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# taz.de -- Fahren ohne Ticket: Initiative fordert Entkriminalisierung
> Die Initiative Freiheitsfonds kauft erneut 100 Menschen aus Gefängnissen
> frei und fordert, das Fahren ohne Fahrschein zu entkriminalisieren. Auch
> um Geld zu sparen.
Bild: Ins Gefängnis, weil man ohne Ticket gefahren ist? Viele Menschen finden …
Berlin taz | Die Initiative Freiheitsfonds hat erneut rund 100 Gefangene
aus Gefängnissen freigekauft, die wegen Fahrens ohne Fahrschein eine Strafe
absitzen mussten. „Der Staat hat dadurch etwa 17 Millionen Euro Steuergeld
gespart“, teilte die Berliner Initiative am Mittwoch mit, die mit
durchschnittlichen Haftkosten von 200 Euro pro Tag und Häftling rechnet.
Insgesamt hat der Freiheitsfonds nach eigenen Angaben [1][seit seiner
Gründung im Dezember 2021] rund 1.200 Menschen freigekauft – meist, nachdem
Gefängnisse sie darum gebeten haben. Bezahlt worden sei dies mit rund 1
Million Euro Spendengeldern.
Gleichzeitig zur neuesten Gefangenenbefreiung fordert die Initiative
zusammen mit Campact, dem Paritätischen Wohlfahrtsverband, dem
Republikanischen Anwaltsverein und vielen weiteren zivilgesellschaftlichen
Organisationen, die Entkriminalisierung des Fahrens ohne Ticket endlich
anzugehen. Dies habe die Ampelkoalition eigentlich vorgehabt, doch ein
schon fertiger Gesetzentwurf dazu aus dem Bundesjustizministerium drohe
durch die vorgezogene Neuwahl verschleppt zu werden.
Arne Semsrott, Gründer des Freiheitsfonds, sagte am Mittwoch: „Wenn der
Gesetzentwurf jetzt nicht beschlossen wird, verpassen wir die historische
Chance auf eine echte Reform des Strafrechts.“ Die Initiative fordert daher
Bundestagsabgeordnete auf, den bestehenden Entwurf jetzt über einen
fraktionsübergreifenden Antrag ins Parlament einzubringen.
Angesichts der hohen Kosten für Haftplätze, so die Initiative, wäre die
Reform nicht nur eine notwendige Entlastung der Justiz, sondern auch
ökonomisch angezeigt. Studien gehen nach ihren Angaben davon aus, dass die
Strafverfolgung von Fahren ohne Ticket den Staat jährlich [2][rund 120
Millionen Euro] koste.
In einem am Mittwoch verschickten [3][offenen Brief] an
Bundestagsabgeordnete, den die genannten Organisationen unterzeichnet
haben, heißt es: „Jedes Jahr müssen 9.000 Personen in Deutschland für
mehrere Wochen oder Monate ins Gefängnis, weil sie wegen Fahrens ohne
Ticket nach Paragraf 265a StGB verurteilt werden. Die Betroffenen sind fast
ausschließlich armutsbetroffen, häufig ohne festen Wohnsitz und
suizidgefährdet.“
Zudem hätten sich in einer Sachverständigenanhörung im Bundestag im
vergangenen Jahr sämtliche Sachverständigen für eine Entkriminalisierung
ausgesprochen, heißt es weiter. Die Gefangenenfreikäufe der Initiative
sparten dem Staat viel Geld, „es darf aber nicht länger Aufgabe der
Zivilgesellschaft sein, einen derartigen Missstand zu beheben. Der
Bundestag sollte tätig werden.“
4 Dec 2024
## LINKS
[1] /Ersatzfreiheitsstrafen-und-OePNV/!5933314
[2] https://kripoz.de/2023/09/20/der-rechtsstaat-und-das-fahren-ohne-fahrschein…
[3] https://freiheitsfonds.de/offener-brief-dez-2024.pdf
## AUTOREN
Susanne Memarnia
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