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# taz.de -- Kabinett Trump II: Loyalität vor Kompetenz
> Was die ersten Personalentscheidungen von Donald Trump für die Zukunft
> der USA bedeuten. Die taz stellt das Gruselkabinett in einer
> Bildergalerie vor.
Bild: Der Trump-Tross kommt in Fahrt. Aber ist er noch zu stoppen?
Es ist ein gewaltiges Tempo, das der designierte US-Präsident Donald Trump
bei seinen Personalentscheidungen an den Tag legt. Nur acht Tage nach der
Verkündung seines Wahlsieges hat er für ein gutes Dutzend Top-Positionen
seine Nominierungen bekanntgegeben.
Insbesondere drei Entscheidungen haben in Washington [1][eingeschlagen wie
Atombomben]: Fox-News-Moderator Pete Hegseth als Verteidigungsminister,
Putinversteherin Tulsi Gabbard als Geheimdienstkoordinatorin, und die
Krönung: Scharfmacher und wegen mutmaßlicher Sexualvergehen belangter Matt
Gaetz als Justizminister bzw. Generalstaatsanwalt – damit hatte dann doch
niemand gerechnet. [2][Impfschwurbler Robert F. Kennedy Jr.] als
Gesundheitsminister fällt zwar auch in die Kategorie des eigentlich
Undenkbaren, diese Entscheidung hatte sich aber in den letzten Wochen
bereits angekündigt.
Mit diesen Nominierungen sendet Trump eine Reihe von Botschaften.
Zuallererst: [3][Absolute Loyalität] steht als Entscheidungsfaktor
meilenweit vor fachlicher Kompetenz. Um entlang dieser Maxime sein Kabinett
aufzustellen, hat er inzwischen genug Kenntnis und Auswahlmöglichkeiten –
anders als in seiner ersten Amtszeit, als er auf politischer Bühne noch ein
Neuling war und in der [4][Republikanischen Partei ein Fremdkörper].
Die zweite Botschaft ist mit der ersten verbunden, und sie geht an die
Republikaner*innen im Senat, die seine Nominierungen nun bestätigen
müssen oder einfach durchwinken. Sie lautet: Ihr wisst, was euch blüht,
wenn ihr mir widersprecht. Deshalb wird Elise Stefanik zur
UN-Botschafterin, jene Abgeordnete, die im Repräsentantenhaus Liz Cheney
von der Spitze der Republican Conference verdrängte, nachdem Cheney sich im
Amtsenthebungsverfahren gegen Trump gestellt hatte.
Stefanik, Trumps lautestes Sprachrohr, wird jetzt belohnt, genau wie Matt
Gaetz, der für den Sturz des republikanischen Sprechers Kevin McCarthy
gesorgt hatte. Dass Gaetz ein auch in den eigenen Reihen unbeliebter
Hetzer ist, der durch die Nominierung nun ziemlich sicher auch der
Bloßstellung durch den Ethik-Ausschuss des Repräsentantenhauses wegen Sex
mit Minderjährigen, Drogenvergehens und Menschenhandel entgeht – egal.
## Radikal, empathielos und menschenverachtend
Viele sehen gerade Gaetz’ Nominierung als letzten Beweis dafür an, dass
Trump die Justiz zu seinem persönlichen Vendetta gegen alle machen will,
die ihm in den letzten Jahren widersprochen oder das Leben schwergemacht
haben. Trump ist das gerade recht. Sollen sie Angst haben.
Trump weiß, wie unmöglich diese Nominierungen sind. Er benutzt sie als
Disziplinierungsinstrument gegen alle republikanischen Abgeordneten und
Senatoren. Sie sollen die gleiche Entscheidung treffen, die er ihnen
aufzwingt, seit er vor über acht Jahren auf die politische Bühne trat: Mit
Anstand ins Karriereende, oder mit Loyalität und eine goldene Zukunft.
Seiner überzeugten Basis, die das Maga-Käppi wie das Zugehörigkeitszeichen
einer Sekte auf dem Haupt trägt, zeigt Trump mit seinen
Personalentscheidungen, auch jetzt, wo er wieder an der Macht ist, nicht
vor den Institutionen einzuknicken, sondern sich strikt an seine Aussagen
und Versprechen aus dem Wahlkampf zu halten. Deshalb wird jemand, der so
radikal, empathielos und menschenverachtend argumentiert wie [5][Thomas
Homan zum „Grenz-Zaren“], der gemeinsam mit Vize-Stabschef Stephen Miller
und der frisch gekürten Heimatschutzministerin Kristi Noem tatsächlich
davon schwadroniert, Millionen Menschen abschieben zu wollen.
