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# taz.de -- DJ über Protestbewegung in Georgien: „Wir brauchen mehr Hilfe au…
> In Georgien gibt es hochpolitische Clubs, sagt der georgische DJ Lasha
> Jorjoliani alias Voicedrone. Das Nachtleben dort sei ganz anders als in
> London.
Bild: Tag und Nacht unterwegs: Lasha Jorjoliani alias Voicedrone
taz: Lasha Jorjoliani, Sie kommen aus Georgien, wohnen in London. Wie kommt
das?
Lasha Jorjoliani: Geboren bin ich in der Kleinstadt Mestia im georgischen
Kaukasus, aufgewachsen in Tbilissi. In Großbritannien lebe ich seit 2009.
Dorthin bin ich fürs Studium, aber das stellte sich als schwierig heraus.
Es kostet so viel Geld, dort zu studieren. Und so habe ich beschlossen,
meinen Weg mit Musik zu gehen. Ich legte in verschiedenen Clubs als DJ auf.
Von 2015 bis 2017 war ich dann in Berlin, 2018 eröffnete ich schließlich
mit meinem Partner Sebastian Glover den Club „Fold“ in London.
taz: Wann haben Sie mit der Musik angefangen?
Jorjoliani: Das begann schon während meines Studiums in Georgien, damals
habe ich als DJ aufgelegt. [1][Die Musik, die ich seinerzeit mochte, kam
aus England: Breakbeat, Jungle, UK Garage] – was auch ein wichtiger Grund
war, warum ich nach London ging.
taz: Wie unterscheiden sich die Szenen in Tbilissi, London, Berlin
voneinander?
Jorjoliani: Das sind drei komplett unterschiedliche Ansätze. Wobei sich
Deutschland und Georgien ähnlicher sind im Ansatz, England ist ganz anders
– musikalisch vielfältiger, aber die Clubnächte enden weit früher als in
Berlin. Es gibt strenge Regeln für die Clublizenzen, meist darf man nur
acht Stunden öffnen, etwa von 10 Uhr abends bis 6 Uhr morgens, manchmal nur
bis 4 Uhr. Das ändert sich langsam, für Fold haben wir eine
24-Stunden-Lizenz und machen lange Events. In Berlin und Tbilissi gibt es
weniger Regulierungen. [2][In Georgien gibt es sehr viele gute Clubs, etwa
Bassiani, TES, Left Bank und andere. Und diese Orte sind hochpolitisch.]
taz: Inwiefern?
Jorjoliani: Sie sind für die Leute da, setzen sich für Inklusivität ein,
alle können hingehen und so sein, wie sie sein wollen. [3][Genau das, was
die georgische Regierung nicht will.]
taz: Wie verfolgen Sie die Proteste in Georgien?
Jorjoliani: Mental bin ich dort, bei den Protesten. Nicht physisch
anwesend, aber im Geiste bin ich solidarisch und begleite auf der Straße
alle meine Freund:Innen und meine Familie. [4][Es ist schwer zuzuschauen
und nicht so viel ausrichten zu können, wie ich es gerne tun würde.]
taz: Wie stellen Sie sich die Zukunft Georgiens vor?
Jorjoliani: Alles, was wir wollen, ist, dass Georgien Teil der europäischen
Familie wird. Georgien war das eigentlich schon immer, aber ein paar Leute
wollten es anders haben. Unsere Zukunft wird glänzend sein und wir werden
diesen Kampf für die Rückkehr auf unseren europäischen Weg gewinnen. Es
gibt nur diesen einen Weg, und dafür kämpfen wir jeden Tag. Russland macht
jetzt mit Georgien das, was es bereits mit der Ukraine tat – [5][2014, der
Maidan], da sieht man viele Parallelen. Die georgische Regierung versucht,
Angst zu schüren, und sagt uns: Seht, wenn ihr diesen Weg geht, dann
passiert das Gleiche wie in der Ukraine. Aber das stimmt nicht. Sie
manipulieren die Menschen und stehlen ihre Träume.
taz: Die Regierungspartei „Georgischer Traum“ stiehlt die Träume?
Jorjoliani: Dieser Kampf ist sehr wichtig und wir Georgier:innen
brauchen mehr Unterstützung von den anderen Europäer:innen, auch von
Künstler:innen. Wir brauchen jede Hilfe, die wir kriegen können! Wenn wir
diesen Kampf verlieren, wird es ein ganz anderes Georgien sein und wir
werden alles verlieren, wofür wir uns eingesetzt haben. Ich bitte wirklich
alle meine ausländischen Kolleg:innen darum, sich über die Lage in
Georgien zu informieren und uns zu helfen. Die Menschen auf den Straßen
werden von der Polizei brutal verprügelt, bedroht, ins Gefängnis geworfen.
Die Demonstrierenden sind wahre Held:innen. Einer meiner liebsten
Politiker, Zurab Zhvania, sagte einmal: „Ich bin Georgier, und deshalb bin
ich Europäer.“
taz: Was darf man von Ihrem Gig in Berlin am Sonntag mit James Newmarch
erwarten?
Jorjoliani: Wir haben viele Male zusammen gespielt, alleine bei 70 Ausgaben
der queeren Eventreihe, die jeden Sonntag stattfindet. In Berlin werden wir
acht Stunden nonstop spielen. Das ist großartig! Je länger die Sets dauern,
desto mehr tauchen wir darin ein. Wir werden experimentieren, das ist der
Schlüssel zu allem, was wir tun.
13 Dec 2024
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## AUTOREN
Yelizaveta Landenberger
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