Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Autobauer in der Krise: VW zieht in Xingjiang die Reißleine
> Volkswagen erntete für sein Werk in Xingjiang wegen
> Menschenrechtsverletzungen in der Region viel Kritik. Nun hat der
> Autobauer es verkauft.
Bild: 2018 ließ Volkswagen in seinem umstrittenen Werk in Xinjiang noch Autos …
Seoul taz | Das Werk im chinesischen Xinjiang lastete auf den Wolfsburgern
bereits seit Jahren wie ein Fluch: Wirtschaftlich war es hochgradig
unprofitabel, für das Image eine Katastrophe. Nun hat [1][Volkswagen] die
Reißleine gezogen: Am Mittwochmorgen gab die Konzernführung bekannt, dass
der Standort Ürümqi sowie die dazugehörige Teststrecke in Turpan „aus
wirtschaftlichen Gründen“ an ein chinesisches Staatsunternehmen verkauft
wurde.
Volkswagen errichtete 2013 mit seinem lokalen Joint-Venture-Partner SAIC
das umstrittene Werk in Xinjiang. Ökonomisch war das Werk von Beginn an ein
Rohrkrepierer. Die Belegschaft von einst 650 Mitarbeitern war zuletzt um
über drei Viertel gekürzt, auch Fahrzeuge liefen längst keine mehr vom
Fließband.
Dass VW ein solches Minusgeschäft einging, hatte vorwiegend politische
Gründe. Offiziell wurde dies zwar nie eingestanden, aber es dürfte sich
mutmaßlich um einen Deal auf Druck der chinesischen Staatsführung gehandelt
haben: Peking wollte die abgelegene Region im Nordwesten des Landes
wirtschaftlich entwickeln und suchte nach Investoren. Ob [2][Volkswagen]
dem Ruf der Regierung aus vorauseilendem Gehorsam gefolgt ist oder eine
explizite Gegenleistung für sein Engagement in Xinjiang erhalten hat, ist
nicht bekannt.
Ebenfalls war damals auch das volle Ausmaß der Menschenrechtsverletzungen
in Xinjiang noch nicht bekannt – sehr wohl jedoch, dass in der Unruheregion
seit Gründung der Volksrepublik bereits ein ethnischer Konflikt zwischen
den Han-Chinesen und den Uiguren schwelt. Das vorwiegend muslimische
Turkvolk stellt seit Jahrhunderten die Mehrheit in Xinjiang dar. Viele
Uiguren betrachten die kommunistische Staatsführung als koloniale
Unterdrücker, seit der Jahrtausendwende haben sich einige Separatisten
radikalisiert.
## Unterdrückungskampagne gegen Uiguren
Nach mehreren Terroranschlägen mit Dutzenden Toten hat die chinesische
Parteiführung ab 2017 mit einer beispiellosen Unterdrückungskampagne
durchgegriffen: Hunderttausende, möglicherweise über eine Million Uiguren
wurden in Umerziehungslager gesteckt, wo sie laut Zeugenberichten
Gehirnwäsche und teilweise körperlicher Folter ausgesetzt waren.
Die Verhaftungen erfolgten ohne rechtsstaatliche Verfahren und basierten
oftmals auf willkürlichen Anschuldigungen; allein, wer mit Verwandten im
Ausland geskypt hat oder einen nicht autorisierte Koran-Übersetzung besaß,
konnte bereits abgeführt werden.
Zuletzt wurden Tausende Insassen in staatlich organisierte Arbeitsmaßnahmen
gesteckt und in Fabriken im ganzen Land transferiert. Was die chinesische
Regierung als Armutsbekämpfung verkauft, ist in den Augen vieler
Menschenrechtsorganisationen Zwangsarbeit.
In Hintergrundgesprächen mit der Konzernführung oder bei
Feierabendunterhaltungen mit Expats in Peking hat man sehr wohl
mitbekommen, wie sehr das Thema die Gemüter der Angestellten beschäftigt.
Doch nach außen hin hat Volkswagen versucht, sich möglichst bedeckt zu
halten – wohl wissend, dass jedwede Kritik an der Regierung zu potenziellen
Vergeltungsmaßnahmen führt.
## Abhängig von der KP
Insofern offenbart die Causa, dass das Geschäftemachen in China immer mit
einem moralischen Preisschild versehen ist, da man letztlich immer der
Macht der KP ausgeliefert ist. Dies trifft insbesondere auf Unternehmen wie
Volkswagen zu, die hochgradig vom Zugang zum chinesischen Markt abhängig
sind – zu Hochzeiten hat der Konzern vier von zehn Neuwagen im Reich der
Mitte verkauft.
Doch spätestens seit letztem Jahr steckt VW in China tief in der Krise.
Einst unangefochtener Marktführer, ist die chinesische Konkurrenz in der
Sparte [3][Elektrofahrzeuge] deutlich vorbeigezogen.
27 Nov 2024
## LINKS
[1] /Tarifverhandlungen-bei-Volkswagen/!6042798
[2] /Krise-bei-Volkswagen/!6048774
[3] /Autobranche-in-der-Krise/!6045763
## AUTOREN
Fabian Kretschmer
## TAGS
muslimische Uiguren
China
Wirtschaftskrise
Volkswagen
GNS
Uiguren
Brasilien
IG Metall
Menschenrechte
IG Metall
Schwerpunkt Stadtland
China
## ARTIKEL ZUM THEMA
Staatsanwaltschaft klagt an: VW muss sich wegen Sklavenarbeit in Brasilien vera…
Auf der Rinderfarm einer Volkswagen-Tochter wurden vor vierzig Jahren
Arbeiter eingesperrt und misshandelt. Der Vorstand soll davon gewusst
haben.
Autokonzern in der Krise: IG Metall streikt bei Volkswagen
Das Management des Autobauers hat einen Zukunftsplan von Betriebsrat und
Gewerkschaft abgelehnt. Diese antwortet nach Ende der Friedenspflicht mit
Warnstreiks.
Volkswagen in der Krise: Kursänderung aus Rentabilitätsgründen
VW trennt sich aus wirtschaftlichen Gründen von seinem Werk in Xinjiang.
Menschenrechtsverletzungen sind für den Autokonzern kein Thema.
Krise bei Volkswagen: IG Metall will mit Flexi-Fonds Arbeitsplätze erhalten
Gewerkschaft und Betriebsrat wollen einen neuen Fonds schaffen, um
Kündigungen bei VW zu verhindern. Auch Ford droht einen massiven Jobabbau
an.
Lorenzo Annese über Integration: „VW ist für mich eine Familie“
Als erster ausländischer Betriebsrat in Deutschland half Lorenzo Annese bei
VW in Wolfsburg auch anderen Gastarbeitern. Das wurde nun gewürdigt.
VW-Werk in Xinjiang: Mängel bei Menschenrechtsprüfung
Profitiert VW in China von Zwangsarbeit der Uiguren? Nein, hieß es in einem
Prüfbericht im Auftrag des Autobauers. Doch die Zweifel mehren sich.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.