# taz.de -- Syrisch-russische Beziehungen: Russlands Schmach in Syrien und das … | |
> Der Fall des syrischen Diktators Baschar al-Assad ist auch eine | |
> Niederlage für Putin. An der Levante zeigen sich die Grenzen der Moskauer | |
> Illusionen. | |
Bild: Ende eines Diktators: Demonstrierende treten auf einen Teppich mit einem … | |
Moskau taz | In Russlands sozialen Medien wird fröhlich vor sich her | |
gespottet: Ob denn irgendwo in Rostow ein Seniorenheim für Diktatoren | |
entstehe, heißt es da. Rostow liegt an der Grenze zur Ukraine, dorthin | |
hatte sich 2014 der gestürzte ukrainische Präsident Wiktor Janukowitsch | |
geflüchtet. [1][Moskau hatte ihm Asyl gewährt] – wie es das nun auch dem | |
gestürzten syrischen Diktator Baschar al-Assad und seiner Familie zukommen | |
ließ, aus „humanitären Überlegungen“, wie es schlicht hieß. Es ist vor | |
allem Russlands ressourcenfressendes Abenteuer seiner „Spezialoperation“ in | |
der Ukraine, das Moskau nun auch seine Reputation als angeblich | |
verlässlicher Partner im Nahen Osten kostet. | |
[2][An welchem Ort sich Assad derzeit aufhält, ist unklar]. Der | |
Kreml-Sprecher Dmitri Peskow verwies am Montag lediglich nur auf die | |
Meldungen russischer Nachrichtenagenturen, wonach „eine Quelle im Kreml“ | |
bereits am Sonntag meldete, Assad sei in Moskau. Peskow sagte ebenso, dass | |
lediglich der Präsident ein solches Asyl gewähren könne. | |
Russlands Präsident Wladimir Putin ist auffallend still, die Pressearbeit | |
für Assad hatte bereits am Sonntag das russische Außenministerium | |
übernommen, als es seine Erklärung veröffentlichte, der syrische Präsident | |
habe seinen Posten aufgegeben und Syrien verlassen, „mit der Anweisung, die | |
Machtübergabe friedlich zu gestalten“. | |
Die noch vor wenigen Tagen als „Terroristen“ bezeichneten syrischen | |
Aufständischen waren da schnell zur „Opposition“ geworden, mit der Moskau | |
nun rede. An den Verhandlungen zur Aufgabe Assads habe sich Russland | |
allerdings nicht beteiligt. Russlands Militärbasen seien zwar in höchster | |
Alarmbereitschaft, eine ernste Gefahr aber bestehe für sie nicht, hieß es | |
vom Außenministerium. Mittlerweile halten die Islamisten um Ahmed | |
al-Scharaa alias Abu Muhammad al-Jolani, den Anführer der Rebellengruppe | |
Hajat Tahrir asch-Scham (HTS), auch die Provinz Latakia, wo sich die beiden | |
wichtigsten russischen Stützpunkte befinden. | |
## Am Mittelmeer ist der einzige Marinestützpunkt Russlands | |
In Tartus am Mittelmeer ist der einzige Marinestützpunkt Russlands | |
außerhalb der ehemaligen Sowjetunion. Vom Luftwaffenstützpunkt Hmeimim | |
fliegt Russland seine Einsätze nach Libyen, in den Sudan und in die | |
Zentralafrikanische Republik. Er ist längst zum Transitzentrum für seine | |
Afrika-Operationen geworden. Deshalb reagiert Russland relativ | |
schmallippig, es will sich mit den neuen Machthabern, wer immer das in | |
Syrien sein wird, nicht verscherzen und so seine Militärbasen zu halten | |
versuchen. | |
Für Moskau ist der Fall Assads eine Niederlage, vor allem, weil sich darin | |
die Grenzen seiner Interventionspolitik im Ausland zeigen. Russland hat | |
nicht genügend Streitkräfte, Ressourcen und Einfluss für wirksame | |
militärische Einsätze. Es kann lediglich agieren, solange andere – | |
mächtigere Akteure – es lassen. In Syrien ging es Putin stets um | |
weltpolitische Ambitionen. | |
## Investition in ein morsches System | |
Der Kreml hatte viel Geld in den Wüstenkrieg gepumpt, um Assad zu halten, | |
hatte damit letztlich in ein morsches und ineffektives System investiert, | |
um am Ende zwischen zwei Stühlen zu sitzen: Kämpfen konnte es nicht mehr, | |
weil die Ressourcen in der Ukraine gebraucht werden, gehen aber konnte es | |
auch nicht, weil es keine Exit-Strategie für Syrien hatte. Seit 2022, als | |
Russland die Ukraine überfiel, zeigt sich noch offensichtlicher, dass | |
Moskau auf der Weltbühne wunderbar mit der Illusion von Macht und | |
militärischen Fähigkeiten auftrumpfen kann. Doch glaubt es oft zu sehr an | |
den eigenen Bluff. | |
[3][In Syrien sammelte Russland Kampferfahrung] für die Ukraine, dort | |
nämlich wuschen die gescheiterten russischen Chargen oft ihr Versagen | |
während der „Spezialoperation“ frei. In Syrien hatte Russland im großen | |
Stil auch den Einsatz seiner Wagner-Truppe getestet, die später in die | |
Ukraine verlagert wurde und nach dem gescheiterten Prigoschin-Aufstand vom | |
Sommer 2023 zerschlagen wurde. Die Überreste davon agieren nun in Afrika; | |
Syrien blieb eine vergessene Front. Die russische Schlappe zeigt sich hier | |
gleich mehrfach: außenpolitisch, aber auch darin, dass die „Stabilität“ | |
autoritärer Regime ein Trugbild ist. | |
Den Imageverlust Russlands redet die propagandagetränkte russische | |
Öffentlichkeit klein. Die Nachrichtensendung des russischen Staatssenders | |
„Perwyj Kanal“ meldet den Fall Assads als vorletzte Meldung und verweist | |
vor allem auf „Chaos und Gewalt“, die sich derzeit in Syrien abspielten. | |
Auf die Rolle Russlands im Nahen Osten, außer, dass es Assad Asyl gewähre, | |
geht der Nachrichtenbeitrag mit keinem Wort ein. | |
Russlands Oberpropagandist Dmitri Kisseljow bezeichnete in seinen | |
„Nachrichten der Woche“ den Fall Assads als „Rätsel“. Syrien sei für | |
Russland zwar nicht gleichgültig, die Ukraine aber umso wichtiger nun. | |
Manche russische Expert*innen rechnen damit, dass Russlands Schmach in | |
Syrien nun erst recht zu keinen Kompromissen Russlands in der Ukraine | |
führe. | |
9 Dec 2024 | |
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## AUTOREN | |
Inna Hartwich | |
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