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# taz.de -- Berliner Ausblick auf das neue Jahr: Bleibt es auch 2025 kalt?
> Auch im neuen Jahr muss gespart werden. Freuen können sich dagegen
> Autofahrer über den 16. Bauabschnitt der A 100 und Freundinnen der
> Museumsinsel.
Bild: Lassen sich 2025 nicht vermiesen: Neujahrsbadende im Oranikesee
## Die Zeltstadt bleibt stehen
Eines steht fest: Deutschlands größte Notunterkunft auf dem Gelände des
Ex-Flughafens Tegel wird auch 2025 bestehen bleiben. Zwar hat
Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) wiederholt erklärt, dass sie die
2022 als „Ankunftszentrum“ für Ukrainer konzipierte Zeltstadt
perspektivisch schließen möchte.
Aber es gibt anderswo längst nicht genug Platz für die Menschen, die dort
derzeit leben (rund 3.700; 2.800 weitere Plätze in Tegel sind aktuell
frei). So werden die Großzelte in Tegel nicht abgebaut, sondern 2025
zumindest teilweise durch neue ersetzt werden. Denn die Nutzungsdauer der
ersten Leichtbauhallen ist nach 3 Jahren abgelaufen. Und die Messe Berlin,
die für Bau und Instandhaltung zuständig ist, [1][und an Tegel gut
verdient], kann sich auf ein zusätzliches Geschäft freuen.
Der Grund, warum Tegel bleibt, sind nicht die Flüchtlingszahlen. 2024 waren
es rund 9.700 Ukrainer (2023: 14.000) und 9.900 Asylbewerber (2023:
16.000). Aber es werden weiterhin viel zu wenig neue Flüchtlingsheime
gebaut, zu wenig Bestandsgebäude in Gemeinschaftsunterkünfte umgewandelt –
wie es ja auch sonst viel zu wenig sozialen Wohnungsbau gibt.
Das liegt einmal daran, dass Bauen in Berlin lange dauert. So wurde von den
16 neuen Containerdörfern, die der Senat im März 2024 beschlossen hat und
mit denen über 6.000 neue Plätze geschaffen werden sollen, noch keines
gebaut. 2025 sollen nun sieben bis acht davon realisiert werden. An vielen
Orten gab es zudem Unmut gegen die Neubaupläne, etwa in Lichtenberg, wo
vier neue Containerdörfer geplant waren. Eines hat der Senat auf Druck der
CDU wieder gestrichen.
Vorerst geplatzt ist auch der Umbau eines leer stehenden Bürogebäudes in
der Soorstraße in Westend. Hier sollten 950 Plätze für Flüchtlinge
entstehen, dazu Wohnungen für Studierende. Doch es gab Widerstand von einer
[2][Anwohnerinitiative] – gerüchteweise soll auch Ex-Bild-Chef Julian
Reichelt dort wohnen. Im Dezember verweigerte die CDU im Hauptausschuss die
Entscheidung über die Finanzierung der Soorstraße, ebenso über die
Anmietung weiterer Hotelplätze.
Insgesamt fehlen dem Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten daher nun
4.000 eingeplante Plätze. Die bräuchte man mindestens, um Tegel in
absehbarer Zeit zu schließen. (sum)
## Neuer Haushaltsstreit
Nach dem Haushalt ist vor dem Haushalt. Kaum ist die eine Spardiskussion
ausgestanden, steht die nächste bevor. Denn spätestens im Sommer sollte der
Senat seinen Entwurf für den Doppelhaushalt 2026/27 vorlegen. Er dürfte
erneut für Aufregung sorgen. Dabei ist Berlin vorgewarnt.
So hat Finanzsenator Stefan Evers (CDU) längst angekündigt, dass es bei den
Etats der einzelnen Senatsverwaltungen 2026 und 2027 nicht nur keine
Aufwüchse geben wird, sondern die Budgets auf dem für 2025
heruntergefahrenen Schrumpfniveau eingefroren bleiben. Die Kolleg:innen
in Senat und Abgeordnetenhaus bräuchten gar nicht erst versuchen, mehr
Mittel anzumelden. Die werde es nicht geben, so Evers.
Damit nicht genug: Weil Schwarz-Rot mit dem aufgeblähten aktuellen Haushalt
auch die bislang existierenden Rücklagen des Landes bis Ende 2025
weitgehend verfrühstückt haben wird, müssen angesichts der schwachen
Einnahmenseite weitere Milliarden aufgetrieben werden, um das
Finanzierungsdefizit auszugleichen.
