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# taz.de -- Bibliotheken schränken Service ein: Do-it-yourself-Donnerstag dank…
> In den beiden Häusern der Zentral- und Landesbibliothek müssen
> NutzerInnen donnerstags für mehrere Monate alleine zurechtkommen.
Bild: Donnerstags auf sich selbst gestellt: die NutzerInnen der Amerika-Gedenkb…
Berlin taz | Jens Ullrich ist sauer: Am vergangenen Donnerstag besuchte der
Kreuzberger Künstler die Amerika Gedenkbibliothek (AGB) am Halleschen Tor –
und fand niemanden, der ihm hätte helfen können: „Keine einzige
Ansprechperson war für die Nutzerinnen verfügbar“, ließ er seinem Unmut auf
Instagram freien Lauf.
Er habe ein Buch in den Freihandregalen nicht finden können, „weil
Künstlermonografien offensichtlich nicht durchlaufend alphabetisch geordnet
sind. Keiner da, um zu fragen!“ Auch andere NutzerInnen seien
„aufgeschmissen und fassungslos“ gewesen. „Das ist wie Schule ohne
Lehrer*innen oder wie Auto ohne Benzin“, so Ullrichs Fazit.
Gewarnt worden war er schon beim Betreten der AGB: Aufsteller informieren
seit Kurzem über einen „Do-it-yourself-Donnerstag“, den es noch bis zum 10.
April geben soll. Klingt erst einmal schick, bedeutet aber, dass an diesen
Tagen die BibliothekarInnen an beiden [1][Standorten der Zentral- und
Landesbibliothek (ZLB)] – der Amerika-Gedenkbibliothek und der Berliner
Stadtbibliothek in Mitte – „interne Trainings“ besuchen und nicht das tun
können, was sie normalerweise tun: bei der Suche nach Literatur und anderen
Medien oder bei den technischen Feinheiten der Ausleihe beraten.
Geschlossen bleiben die Bibliotheken an diesen Tagen dennoch nicht: So wie
schon seit einigen Jahren an den Sonntagen sind beide Häuser geöffnet, es
gibt die Möglichkeit zur Medien-Ausleihe und -Rückgabe, die ohnehin längst
maschinell erfolgen. Auch das AGB-Café bleibt geöffnet und serviert
weiterhin Americanos, Brownies und Brezeln.
Jens Ullrich ist trotzdem wütend: „Wie ist es möglich, einen wertvollen
Bestand mit Büchern und Medien ohne jede Fachbetreuung zurückzulassen“,
fragt er. „An einem Wochentag? Über einen Zeitraum von 14 Wochen?“ Er
mutmaßt, dass der wahre Grund Geldmangel oder bevorstehende Entlassungen
sein könnten.
## Sparen ist nicht der Grund
Dem widerspricht ZLB-Sprecherin Anna Jacobi vehement: Zwar rechne die
Zentral- und Landesbibliothek nach aktuellem Stand mit einer schmerzlichen
Etatkürzung von 2,2 Millionen Euro – was in Zukunft möglicherweise auch
Auswirkungen auf den Service haben könne. Die Fortbildungen, die bis April
an den Donnerstagen stattfinden, seien aber beschlossen worden, als vom
Sparhammer des Senats noch gar nicht die Rede war.
Und worum geht es nun bei dem MitarbeiterInnen-Training? Intern nennt sich
die Fortbildungsmaßnahme „Digitaler Kompetenzsprint“. Die BibliothekarInnen
sollen noch vertrauter mit digitalen Angeboten und Inhalten werden – auf
ganz unterschiedlichen Niveaus, je nach Wissensstand, den sie mitbringen.
Man habe eine Förderung für diese Maßnahme bekommen und nach reiflicher
Überlegung entschieden, dass ein einzelner servicefreier Wochentag die
beste Lösung sei, sagt ZLB-Sprecherin Anna Jacobi: „Wir wissen, dass das
für die NutzerInnen nicht ideal ist, aber es bringt die ganze Bibliothek
nach vorne.“
Nur: Musste das Ganze wirklich „Do-it-yourself-Donnerstag“ heißen? Klingt
das nicht irgendwie nach „Jetzt kommt halt mal alleine klar“? Die
Sprecherin räumt ein, dass Kommunikation immer auch missverstanden werden
kann. „Wir fanden das eine charmante Eselsbrücke, um sich den Wochentag zu
merken.“ Sprich: Es ging um die Alliteration.
Einen Meta-Gag haben die BibliothekarInnen dann auch noch im Lesesaal der
Amerika Gedenkbibliothek versteckt: Auf einer Themeninsel ist inmitten
einer Sitzgruppe eine Auswahl an Do-it-yourself-Büchern ausgestellt: von
Makramee bis zum glutenfreien Einmachen.
13 Jan 2025
## LINKS
[1] /Ex-Kaufhaus-Galeries-Lafayette/!6048622
## AUTOREN
Claudius Prößer
## TAGS
Bibliotheken in Berlin
Amerika-Gedenkbibliothek
Digitalisierung
Bibliothek
Alexanderplatz
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