Letztlich wird das so nicht passieren: Über 80 Prozent der über 11
Millionen Ausländer*innen ohne gültige Papiere in den USA leben seit
weit über zehn Jahren im Land. Sie arbeiten, haben Kinder, die über die
US-amerikanische Staatsbürgerschaft verfügen, sie sind in Nachbarschaften
integriert, zahlen Steuern und Sozialbeiträge. Würden sie tatsächlich zum
Gegenstand massenhafter, mit Gewalt durchgesetzter Deportationen, würde das
die Gesellschaft zerreißen – und massiven ökonomischen Schaden anrichten.
Am Peterson Institute for International Economics gehen
Wissenschaftlerinnen für so einen Fall von einem Einbruch des
Bruttoinlandsproduktes um 7 Prozentpunkte aus, von höherer Arbeitslosigkeit
und steigender Inflation.
Trumps Strategie dürfte insofern so ähnlich ausfallen wie in der ersten
Amtszeit, als er den Bau einer Mauer zu Mexiko ankündigte, die noch dazu
Mexiko bezahlen sollte. Entstanden sind dann nur wenige Kilometer
Grenzzaun, die vom US-Steuerzahler finanziert wurden. Aber Trump hatte mit
Mauer und Einreisesperre für Menschen aus bestimmten muslimischen Ländern
so viel Lärm gemacht, dass er schlicht den Sieg auf ganzer Linie verkündete
und niemand mehr so genau hinschaute.
## Nominierte unterstützen israelische Annexionsvorstellungen
Außenpolitisch lassen sich aus den bisherigen Nominierungen mehrere
Tendenzen ablesen. Im Gazakrieg wird ab dem 20. Januar die Zeit vorbei
sein, in der Israel zwar weiter Waffen bekommt, aber sich auch aus
Washington Mahnungen anhören muss, das Völkerrecht zu achten. Denn sowohl
der designierte Außenminister Marco Rubio – die traditionellste aller
bisherigen Nominierungen – als auch Sicherheitsberater Mike Waltz,
UN-Botschafterin Elise Stefanik und erst recht der designierte
US-Botschafter in Israel, Mike Huckabee: sie alle unterstützen die
Annexionsvorstellungen Israels in Bezug auf das Westjordanland, die in
aller Regel hinter der Formel „israelische Souveränität“ versteckt wird.
Und sie alle sehen das Eindämmen des iranischen Einflusses als eine der
wichtigsten Prioritäten von US-Außen- und Sicherheitspolitik nicht nur im
Nahen Osten, getoppt lediglich von der Auseinandersetzung mit China. Die
Zukunft der Ukraine hingegen spielt eine absolut untergeordnete Rolle.
Zwei Monate vor der Amtsübernahme am 20. Januar ist die kommende
Trump-Regierung deutlich besser vorbereitet als 2016. Liest man die
verschiedenen Programme, steht nichts weniger bevor als eine Art epischer
Endkampf gegen die Macht der Institutionen Washingtons, die Trump mit der
Allianz aus Weißem Haus, Repräsentantenhaus, Senat und Oberstem Gerichtshof
ein für alle Mal brechen will. Der Kampf um die Zustimmung zu seinen
Nominierungen soll die letzten womöglich noch vorhandenen Widerstandsnester
im republikanischen Lager identifizieren – und wenn das geschafft ist,
können die Tech-Milliardäre dieser Welt endgültig machen, was sie wollen.
Ob diese [6][düstere Vision tatsächlich so eintritt], wird auch an der
gesellschaftlichen Reaktion liegen. Denn so klar wie Trumps Wahlsieg auch
war: Fast die Hälfte des Landes will absolut nichts von alledem, was da
jetzt in Vorbereitung ist.
Trump hat ein Mandat zum Regieren, und große Teile seiner
Wähler*innenschaft hoffen darauf, dass es ihnen unter seiner Regierung
besser geht. Aber den Auftrag oder auch nur die Erlaubnis, alles in Klump
zu hauen, wie es Trumps Ideologen rund um die Heritage Foundation, Stephen
Miller, Steve Bannon und die Alt-Right-Bewegung verstehen, haben sie ihm
nicht gegeben.
16 Nov 2024
## LINKS
[1] /Trumps-Personalentscheidungen/!6045793
[2] /Trumps-Krieg-gegen-die-Forschung/!6045858
[3] /Neue-UN-Botschafterin-der-USA/!6045534
[4] /Nominierungen-fuer-Trumps-Kabinett/!6049286
[5] /Trumps-erste-Entscheidungen/!6045512
[6] /Trump-nominiert-weiteres-Personal/!6049057
## AUTOREN
Bernd Pickert
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