# taz.de -- 10 Jahre Haft für malischen Islamisten: Der Terrorfürst von Timbu… | |
> Folter, Verstümmelung und Verfolgung: Der Internationale Strafgerichtshof | |
> hat das Strafmaß für den Islamisten Al-Hassan verkündet. | |
Bild: Unbewegt und zurückgelehnt: Al-Hassan vor Gericht in Den Haag | |
Berlin taz | Zu zehn Jahren Haft hat der Internationale Strafgerichtshof in | |
Den Haag am Mittwoch den Islamisten Al-Hassan aus Mali verurteilt. Bereits | |
im Juni war der 47-Jährige unter anderem für Folter, Verstümmelung und | |
Verfolgung in Timbuktu schuldig gesprochen worden. Nun verkündeten die | |
Richter in Den Haag das Strafmaß. Der in ein traditionelles Gewand und | |
weißen Turban gekleidete Mann verfolgte die Urteilsverkündung äußerlich | |
unbewegt, zurückgelehnt in seinem Stuhl. | |
Al-Hassan Ag Abdoul Aziz Ag Mohamed Ag Mahmoud, so sein voller Name, war | |
ein Teil des Terrorregimes, das die [1][Rebellenmiliz Ansar Dine] | |
(„Unterstützer des Glaubens“) errichtete, nachdem Rebellen die Wüstenstadt | |
im Norden Malis im April 2012 überrannt hatten. Als Chef der | |
„Religionspolizei“ terrorisierte er bis Januar 2013 die Bewohner der Stadt. | |
Er habe Urteile des islamischen Gerichts ausgeführt, die ohne ordentlichen | |
Prozess gefällt worden waren, so die Richter in Den Haag. | |
Verbote von Musik, Tanz, Kunst und Sport, die von den Islamisten verhängten | |
wurden, habe er mit Gewalt durchgesetzt: Menschen seien öffentlich | |
ausgepeitscht oder mit Stöcken geschlagen worden, weil sie geraucht oder | |
Alkohol getrunken hatten. Anderen wurden wegen des Verdachts auf Diebstahl | |
öffentlich eine Hand abgehackt. Seine Verteidiger hatten beteuert, dass er | |
Befehle ausführen musste. | |
2018 wurde Al-Hassan in Mali festgenommen und nach Den Haag überstellt, er | |
hatte sich selbst den Behörden gestellt. Im Juli 2020 wurde der Prozess | |
gegen ihn eröffnet, im Juni 2024 erging das Urteil. Vom Vorwurf der | |
sexuellen Versklavung und Vergewaltigung sprachen die Richter ihn frei. | |
Ebenso sahen sie den Vorwurf, er sei an der Zerstörung historischer | |
Bauwerke beteiligt gewesen, als nicht erwiesen an. Die Zeit in der | |
Untersuchungshaft wird von seiner Strafe abgezogen. Sowohl Ankläger als | |
auch Verteidigung können Berufung einlegen. | |
## [2][Al-Qaida] in der Sahara | |
Timbuktu liegt am Rande der Sahara, rund tausend Kilometer nordöstlich der | |
Hauptstadt Bamako, und zählt seit 1988 zum Weltkulturerbe. 2012 brachte | |
eine Koalition islamistischer Milizen, darunter Al-Qaida des Islamischen | |
Maghreb (AQIM) und Ansar Dine, große Gebiete im Norden Malis unter ihre | |
Kontrolle, erst im Bündnis mit Tuareg-Rebellen, dann gegen sie. Als sie | |
Timbuktu eroberten, versuchten sie, die Kultur des geschichtsträchtigen | |
Ortes zu zerstören. | |
Im Januar 2013 eroberten französische Soldaten die Stadt zurück und | |
beendeten die neun Monate währende Schreckensherrschaft im Norden Malis. | |
Frankreichs Truppen und auch eine nachfolgende UN-Friedensmission, an der | |
auch die Bundeswehr beteiligt war, sind mittlerweile wieder abgezogen, in | |
Mali herrscht jetzt das Militär und islamistische Milizen treiben noch | |
immer ihr Unwesen. | |
Al-Hassan ist der zweite Islamist aus Mali, der in Den Haag vor Gericht | |
stand. [3][2016 hatte das Weltgericht bereits Ahmad al-Faqi al-Mahdi zu | |
neun Jahren Haft verurteilt.] Ihm war die Zerstörung von Stätten des | |
Weltkulturerbes angelastet worden – eine Tat, die der Gerichtshof damals | |
erstmals als Kriegsverbrechen wertete. Al-Mahdi, einer der Anführer der | |
islamistischen Miliz Ansar Dine, hatte seine Vergehen gestanden und um | |
Verzeihung dafür gebeten. | |
Der Internationale Strafgerichtshof hat im Juni einen Haftbefehl gegen | |
einen dritten Rebellenführer aus Mali entsiegelt, Iyad Ag Ghaly. Der | |
Haftbefehl gegen den historischen Tuareg-Führer, der 2013 nach einem | |
Führungsstreit zu den Islamisten wechselte und Ansar Dine mitgründete, | |
wurde im Jahr 2017 erlassen, war aber unter Verschluss. Iyad Ag Ghaly wird | |
vorgeworfen, ebenfalls für Verbrechen, unter anderem in Timbuktu, | |
verantwortlich gewesen zu sein. | |
20 Nov 2024 | |
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## AUTOREN | |
Daniel Bax | |
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