# taz.de -- Globale Krisenregionen 2025: „Die Welt steht in Flammen“ | |
> Die Hilfsorganisation International Rescue Committee legt eine Watchlist | |
> der humanitären Krisen weltweit vor. Die Aussichten: düster. | |
Bild: Für sie gibt es keinen sicheren Ort mehr in Gaza: Nuseirat, November 2024 | |
Berlin taz | Mehr Konflikte, weniger Diplomatie, dazu die Klimakrise und | |
eine wachsende Ungleichheit bei der globalen Einkommensverteilung: Das sind | |
die wichtigsten Faktoren, die die humanitären Krisen auf der Welt | |
verschärfen. Am Mittwoch legte die Hilfsorganisation International Rescue | |
Committee ihre „Emergency Watchlist“ vor. Auf der Liste ganz oben stehen | |
die globalen Krisenregionen, in denen 2025 eine weitere Verschlechterung | |
der humanitären Lage zu erwarten ist: Sudan, das „besetzte palästinensische | |
Gebiet“, Myanmar, Syrien und Südsudan. | |
Die Zahlen seien „erdrückend“, sagte IRC-Direktor David Miliband. 305 | |
Millionen Menschen – mehr als je zuvor – sind weltweit zum Überleben auf | |
humanitäre Hilfe angewiesen. 82 Prozent von ihnen in den 20 Ländern auf der | |
„Watchlist“, obwohl diese Staaten nur elf Prozent der Weltbevölkerung | |
ausmachen. Mit Ausnahme von Haiti sind es durchweg Staaten mit Kriegen oder | |
bewaffneten Konflikten. Auch 77 Prozent der Vertriebenen weltweit sowie 30 | |
Prozent der Menschen, die unter extremer Armut leiden, seien in den Ländern | |
der „Watchlist“ beheimatet. Die meisten Länder liegen in Afrika. | |
## Größte humanitäre Krise aller Zeiten im Sudan | |
An der Spitze steht dabei der Sudan. Dort herrsche die „größte humanitäre | |
Krise aller Zeiten und zugleich die größte Vertreibungskrise weltweit,“ so | |
das IRC. Das afrikanische Land mit seinen 50 Millionen Einwohnern steuere | |
demnach auf einen verheerenden humanitären Zusammenbruch im Jahr 2025 zu. | |
[1][Nach dem Sturz Assads in Syrien] könnte sich die humanitäre Lage in dem | |
Land verbessern. Bisher steht das Land auf Platz 4 der größten Krisen. 16,7 | |
der 23,2 Millionen im Land verbliebenen Einwohner:innen haben laut IRC | |
Bedarf an Unterstützung. 12,9 Millionen Menschen sind von | |
Nahrungsmittelknappheit betroffen, 90 Prozent leben in Armut rund die | |
Hälfte der medizinischen Einrichtungen sind ganz oder teilweise nicht | |
funktionsfähig. Das IRC sprach von einer „massive Verunsicherung nach dem | |
raschen Zusammenbruch der Regierungstruppen“ am vergangenen Wochenende. | |
[2][Syrien war wegen der Offensive der islamistischen Rebellen] zum ersten | |
Mal seit 2021 wieder in den Top Fünf der Emergency Watchlist aufgenommen | |
worden. Nun sei die Lage „höchst ungewiss“. Ob durch die jüngsten | |
Verschiebungen die Syrer:innen im Jahr 2025 mit dem Wiederaufbau ihres | |
Lebens beginnen können oder diese die die Krise noch verschärfen werden, | |
bleibe eine offene Frage, so das IRC. | |
## Kein sicherer Ort in Gaza | |
Eindeutig schlechter seien die Aussichten für Gaza. Mehr als einer von 50 | |
Menschen kamen dort seit Oktober 2023 ums Leben; bei israelischen Luft- und | |
Bodenangriffen wurden nach Angaben der Hamas [3][mindestens 44.000 | |
Palästinenser in Gaza getötet und mehr als 100.000 verletzt]. | |
„Es gibt keinen sicheren Ort in Gaza – die von Israel als ‚humanitäre Zo… | |
bezeichnete Zone wird immer noch regelmäßig bombardiert“ so das IRC. Mehr | |
als 1,9 Millionen Menschen waren gezwungen zu fliehen, oft mehrmals. | |
„Da sich die internationale Aufmerksamkeit zum Beispiel auf den Libanon | |
verlagert, könnte sich die Waage weiter von der Diplomatie wegbewegen, und | |
ohne stabile Sicherheit und Staatsführung wird es zu weiteren Konflikten | |
kommen,“ fürchtet das IRC. Die katastrophale Ernährungsunsicherheit werde | |
fortbestehen. | |
## Instabilität breitet sich aus | |
Es gebe heute mehr Ressourcen, um Hilfe zu leisten, als je zuvor in der | |
Geschichte, sagte Miliband. Deshalb sei es „umso verwirrender, dass die | |
Kluft zwischen humanitärem Bedarf und humanitärer Finanzierung größer ist | |
als je zuvor.“ Dagegen stehe ein „humanitärer Imperativ“, so Miliband: | |
„Leben retten, wo wir müssen, und das Leben zu verbessern, wo wir können.“ | |
„Die Welt steht in Flammen – und für Hunderte Millionen von Menschen ist | |
dies tägliche Realität“, erklärte IRC-Präsident David Miliband. Aus | |
strategischer Sicht sei zu bedenken, dass Probleme zwar im Sudan oder in | |
Syrien beginnen, aber dort nicht blieben. „Instabilität breitet sich aus.“ | |
12 Dec 2024 | |
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## AUTOREN | |
Christian Jakob | |
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