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# taz.de -- Streit um Russland in der AfD: Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato…
> Laut AfD-Chef Chrupalla hat Russland den Ukraine-Krieg bereits gewonnen.
> Die deutsche Nato-Mitgliedschaft stellt er infrage. Teile der AfD sind
> empört.
Bild: Ein Blumenstrauß von Putin? Redlich verdient hätte sich ihn die AfD-Spi…
Berlin taz | Der AfD-Vorsitzende Tino Chrupalla steht wegen seiner
[1][notorischen Russlandnähe] mal wieder in der Kritik. In der
AfD-Fraktionssitzung am Dienstag hat es nach einem [2][Interview von ihm in
der Welt] eine rund 90-minütige Aussprache gegeben. In dem Interview hatte
er wörtlich behauptet: „Russland hat diesen Krieg gewonnen.“ Ebenso brachte
er mit viel Kreml-Sound einen Nato-Austritt Deutschlands ins Spiel und hat
damit sowohl in der AfD-Fraktion als auch der Anhängerschaft für einigen
Unmut gesorgt.
Ein Verteidigungsbündnis müsse die Interessen aller europäischen Länder
akzeptieren, auch die von Russland, sagte Chrupalla in der Welt. Wenn die
Nato das nicht sicherstellen könne, müsse „sich Deutschland überlegen,
inwieweit dieses Bündnis für uns noch nutzbringend ist“. In der
Vergangenheit hatte Chrupalla bereits häufiger im Reichsbürger-Sound
geraunt, dass Deutschland nicht souverän sei. Im Interview argumentierte er
ähnlich: „Bislang ist Europa [3][gezwungen, die Interessen Amerikas
umzusetzen], das lehnen wir ab.“
Kritik über Parteigrenzen hinweg war Chrupalla danach sicher. Der
CDU-Abgeordnete [4][Carsten Müller nannte ihn einen „Putin-Jünger“] und d…
AfD „vaterlandslose Gesellen“. Der SPD-Politiker Andreas Schwarz sagte:
[5][„Die AfD ist ein Sicherheitsrisiko für Deutschland“]. Der
Politikwissenschaftler und Experte für Sicherheitspolitik, Joachim Krause,
bekundete, Chrupalla verhalte sich „wie ein russischer Einflussagent“.
Aber es gab auch intern heftige Kritik: Aus der AfD-Fraktion war von
unterschiedlichen Stellen zu hören, dass sich viele Abgeordnete in einer
eineinhalbstündigen Diskussion über die strittigen Zitate Chrupallas
kritisch geäußert und dabei den Fraktions- und Parteivorsitzenden
ungewöhnlich scharf angegriffen hätten. Kritisiert worden sei er dabei
vorrangig von Bundeswehrsoldaten in der Fraktion wie Joachim Wundrak,
Rüdiger Lucassen, Jan Nolte, aber auch vom JA-Chef Hannes Gnauck. Auf die
Tagesordnung hatte der Generalleutnant a.D. Wundrak den Punkt gesetzt.
## Interne Mail zeugt von 90-minütigem Streit
Nur wenige der üblichen Putin-Versteher hätten Chrupalla während der
Fraktionssitzung in Schutz genommen: Etwa Rainer Rothfuß, der sich erst
kürzlich [6][zu einer Konferenz in russische Sotchi einladen ließ], um dort
den russischen Ex-Präsidenten und bellizistischen Scharfmacher Dimitri
Medwedew zu treffen, der unter anderem schon [7][Atomschläge gegen Berlin
gefordert hatte].
Ebenso habe Jürgen Pohl den Fraktionschef Chrupalla in Schutz genommen.
Pohl hatte zuletzt auch für Kanzler Olaf Scholz (SPD) in der
Vertrauensfrage gestimmt, weil er ihn in der Russlandfrage für das
geringere Übel hielte, als Friedrich Merz (CDU) – dieser wolle schließlich
Taurus-Raketen in die Ukraine liefern.
Der Streit in der Fraktionssitzung war offenbar so heftig, dass sich der
stellvertretende Bundessprecher und Abgeordnete Peter Boehringer danach am
Dienstagnachmittag noch einmal mit einer Mail an alle AfD-Abgeordneten
wendete. Darin nahm er Chrupalla in Schutz. Die Mail liegt der taz vor.
Darin kritisiert Boehringer, dass sich die in Teilen „faktenfern geführte
Debatte“ in „90 Minuten nicht ein einziges Mal“ an den konkreten
Formulierungen Chrupallas aufgehängt habe. In seinem vollen Wortlaut sei
das „inkriminierte Interview“ gar nicht so schlimm, findet Boehringer,
kritisiert dafür aber „geframte Überschriften“ der Welt – die aber enth…
nur das wörtliche Zitat Chrupallas: „Russland hat diesen Krieg gewonnen“.
Darüber hinaus bestätigt Boehringer in der Mail, dass die Positionen des
Parteichefs für viel Kritik auch in der Anhängerschaft gesorgt haben: „Auch
ich habe wie wir alle dazu kritische Zuschriften von Bürgern bekommen.“
Dennoch halte er die Aussagen Chrupallas im Kontext für wenig verwerflich.
