# taz.de -- Verleger über Kolonialismus-Sachbuch: „Es war bei der Veröffent… | |
> Der Manifest-Verlag hat Walter Rodneys Klassiker „How Europe | |
> Underdeveloped Africa“ neu übersetzt. René Arnsburg geht mit dem Buch auf | |
> Lesetour. | |
Bild: Kolonialismus in Südafrika im Jahr 2010: Mittlerweile heißt der dortige… | |
taz: Herr Arnsburg, worum geht es in Walter Rodneys Buch „Wie Europa Afrika | |
unterentwickelte“? | |
René Arnsburg: Es ist eine Darstellung der Entwicklung des afrikanischen | |
Kontinents. Einmal vor der Ankunft der Europäer und einmal nach der Ankunft | |
der Europäer. Er hat die Entstehung des Kolonialismus und wie dieser die | |
Entwicklung der afrikanischen Länder beeinflusst hat in ein Verhältnis von | |
Entwicklung und Unterentwicklung gesetzt. Unterentwicklung versteht er | |
nicht als Abwesenheit von Entwicklung, sondern als Verhältnis zwischen der | |
kapitalistischen Entwicklung innerhalb europäischer Staaten, die basierend | |
auf den Kolonialismus fortgeschritten ist, und des afrikanischen | |
Kontinentes, dessen unabhängige, eigene Entwicklung dadurch gehindert | |
wurde. | |
taz: Gab es einen bestimmten Anlass, dass jetzt eine neue Übersetzung | |
veröffentlicht wird? | |
Arnsburg: Das war schon länger geplant. Es gab eine deutsche Übersetzung, | |
die aber teilweise falsch und unvollständig war. Das haben wir jetzt | |
aufgearbeitet. Zum Beispiel lautet der Titel im Original: „How Europe | |
Underdeveloped Africa“. Die erste Übersetzung ist als „Afrika: Geschichte | |
einer Unterentwicklung“ veröffentlicht worden. Das ist eine inhaltliche | |
Verschiebung. Da wollten wir eine korrektere Übersetzung liefern. | |
taz: Das Buch ist 1972 erschienen. Wie aktuell ist es heute noch? | |
Arnsburg: Die Dinge, die Rodney untersucht hat, haben weiterhin Bestand. | |
Rodney stützt sich auf dieselben Primärquellen, wie es auch neuere | |
Untersuchungen machen. Sein Text wurde durch neue Forschung ergänzt, aber | |
von allem, was er schreibt, wurde nichts widerlegt. | |
taz: In Dar es Salaam, wo Rodney lange lebte, war auch der arabische | |
Kolonialismus stark vertreten, gibt es dazu eine Einordnung? | |
Arnsburg: Das war auch zu seiner Zeit bekannt und ihm auch bewusst, | |
allerdings war sein Fokus die europäische Kolonialisierung. Daher wird das | |
in seinem Buch sehr wenig besprochen. Ihn interessierte der Einfluss des | |
europäischen Kolonialismus. | |
taz: Geschieht in der Neuauflage eine historische Einordnung? | |
Arnsburg: Ja, Adewale umreißt, was in den 50, fast 60 Jahren seit | |
Erscheinen des Buches passiert ist. Sarbo schreibt über die Bedeutung des | |
Buches und auch über die Bedeutung Rodneys. In meinem Beitrag versuche ich, | |
den Bogen noch größer zu schlagen, und schreibe, was Rodney sich unter | |
kolonialer Befreiung vorgestellt hat. Es ging ihm nicht nur um die formale, | |
nationale Unabhängigkeit, sondern auch um die Befreiung vom Kapitalismus, | |
der die Grundlage für den Kolonialismus war. | |
taz: Was macht das Buch zu einem Klassiker? | |
Arnsburg: Es ist eine der ersten Gesamtdarstellungen afrikanischer | |
Entwicklung und afrikanischer Geschichte aus nicht europäischer | |
Perspektive. Es umfasst einen Zeitraum vom antiken Ägypten bis ins 20. | |
Jahrhundert. Es war bei der Veröffentlichung bahnbrechend, weil es dafür | |
gedacht war, dass sich Afrikaner:innen ihre eigene Geschichte und die | |
des [1][Kolonialismus] aus afrikanische Perspektive aneignen. | |
taz: Rodneys Buch ist eine politische Kampfschrift gegen den Kapitalismus, | |
die alternativen sozialistischen Staatsformen, sind allerdings gescheitert | |
… | |
Arnsburg: Die Frage ist ja, was ist gescheitert: Bürokratisch organisierte | |
Planwirtschaften, die für sich den Begriff „Sozialismus“ in Anspruch | |
genommen haben. Das ist gescheitert, nicht der Sozialismus selbst. Rodney | |
stand für einen [2][Sozialismus], in dem die Armen und Ausgebeuteten die | |
wirkliche Macht haben, deswegen ist er da auch noch aktuell. | |
taz: Was kam zuerst, der Kolonialismus oder der Kapitalismus? | |
Arnsburg: Die Entdeckungsreisen und Kolonien wurden von den frühen | |
Kapitalisten, den Handelsmännern finanziert. Der Kolonialismus war so von | |
Anfang an eingebettet in der Entwicklung des europäischen | |
[3][Kapitalismus]. | |
11 Nov 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Kolonialismus/!t5014183 | |
[2] /Sozialismus/!t5011126 | |
[3] /Kapitalismus/!t5010783 | |
## AUTOREN | |
Frida Schubert | |
## TAGS | |
Deutscher Kolonialismus | |
Kolonialismus | |
Kapitalismus | |
Politisches Buch | |
Afrika | |
Social-Auswahl | |
Hamburg | |
Deutscher Kolonialismus | |
Deutscher Kolonialismus | |
Theater der Welt | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Aktivistin über Kongress in Hamburg: „Wir feiern, was Schwarze Frauen alles … | |
Die Afro Futuristic Convention bringt Black Female Entrepreneurs zusammen. | |
Aktivistin und Musikerin Onejiru hofft auf neue Partnerschaften und | |
Visionen. | |
Gedenken an Völkermord: Koloniale Gegenwart | |
Vor 120 Jahren begann der deutsche Völkermord in Namibia. An die Aktualität | |
seiner Ursachen hat ein Festakt am Bremer Mahnmal erinnert. | |
Buch über Rolle des Auswärtigen Amtes: Schleier der Ignoranz | |
Eine vom Auswärtigen Amt geförderte Untersuchung der eigenen Rolle in | |
Deutschlands Kolonialvergangenheit kommt zu unangenehmen Erkenntnissen. | |
„Theater der Welt“ in Düsseldorf: Ringen um Relevanz | |
In Düsseldorf sind beim Festival „Theater der Welt“ Produktionen aus fünf | |
Kontinenten zu sehen. Das Programm war bis zuletzt eine Zitterpartie. |