Einfacher formuliert: Mit den drei Milliarden Euro aus der jüngsten
schwarz-roten „Konsolidierungsrunde“ ist das Ende der Fahnenstange längst
nicht erreicht. „Zwei weitere Milliarden liegen noch vor uns“, machte Evers
schon Ende November mit Blick auf den nächsten Doppelhaushalt klar.
Dabei werde „Verwaltungsoptimierung“ eine Rolle spielen – also unter
anderem der Verzicht auf Beschäftigte in den Behörden. Zugleich werde man
aber, so Evers, auch Standards absenken, etwa bei bau- und umweltfachlichen
Festlegungen.
Was er nicht sagte: Natürlich dürfte die SPD wie in der letzten Sparrunde
erneut die Erhöhung der Grunderwerbsteuer um 0,5 Prozent auf 6,5 Prozent
fordern, was dem Land rund 100 Millionen Euro Mehreinnahmen im Jahr bringen
könnte. Und natürlich wird die CDU erneut die generelle Gebührenfreiheit
beim Mittagessen für Grundschüler:innen infrage stellen, die im Jahr
mit über 180 Millionen Euro zu Buche schlägt.
Beides dürfte vom jeweils anderen Koalitionspartner auch diesmal wieder mit
großer Geste abgewiesen werden. Allein deshalb könnte es im Zuge der
Aufstellung des Doppelhaushalts 2026/27 noch zu etlichen Schaukämpfen
kommen.
Einigkeit herrscht immerhin bei einem anderen Thema: dem Plan, die Ausgaben
für die Flüchtlingsversorgung und -unterbringung über Notfallkredite zu
finanzieren. Im Raum steht eine Kreditaufnahme in Höhe von rund einer
Milliarde Euro – unter Umgehung der Schuldenbremse. Voraussetzung hierfür
ist, dass das Abgeordnetenhaus in Sachen Flüchtlingsunterbringung die
Notlage erklärt. Selbst die Grünen und die Linkspartei sind in dieser Frage
mit an Bord. (rru)
## Die neue Autobahn
Makellos sieht sie aus, die Asphaltschicht auf dem jüngsten Abschnitt der A
100 zwischen Dreieck Neukölln und Treptower Park. Die Spuren sind noch
nicht markiert, schneller waren da Berlins Graffitisprayer. Sie haben ihre
Chance ergriffen und die Wände des Trogs, in dem der 16. Bauabschnitt
verläuft, bunt verziert. Bald wird das nicht mehr möglich sein: Laut der
Autobahn GmbH des Bundes wird das Teilstück im 1. Halbjahr 2025 eröffnet.
Realistisch betrachtet rollen hier also frühestens am 30. Juni die Autos,
auf der mit rund 700 Millionen Euro – weit mehr als 200.000 Euro pro Meter
– teuersten Straße Deutschlands. Dass der geplante 17. Bauabschnitt, der
die Spree queren, unter dem Ostkreuz hindurchtauchen und am Rand von
Prenzlauer Berg enden soll, noch teurer würde, ist ausgemachte Sache.
Offenbar prüft das Bundesverkehrsministerium sogar Varianten mit einer
Untertunnelung der Spree. Auch ohne solche Extravaganzen liegen die
geschätzten Kosten schon bei über einer Milliarde Euro.
Die AnwohnerInnen des 16. Abschnitts haben andere Sorgen. Viele befürchten,
dass der Verkehr, der bald bis zum Treptower Park gespült wird, dort für
Chaos sorgt – zumal die Fertigstellung der neuen Elsenbrücke zwischen
Treptow und Friedrichshain noch mehrere Jahre in Anspruch nehmen wird. Die
einspurige Behelfsbrücke dort sorgt aktuell für tägliche Staus.
Andererseits: Ändert sich mit der Autobahn wirklich so viel? Wer von Osten
auf den Stadtring oder zurück will, quetscht sich doch jetzt schon durch
dieses Nadelöhr. Und werden die dunkelroten Stauanzeigen in den
Navigationsapps nicht verhindern, dass AutofahrerInnen die neue Verbindung
für ein bequemes Einfallstor in die östlichen Bezirke halten?
