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# taz.de -- Galeria-Schließung am Alexanderplatz: Ein Running Gag der Immobili…
> Das Galeria-Kaufhaus am Alex könnte künftig auch die Landesbibliothek
> beherbegen, meint die Commerz Real. Das ist die dreiste Aneignung einer
> Debatte.
Bild: Prangt hier künftig das ZLB-Logo? Die Commerz Real meint: ja
Verkommt der Berliner Alexanderplatz bald zu einer lebensleeren Betonwüste?
Diese Sorge treibt seit vergangener Woche die Berliner Politik um. Grund
ist die überraschende Ankündigung des Immobilienentwicklers Commerz Real,
das [1][Galeria-Kaufhaus bis Ende nächsten Jahres schließen] zu wollen.
Dabei hat der Alexanderplatz schon jetzt nicht viel zu bieten. Vor allem
austauschbare Konsumangebote wie Saturn, Primark und Burger King bestimmen
den Platz, eingebettet in graue Betonarchitektur aus verschiedenen Epochen.
Der Platz selbst ist meistens versperrt von weihnachtsmarktartigen Rummel-
und Bratwurstbuden, die aus irgendeinem Grund das ganze Jahr über hier
stehen.
Dementsprechend groß ist die Angst, dass der Wegfall des prestigeträchtigen
Kaufhauses dem Ort den Rest gibt. „Die Schließung wäre „für den
Alexanderplatz fatal“, sagte Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) am
Montag.
Halb so wild, beschwichtigt die Commerz Real. Immerhin sei die Schließung
nur für zwei Jahre geplant, in dieser Zeit werde das Gebäude modernisiert.
Danach soll Galeria zurückkehren, wenn auch in stark verkleinerter Form.
Ohnehin werde nach dem Umbau alles viel besser. Denn nach dem Umbau könnte
auch die Zentral- und Landesbibliothek in das Warenhaus einziehen und
kulturinteressiertes Publikum in die graue Konsumhölle locken, die der
Alexanderplatz heute ist. Um den Punkt noch zu verdeutlichen,
veröffentlichte die Commerz Real eine Render-Grafik, auf dem das Gebäude
mit ZLB-Logo und gefüllten Bücherregalen zu sehen ist. Galeria nimmt in der
Illustration nur noch das halbe Erdgeschoss ein.
## Retter städtischer Kultur?
Es ist nichts Neues, dass sich Investor:innen als Retter ebenjener
städtischen Kultur aufspielen, die sie mit ihren eigenen Projekten
zerstören. Schließlich muss man der Politik und den Menschen irgendwie
weismachen, der immergleiche Mix aus überteuerten möblierten Apartments,
Coworking-Spaces und Einzelhandel biete irgendeinen Mehrwert für die
Stadtgesellschaft. Sei es in Form einer schicken Fassade, einer begehbaren
Dachterrasse oder einer öffentlichen Kita, die im Neubau noch ein Plätzchen
finden darf.
Dass die Commerz Real nun von sich aus mit einer öffentlichen Institution
wie der Landesbibliothek wirbt, hat aber eine neue Qualität. Zur
Erinnerung: Seit der Zusammenführung von Berlins Ost- und Westbibliotheken
1995 ist die Stadt auf der Suche nach einem gemeinsamen Standort. Da Umbau
statt Neubau im Trend liegt, waren in den letzten Jahren zahlreiche
ikonische Gebäude im Gespräch, wie der Tempelhofer Flughafen oder das ICC
an der Messe.
## Dreiste Aneignung der Debatte
Besonders heiß diskutiert wurde der jüngste Vorschlag, [2][die ZLB in das
Gebäude des ehemaligen Luxuskaufhauses Galeries Lafayette] in der
Friedrichstraße ziehen zu lassen. Auch hier erhofft man die kulturelle
Wiederbelebung einer dahinsiechenden Einkaufsstraße – nur scheitert es
bislang an der Finanzierung. Diese noch laufende Debatte hat sich die
Commerz Real dreist angeeignet.
Doch der Teufel steckt im Detail: Das Kaufhaus steht nicht leer, sondern
ist die zweitumsatzstärkste Galeria-Filiale Deutschlands. Der Senat prüft
den Vorschlag zwar, es gilt aber als höchst unwahrscheinlich, dass der
Alexanderplatz das Rennen um den neuen Standort macht. Solange die
Entscheidung nicht getroffen ist, droht die Standortfrage der Zentral- und
Landesbibliothek zum Running Gag der Immobilienwirtschaft degradiert zu
werden.
9 Nov 2024
## LINKS
[1] /Dauerkrise-bei-Galeria/!6044156
[2] /Umzug-der-ZLB-in-das-Lafayette-Gebaeude/!6038794
## AUTOREN
Jonas Wahmkow
## TAGS
Alexanderplatz
Immobilienbranche
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Stadtentwicklung
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