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# taz.de -- UN-Artenschutzkonferenz in Kolumbien: COP-Präsidentin Susana Muham…
> Die Umweltministerin Kolumbiens gilt als ambitioniert und unbestechlich.
> Sie hat aber auch schon erfahren, was Scheitern bedeutet.
Bild: Susana Muhamad im Gespräch mit Gesandten der indigenen Gemeinschaft der …
Cali taz | Die kolumbianische Umweltministerin Susana Muhamad ist eine
Ausnahme im Kabinett von Gustavo Petro. [1][In der instabilen Regierung des
linken Präsidenten] ist sie eine der wenigen Minister:innen, die von Anfang
an dabei ist. Niemand im Kabinett steht Petro ideologisch so nahe. Sie
erdet seine oft ausschweifenden Diskurse. Wo er anklagt und wütet, ist sie
ruhig und präzise. In der Sache sind sie sich einig: Die Umwelt hat
fundamentale Bedeutung für Kolumbien. Eine neue Umwelt- und Energiepolitik
sind nötig, die Zerstörung des Amazonas-Waldes, der 43 Prozent der Fläche
Kolumbiens ausmacht, muss gestoppt werden.
Der Präsident und die Ministerin kennen sich schon lange. Als Petro
Bürgermeister in Bogotá war, leitete sie das städtische Umweltamt. Bevor
sie Umweltministerin wurde, saß sie im Stadtrat der Hauptstadt und wollte
eigentlich 2023 bei der Bürgermeisterwahl kandidieren. Doch Petro rief, und
Muhamad kam. Sie hat Politologie an der Elite-Uni de los Andes studiert,
einen Master in nachhaltiger Entwicklung der südafrikanischen Uni
Stellenbosch. Was in Kolumbien eine Ausnahme ist: Susana Muhamad gilt als
unbestechlich. Ihren Nachnamen hat die 47-Jährige von ihrem
palästinensischen Großvater geerbt.
Das Ministerium, das sie führt, war in Kolumbien noch nie so wichtig wie
heute. Die COP16 des Abkommens über biologische Vielfalt nutzt Muhamad nun
als internationale Bühne. Als Präsidentin der Verhandlungen ist sie
zusammen mit Außenminister Luis Gilberto Murillo nach Cali gereist.
Ausländische Medien bezeichnen sie als „aufstrebenden Stern“. Der
renommierte kolumbianische Umweltschützer Rodrigo Botero sagt, zum ersten
Mal sehe man eine Strategie, um die Agrargrenze zu stabilisieren, also
dafür zu sorgen, dass sich Äcker und Weiden nicht weiter in den Regenwald
fressen. Muhamad habe verstanden, wie Politik, Umwelt, bewaffneter
Konflikt, Verbrechen und die Landfrage zusammenhingen – und begonnen, ihre
Erkenntnisse in Maßnahmen umzusetzen.
Seit ihrem Amtsantritt 2022 arbeitet Muhamad am „Frieden mit der Natur“,
der auch das Motto der COP16 ist. Als sie 2023 einen sensationellen
Rückgang der Abholzungsraten in Kolumbien verkünden konnte, sagte sie klar:
Das habe nicht nur mit den Regierungsprogrammen für die
Waldanwohner:innen zu tun, sondern auch damit, dass bewaffnete Gruppen
während der Friedensgespräche mit der Regierung die Abholzung gestoppt
hatten.
## Umweltschützer:innen vor Mord schützen
Doch es gibt auch tatsächliche Fortschritte: Die Petro-Regierung arbeitet
verstärkt mit den Gemeinschaften zusammen und hat mit dem Programm
„Umweltschützen zahlt sich aus“ die Zahlungen an sie verdreifacht. Muhamad
reist auch in die abgelegenen Gegenden Amazoniens, wo die Entwaldung am
krassesten ist, um „den Menschen zu liefern“. Ein (noch zu installierendes)
Menschenrechtsnetz soll künftig Umweltschützer:innen vor Mord
bewahren. Unter Muhamad wurde Kolumbien das erste große Produktionsland,
das der internationalen Allianz gegen die Verbreitung fossiler Brennstoffe
beitrat. Die Dekarbonisierung des Landes mit sozialer Gerechtigkeit zu
versöhnen sieht sie als dringliche Aufgabe.
Die Frage ist, woher das Geld dafür kommen soll. Für Kolumbien und die
anderen artenreichen Länder des Südens sieht sie eine Riesenchance in der
Verteilung von Einnahmen für die genetischen Ressourcen, die auf der COP16
verhandelt wird. Wer sich in Amazonien für Medikamente, Kosmetik und andere
Waren bedient, soll denen zahlen, die die dafür nötigen Pflanzen und Tiere
schützen. Ebenso wichtig: Ob Kolumbien Auslandsschulden gegen
Klimaschutzmaßnahmen tauschen kann – ein Steckenpferd Petros.
Gescheitert ist die Umweltministerin mehrfach damit, Fracking zu verbieten.
Im Kongress fand sie dafür keine Mehrheit. Fracking ist ein Dauerthema in
ihrem Leben: Mit 32 verließ sie deswegen ihren Job als
Nachhaltigkeitsberaterin beim Ölkonzern Shell und kehrte nach Kolumbien
zurück. „Ich kündigte an dem Tag, als sie entschieden, ihr
Innovationsbudget in Fracking zu stecken“, erzählte sie dem Guardian.
[2][Um den Kolumbianer:innen den Wert der COP im eigenen Land zu
vermitteln], hat sie sich den Mund fusselig geredet. Die
Welt-Naturkonferenz sei ein Aushängeschild, um der Welt die kulturelle
Diversität und Biodiversität Kolumbiens zu zeigen. Sie berge finanzielle
Chancen, wenn das Land seine Interessen durchsetzen könne. Nicht zuletzt
hätten sich in Cali mehr kolumbianische Unternehmen des Privatsektors
akkreditiert als je zuvor. Muhamad sieht darin eine Chance, kleinste
Kooperativen mit Megaunternehmen zu verbinden – für eine „Wirtschaft der
Biodiversität“. Die COP16 zeige: „Wir können uns organisieren und einig
werden, und so wachsen wir alle.“ Eine wichtige Botschaft im von Gewalt
geprägten Kolumbien.
28 Oct 2024
## LINKS
[1] /UN-Artenschutzkonferenz-in-Kolumbien/!6041300
[2] /UN-Artenschutzkonferenz-in-Kolumbien/!6038989
## AUTOREN
Katharina Wojczenko
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