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# taz.de -- Alternativen zu Zuchtlachs: Klingt lecker, ist aber keine gute Idee
> Frischer, gebeizter, geflammter Salm? Lachs sollte nicht die erste Wahl
> sein, wenn das Essen nachhaltig, umweltfreundlich und gesund sein soll.
HÄRNÖSAND taz | Von Parasiten zerfressen oder anderweitig krank, viele
Tiere schon vor der Schlachtreife tot, die Zertifizierung intransparent: Es
klang wenig appetitlich, [1][was Foodwatch zuletzt über Zuchtlachs aus
Norwegen berichtete]. Die Verbraucherschutzorganisation forderte deutsche
Supermarktketten auf, den Lachs nicht mehr zu verkaufen, bis die Probleme
gelöst seien. Aber gäbe es überhaupt eine gute Alternative?
Dass viele Bestände überfischt sind und die Zucht sehr viele Ressourcen
braucht, ist bekannt. „Die deutschen Verbraucher sollten verinnerlichen,
dass Lachs eine seltene Delikatesse ist und kein Alltagslebensmittel sein
kann“, sagt deshalb Philipp Kanstinger.
Kanstinger ist Experte für Meere und Fischerei des Umweltverbands WWF und
erklärt, dass es aus Umweltsicht viel sinnvoller sei, kleinere
Schwarmfische wie Heringe, Sardinen oder Sardellen direkt zu essen, als sie
an die Lachse zu verfüttern – für das zur Mast verwendete Fischöl werden
Fische, die eigentlich Menschen ernähren könnten, unter anderem vor der
Küste Nordwestafrikas weggefischt.
Aquakultur und Fischerei hätten immer Auswirkungen auf die Umwelt, sagt
Kanstinger. Soll es dennoch unbedingt Zuchtfisch sein, empfiehlt er
sogenannte [2][Friedfische wie Karpfenartige oder solche, die ohne Fisch
ernährt werden – wie Wels, Pangasius und Tilapia].
Denn Norwegen ist keineswegs eine böse Ausnahme – wenn auch einer der
größten Player in der Lachszucht. Weil sich der Fisch verkauft wie
geschnitten Brot, entstand in den vergangenen Jahrzehnten eine [3][riesige
Lachsindustrie mit Massentierhaltung] früher nicht vorstellbaren Ausmaßes.
Dass es Probleme geben könnte, wenn man einen eigentlich weit reisenden
großen Raubfisch in Massen in Netzkäfigen im Meer zusammenpfercht, war
zunächst wohl ebenfalls nicht vorstellbar.
## Regionale Unterschiede
In Europa gibt es [4][Zuchtlachs auch aus Schottland, Irland, Island und
von den Färöer-Inseln]. Ihn von dort statt aus Norwegen zu beziehen, hilft
der guten Sache aber nur bedingt: „Die Mortalitätsraten sind in der
konventionellen Aquakulturzucht in Nordeuropa überall ähnlich hoch,
unabhängig von den spezifischen Produktionsländern“, sagt Kanstinger.
Trotzdem gibt es regionale Unterschiede. So stehen in Irland viele
biozertifizierte Zuchtfarmen, die Färöer haben keinen Wildlachs und deshalb
auch nicht das Problem mit genetischer Vermischung durch entkommenen
Zuchtlachs.
Und Norwegen bietet das transparenteste Management: Das nationale
Veterinärinstitut in Ås hat den Auftrag, die Bedingungen der Lachszucht
wissenschaftlich zu dokumentieren. „Die Branche meldet die Anzahl
verendeter Fische monatlich“, erklärt Edgar Brun, Leiter der Abteilung
Fischgesundheit und Fischwohl. „Davon ausgehend berechnet das
Veterinärinstitut die Sterblichkeit über das Jahr.“ 2023 verendeten 16
Prozent der Lachse in den Zuchtkäfigen im Meer, in Zahlen: 63 Millionen.
Zusätzlich starben 40 Millionen schon in der Jungfischphase.
## Neue Technologien
Brun vergleicht die industrielle Lachsproduktion mit der Geflügel- und
Schweineproduktion. Die norwegische Lachsbranche habe zuletzt ihren Fokus
darauf gerichtet, die Situation mithilfe neuer Technologien und präventiver
Gesundheitsmaßnahmen zu verbessern.
Als Beispiele nennt Brun die strategische Platzierung von Farmen, die
helfen soll, direkten Wasserkontakt zwischen verschiedenen Anlagen zu
reduzieren, sowie halbdichte Netzgehege und Barriereschürzen, [5][die die
Lachslaus daran hindern soll, den Fisch dahinter zu erreichen.]
Dasselbe Ziel verfolgen absenkbare Gehege, die den Lachs in Tiefen halten,
in denen die Parasiten normalerweise nicht leben. Zudem starte die Branche
derzeit ein Projekt, bei dem die norwegische Küste in einzelne Regionen mit
strengen Biosicherheitsregeln eingeteilt werden soll, um den Kontakt
zwischen diesen Regionen zu minimieren. „Das wird potenziell die
effektivste Maßnahme sein“, meint Brun.
Der WWF nennt in seinem Fischratgeber Chile als einziges Zuchtlachsland
namentlich in der Kategorie rot, was bedeutet: „Lass es bleiben!“ „Die
Lachszucht in Europa ist aufgrund der allgemein stärkeren
Umweltgesetzgebungen und Kontrollen in einigen Bereichen besser als etwa in
Chile und Russland“, ergänzt WWF-Meeresexperte Kanstinger.
## Gelb eingestufte Arten
Wenn Karpfen, Wels oder anderer Fisch aus der empfohlenen grünen Kategorie
nicht verfügbar sei, könnten aus Sicht der Naturschutzorganisation
„gelegentlich“ – gemeint ist drei- bis viermal pro Jahr – als gelb
eingestufte Arten verzehrt werden. Darunter fällt auch Zuchtlachs aus
Europa, inklusive Norwegen.
Der schwedische WWF hatte zuletzt eine einzige Lachsart mit „grün“ bewertet
– die aus den recht [6][neuen Kreislaufanlagen an Land in Norwegen.] In
Deutschland ist der Fisch nicht auf dem Markt. „Grundsätzlich haben
geschlossene Kreislaufanlagen in vielen Bereichen einen besseren
ökologischen Fußabdruck“, so Kanstinger. Aber: Problemfelder wie Tierwohl
und der hohe Wildfisch-Verbrauch als Futter seien nicht ausreichend gelöst.
Wer unbedingt Lachs – aber nicht aus der Zucht – essen möchte, für den ist
die beste Wahl laut Kanstinger MSC-zertifizierter pazifischer Wildlachs aus
Alaska. Aber auch das eben nicht täglich, sondern als seltene Delikatesse.
30 Dec 2024
## LINKS
[1] /Lachszucht-in-Norwegen/!6050390
[2] https://fischratgeber.wwf.de/
[3] /Konferenz-Our-Ocean/!6005196
[4] /Lachs-Industrie-in-Island/!6031054
[5] /Fischbestaende-in-Norwegen-gesunken/!6016165
[6] /Start-up-bietet-Meerestiere-vom-Land/!5650206
## AUTOREN
Anne Diekhoff
## TAGS
Ernährung
Massentierhaltung
Aquakultur
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