„Niemand muss sich deswegen ‚die Freundschaft aufkündigen‘ lassen. Oder …
sich als ‚Vaterlandsverräter‘ beschimpfen lassen“, so Boehringer.
Kritik an der Nato sei auch AfD-Politikern erlaubt – „sofern sie nicht (was
tatsächlich programmwidrig wäre) mit einer Austrittsforderung aus der Nato
verbunden wird“. Letzteres habe Chrupalla aber nicht getan, so Boehringer.
Auf taz-Anfrage bekräftigte Boehringer, wer Chrupalla „Kreml-Propaganda“
unterstelle, disqualifiziere sich selbst.
Nun ja: Chrupallas jüngste Aussagen fügen sich in ein Gesamtbild ein. Er
besuchte auch [8][zu Kriegszeiten die russische Botschaft] und ließ sich am
Tag der Befreiung am 8. Mai bei einer Kranzniederlegung [9][für russische
Propaganda einspannen]. 2022 verglich er kurz vor dem Überfall auf die
Ukraine bei einer Rede in Russland ernsthaft Hitlers Propaganda mit der
Entnazifizierung der Alliierten in Deutschland – die ‚Reeducation‘ habe
[10][„nachhaltige Auswirkungen auf unsere nationale Identität und Kultur“
gehabt].
Zudem beschäftigt Chrupalla als Grundsatzreferenten Dimitrios Kisoudis,
einen Verfechter eines [11][antiamerikanischen Kurses] gemäß dem
russisch-faschistischen Vordenker Alexander Dugin.
## Weidel schweigt zu Russland
Die AfD-Kanzlerkandidatin und [12][Co-Vorsitzende Alice Weidel] wollte sich
auf taz-Anfrage nicht dazu äußern. In einem Statement im Bundestag im
Beisein von Chrupalla dementierte sie aber wahrheitswidrig, dass dieser den
Nato-Austritt ins Spiel gebracht habe. Ihr sei es wichtig, den
„europäischen Arm in der Nato zu stärken“.
Auch Chrupalla selbst ruderte ein wenig zurück und wollte vom Nato-Austritt
nichts mehr wissen: „Bis zum Aufbau eines europäischen Militärbündnisses �…
bleibe die Nato ein zentrales Element der Sicherheitsstrategie“, zitierte
er aus dem Wahlprogramm.
Stefan Keuter aus dem Arbeitskreis Außen, bekannts für
[13][Pseudo-Wahlbeobachtung in Russland], wiegelte ebenfalls nach der
Fraktionssitzung ab: Die Fraktion habe sich lediglich „ausgesprochen“, das
Ergebnis sei Rückendeckung für Chrupalla gewesen, so Keuter: „Was Chrupalla
gesagt hat, spricht der überwältigenden Mehrheit der Mitglieder aus dem
Herzen.“
Nicht wenige Parteifreunde sehen das deutlich anders. Aus Parteikreisen
heißt es, die von Chrupalla angestoßene Debatte zu Russland und der Nato
komme zu Unzeiten, weil man mit demonstrativer Russlandnähe in
Westdeutschland keine Sympathien gewinnen könne – und dort werde
schließlich die Wahl entschieden.
Zuletzt hatte bereits der Abgeordnete und Berufsmusiker Matthias Moosdorf
für erhebliche Unruhe gesorgt, weil er laut einer [14][t-online-Recherche]
eine Honorarprofessur in Moskau angenommen hat und außerdem aus russischer
Staatsgeldern für ein Konzert bezahlt worden sein soll. Ernste Sanktionen
innerhalb der Fraktion gab es dafür keine.
Chrupalla selbst wollte sich im Nachgang der Fraktionssitzung nicht äußern.
Auf taz-Anfrage sagte er: „Fraktionssitzungen sind interne Sitzungen, dazu
gebe ich keine Auskunft.“
20 Dec 2024
## LINKS
[1] /Die-AfD-und-der-Krieg-in-der-Ukraine/!5844230
[2] https://www.welt.de/politik/deutschland/plus254748196/AfD-Chef-Chrupalla-im…
[3] https://www.bundestag.de/webarchiv/textarchiv/2013/42835651_kw06_kalenderbl…
[4] https://www.zeit.de/politik/deutschland/2024-12/tino-chrupalla-afd-russland…
[5] https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/afd-zweifel-an-nato-chrupa…
[6] /AfD-Abgeordnete-reisten-nach-Russland/!6049991
[7] https://rp-online.de/politik/ausland/krieg_ukraine/dmitri-medwedew-droht-er…
[8] /Gerhard-Schroeder-bei-russischem-Empfang/!5930543
[9] /AfD-und-Russland/!5911068
[10] /Die-AfD-und-der-Krieg-in-der-Ukraine/!5844230
[11] https://www.welt.de/politik/deutschland/plus245553768/Chrupalla-Mitarbeite…
[12] /Kanzlerkandidatin-der-AfD/!6055157
[13] https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/afd-russland-118.html
[14] https://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/innenpolitik/id_100550722/…
## AUTOREN
Gareth Joswig
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