Gleichzeitig werde damit auch das Geschäft der | |
Schlepper bekämpft. „So wird sichergestellt, dass die Leistungen dem Zweck | |
dienen, für den sie gedacht sind, nämlich der Sicherung des | |
Lebensunterhalts der Empfängerinnen und Empfänger in Deutschland“, so | |
Rhein. | |
Hessens Sozialministerin Heike Hofmann (SPD) hob hervor, dass man auch beim | |
Thema Diskriminierungsfreiheit Wort gehalten habe: Die Karte sei im Design | |
vollkommen neutral gehalten und sehe aus wie eine gängige Kredit- oder | |
Bankkarte, „sodass Nutzerinnen und Nutzer nicht stigmatisiert werden“. | |
## Frankfurter Bündnis bietet Bargeldtausch an | |
Doch nicht alle teilen diese Einschätzung. Das hessenweite Bündnis | |
„Frankfurt sagt Nein zur Bezahlkarte“ übt scharfe Kritik. „Die Bezahlkar… | |
ist ein weiterer Baustein einer rassistischen und menschenverachtenden | |
Asyl- und Geflüchtetenpolitik“, erklärte die Sprecherin des Bündnisses, | |
Johanna Stoll. Die Karte sei Teil rechtspopulistischer Symbolpolitik, die | |
das Leben von Geflüchteten in Deutschland weiter erschweren solle. | |
Das Bündnis kündigte außerdem die Einrichtung von Wechselstuben in | |
Frankfurt am Main an. Dort können Asylsuchende Einkaufsgutscheine, die sie | |
etwa in Supermärkten oder Drogerien mit der Bezahlkarte erwerben, gegen | |
Bargeld eintauschen. Ähnliche Tauschaktionen gibt es bereits in zahlreichen | |
Städten, darunter Erfurt, Hamburg, Nürnberg und München. | |
Auch in Baden-Württemberg wird die Bezahlkarte bereits schrittweise | |
verteilt. Der zuständige Staatssekretär im Justizministerium Siegfried | |
Lorek (CDU) hat die ersten Karten höchstselbst in einer Erstaufnahme im | |
Landkreis Karlsruhe an Geflüchtete ausgegeben. | |
Einzelne Kreise im Südwesten hatten schon vorher eine Debitkarte für | |
Geflüchtete eingeführt und das vor allem mit dem Verwaltungsaufwand | |
begründet. Der Landkreis Ortenau beispielsweise gibt seit Anfang 2024 an | |
alle Asylsuchenden ohne eigenes Konto eine „Socialcard“ aus. Die Karte hat | |
im Kreis kein Bargeldlimit, Überweisungen sind damit allerdings nicht | |
möglich. Der Landkreis habe mit den Karten durchweg positive Erfahrungen | |
gemacht, erklärt ein Sprecher des Landratsamts. | |
## Flüchtlingshilfe kritisiert neue Karte | |
Dies bestätigt auch die regionale Flüchtlingshilfe: Die „Socialcard“ habe | |
sich trotz anfänglicher Skepsis als praktikable Lösung erwiesen, sagt | |
Heribert Schramm, Koordinator der Flüchtlingshilfe Rebland. Bei der neu | |
eingeführten Bezahlkarte sieht er vor allem die Beschränkung beim Abheben | |
auf 50 Euro kritisch. Sie sei schädliche Symbolpolitik und behindere die | |
Integrationsarbeit massiv. | |
Die ersten Urteile von Sozialgerichten wie etwa in Hamburg haben | |
Baden-Württemberg dazu veranlasst, das Bargeldlimit in besonderen Fällen | |
auf Antrag des Geflüchteten zu erhöhen. Laut Staatssekretär Lorek ist die | |
mit einem formlosen Antrag bei der Ausländerbehörde möglich. Die | |
Flüchtlingshilfen fürchten dagegen, dass diese Regelung zu unnötigem | |
bürokratischem Aufwand führt. | |
22 Dec 2024 | |
## AUTOREN | |
Benno Stieber | |
Yağmur Ekim Çay | |
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