Die VerkehrsstadträtInnen von Friedrichshain-Kreuzberg, Neukölln und
Treptow-Köpenick sind anderer Meinung. Annika Gerold, Jochen Biedermann und
Claudia Leistner (alle grün), erwarten „deutlich mehr Verkehr“ rund um den
Treptower Park und die Elsenbrücke. „Nicht nur werden bestehende
Kfz-Verkehre aus dem Westteil oder dem Südosten der Stadt auf die neue
Autobahn und die nachgelagerten Stadtstraßen gezogen, es werden auch neue
Verkehre induziert“, schreiben sie auf Anfrage der taz. „Es wird
attraktiver, mit dem Kfz zu fahren, statt Alternativen zu nutzen.“
Gleichzeitig sind die drei besorgt, „dass die Navigationsdienste
vermeintlich oder tatsächlich schnelle Verbindungen durch Wohngebiete
anzeigen“ könnten. Zu bestimmten Tageszeiten würden sie dann etwa
empfehlen, die Autobahn bereits an der neuen Anschlussstelle Sonnenallee zu
verlassen.
Gerold, Biedermann und Leistner haben deshalb die Senatsverkehrsverwaltung
schriftlich aufgefordert, ein Gutachten zu erstellen und noch vor Eröffnung
geeignete Maßnahmen zu ergreifen. Die Verkehrsprognosen zur
Planfeststellung stammten aus dem Jahr 2009 und seien in der aktuellen
Situation nicht mehr aussagekräftig. Die Antwort der Verwaltung steht aus.
(clp)
## Neue Waffenverbotszonen
Sie sind ein Herzensprojekt von Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD):
sogenannte Waffenverbotszonen. Am 15. Februar werden Sprangers Träume nun
wahr. Per Rechtsverordnung [3][hat der Senat drei Verbotszonen bestimmt],
die dann in Kraft treten. Bis dahin müssen noch Schilder hergestellt und
angebracht werden.
Im und um den [4][Görlitzer Park] und rund ums [5][Kottbusser Tor] in
Kreuzberg sowie auf dem Leopoldplatz in Wedding sind dann Waffen und Messer
aller Art verboten – egal ob die Besitzer einen Waffenschein haben oder
nicht. Auch Küchen- und Taschenmesser fallen unter das Verbot. Wer erwischt
wird, begeht eine Ordnungswidrigkeit und muss ein Bußgeld von bis zu 10.000
Euro zahlen. Außerdem ist die Waffe weg. Es gibt nur wenige Ausnahmen, etwa
für Polizei und Rettungskräfte, aber auch Restaurantbesitzer*innen.
Ohne Kontrollen ist ein solches Verbot nicht umsetzbar, deshalb darf die
Polizei in den Bereichen „verdachtsunabhängig“ Personen durchsuchen. Am
Görlitzer Park und Kottbusser Tor bedeutet das nichts Neues, denn die
Gebiete gelten ohnehin schon als „kriminalitätsbelastete Orte“, an denen
die Polizei Sonderrechte genießt.
Am Leopoldplatz hingegen könnten die erweiterten Befugnisse auch dazu
führen, dass die dort ausharrenden suchtkranken und obdachlosen Menschen im
Zuge von Waffenkontrollen in den Fokus der Polizei geraten – weil bei
anlasslosen Durchsuchungen schließlich auch Drogendelikte oder Verstöße
gegen das Aufenthaltsgesetz festgestellt werden können. (hno)
## 200 Jahre Museumsinsel
Das vergangene Jahr war kein gutes für die Berliner Kulturszene. Berlins
schwarz-roter Senat hat [6][massive Einsparungen im Kulturetat]
durchgesetzt. Trotzdem gibt es 2025 Jubiläen und Konzerte, auf die man sich
freuen kann.
Zum Beispiel wird die Museumsinsel 200 Jahre alt. Der Grundstein für das
Alte Museum wurde am 9. Juli 1825 gelegt. Vier weitere Museumsbauten
folgten. Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz nimmt das Datum zum Anlass,
die Museumsinsel fünf Jahre lang zu feiern. Ausstellungen drinnen und im
Freien, Konzerte, Kinoabende und weitere Aktionen sind geplant.
Ein Ziel ist es, nicht nur Tourist:innen, sondern vor allem die
Berliner:innen „auf ihre Insel zu holen“ so Stiftungspräsident Hermann
Parzinger. So soll jede Schulklasse einmal in den kommenden fünf Jahren
einen Ausflug auf die Museumsinsel unternehmen. (rn)
1 Jan 2025
## LINKS
[1] /Zukunft-der-Notunterkunft-in-Berlin/!6049023
[2] https://initiativewestend.org/
[3] /Massnahmen-gegen-Messergewalt/!6047052
[4] /Goerlitzer-Park/!t5011094
[5] /Kottbusser-Tor/!t5298177
[6] /Berlin-spart-an-der-Kultur/!6048501
## AUTOREN
Susanne Memarnia
Rainer Rutz
Hanno Fleckenstein
Raweel Nasir
Claudius Prößer
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