# taz.de -- Beirat für Rom*nja und Sinti*zze: Krass, dass es den jetzt erst gi… | |
> Der Beirat für Angelegenheiten der Rom*nja und Sinti*zze ist frisch | |
> gewählt. Er wird zukünftig in Berlin offiziell mitreden und mitgestalten. | |
Bild: Die Roma-Fagge. Am Roma-Tag, dem 8. April, weht sie auch in Berlin | |
Am Tisch der Mächtigen in Berlin ist ein neuer Platz fest besetzt. Der nun | |
erstmals eingesetzte und frisch gewählte Beirat für Angelegenheiten der | |
Rom*nja und Sinti*zze wird zukünftig offiziell mitreden und | |
mitgestalten. Er soll den Senat beraten bei „Fragen der Partizipation und | |
gleichberechtigten Teilhabe von Rom*nja und Sinti*zze“. Er soll auf | |
Diskriminierung hinweisen und „daran arbeiten, sie zu überwinden“. | |
Im [1][Beirat sitzen 6 gewählte Mitglieder sowie Beauftragte aus der | |
Verwaltung]. Die Wahl und seine Organisation sind gesetzlich festgelegt. | |
Damit verpflichtet sich Berlin grundlegend, Vertreter*innen der | |
Minderheit frühzeitig und über geregelte Verfahren in die Politik | |
einzubeziehen. Rom*nja und Sinti*zze sind eine der vier offiziell | |
anerkannten Minderheiten in der Bundesrepublik – neben Dän*innen, | |
Fries*innen und Sorb*innen. Zusätzlich zu dem Beirat wird Berlin im | |
kommenden Jahr auch eine Ansprechperson für Belange von Rom*nja und | |
Sinti*zze einsetzen. | |
Nun könnte eine Frage dazu sein: Braucht es das, ein weiteres irgendwie ja | |
spezialisiertes Gremium und dann noch eine weitere Ansprechperson? Wo es | |
doch bereits Anlaufstellen und Verantwortliche gibt für Antidiskriminierung | |
und für Partizipation, für Integration und für Vielfalt? | |
## Der Beirat wurde nicht einfach geschenkt | |
Für eine Antwort auf diese Frage ist es wichtig zu wissen, dass der Senat | |
der Minderheit diesen Beirat nicht plötzlich geschenkt hat. Dass es ihn nun | |
gibt, ist der langjährigen Arbeit von Selbstorganisationen und Vereinen aus | |
der Community zu verdanken. Zum Großteil ehrenamtlicher, oft unbezahlter | |
Arbeit. Die Beharrlichkeit der Engagierten zeigt bereits, dass es ihnen ein | |
wichtiges Anliegen ist und kein „Nett, dass es das jetzt auch | |
gibt“-Gremium. | |
Und inhaltlich? Da haben sich die wichtigsten Organisationen von Berlins | |
Sinti*zze und Rom*nja in den vergangen Jahren mehrfach und lautstark zu | |
den S-Bahn-Plänen des Senats positioniert. Der plant mit dem Bund und der | |
Bahn eine Trasse, die den Hauptbahnhof in einer Nord-Süd-Verbindung mit dem | |
S-Bahn-Ring verbinden soll. Dadurch [2][müssen Bäume gefällt werden im | |
direkten Umfeld des Denkmals] für die im Nationalsozialismus ermordeten | |
Sinti und Roma Europas. | |
Der Protest aus der Community konnte abwenden, dass die Bauarbeiten das | |
Denkmal weit schwerwiegender beschädigen. Aber allein, dass langfristiges | |
Absperren und sogar ein (teilweiser) Abbau im Raum stand, zeigt, dass der | |
Senat dieses Mahnmal überhaupt nicht auf dem Schirm hatte. Es hätte auf | |
jeden Fall geholfen, wenn hier Vertreter*innen der Minderheit | |
frühzeitig in die Planungen einbezogen worden wären. | |
Auf Bundesebene gibt es [3][seit 2022 einen Antiziganismusbeauftragten]. | |
Einen mit dem Berliner vergleichbaren Beirat gibt es bundesweit bisher nur | |
in Baden-Württemberg. | |
Noch 2018 hatte Berlin im Zusammenhang mit dem Aktionsplan Roma | |
beschlossen, ein*e Vertreter*in der Minderheit in den Landesbeirat für | |
Integrations- und Migrationsfragen aufzunehmen. Doch das genau zeigt auch | |
eins der Probleme. Rom*nja und Sinti*zze gelten als nationale | |
Minderheit, eben weil sie seit mindestens dem 14. Jahrhundert in Europa und | |
im Gebiet der heutigen Bundesrepublik leben. Ihre Belange in den Bereich | |
von Migration und Integration zu schieben, wird dem nicht gerecht – und | |
offenbart gleichzeitig, wie stark die Dominanzgesellschaft sie | |
marginalisiert. Ihre Interessen beachtet sie oft gar nicht – oder viel zu | |
spät, [4][wie nicht zuletzt Berlins Umgang mit dem Denkmal] zeigt. | |
Die Frage muss also nicht lauten: Warum gibt es für sie nun einen eigenen | |
Beirat? Sie ist vielmehr: Warum gibt es diesen Beirat erst jetzt – im | |
Dezember 2024. | |
27 Dec 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Beirat-der-Romnja-und-Sintizze/!6055458 | |
[2] /Angriff-auf-Gedenken/!5969451 | |
[3] /Antiziganismusbeauftragter-ueber-sein-Amt/!5840059 | |
[4] /Sinti--und-Roma-Mahnmal-in-Berlin/!6000317 | |
## AUTOREN | |
Uta Schleiermacher | |
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