| # taz.de -- Kolumbien kommt nicht zur Ruhe: Ex-Rebellen im Visier von Rebellen | |
| > Die Gewalt rivalisierender bewaffneter Gruppen löst in Kolumbien eine | |
| > Massenflucht aus. Präsident Petro kündigt den Notstand an. | |
| Bild: Polizisten bewachen in Catatumbo eine Schule, in der Flüchtlinge unterge… | |
| Bogotá taz | „Wenn ihr nicht geht, töten wir euch.“ Den Satz wiederholen | |
| viele Menschen, die aus ihren Häusern in Catatumbo nahe Kolumbiens | |
| nordöstlicher Grenze zu Venezuela geflohen sind. Seit letzter Woche | |
| bekämpfen sich dort die ELN-Guerilla und die sogenannte 33. Front der Farc, | |
| eine Splittergruppe der demobilisierten linken Guerilla. | |
| Bisher gab es mindestens 80 Tote, darunter Zivilisten und Menschenrechtler. | |
| In mehreren Orten sind die Leichenhallen überfüllt. 20.000 Menschen sind | |
| geflohen, davon etwa 1.000 nach Venezuela. Die meisten flohen in die | |
| Regionalhauptstadt Cúcuta, wo sie notdürftig in Turnhallen, Stadien und | |
| Schulen unterkamen. | |
| Inzwischen werden dort Lebensmittel knapp. Catatumbo erlebt laut Iris | |
| Marín, der Ombudsfrau, gerade eine der längsten humanitären Krisen seiner | |
| Geschichte, „wenn nicht die schlimmste“. Befürchtet wird, dass die Kämpfe | |
| sich auch in die Stadt und ihre Umgebung ausdehnen. Die ELN und die 33. | |
| Front haben beide dort Einheiten. | |
| Akut gefährdet sind 620 demobilisierte Männer und Frauen, die sich nach dem | |
| Friedensabkommen zwischen Farc und Staat von 2016 [1][ein neues Leben | |
| aufgebaut] haben. Mindestens zehn wurden schon getötet. Allerdings hatten | |
| [2][Farc-Splittergruppen] das Abkommen nicht unterzeichnet. Diese und neue | |
| Gruppen firmieren heute als Farc-Dissidenten und betrachten sich selbst als | |
| „wahre Farc“. | |
| ## ELN: Demobilisierte sind Verräter | |
| Die ELN hat Demobilisierte der Farc zum „militärischen Ziel“ [3][erklärt] | |
| und nennt sie ohne Beweise Verräter. Einige Zeit hatten beide Seiten in | |
| Catatumbo eine Art Frieden. Was jetzt die Kämpfe auslöste, ist unklar. | |
| Der tiefe Grund ist der Drogenhandel und die regionale Kontrolle. In der | |
| Region werden 15 Prozent des kolumbianischen Kokas produziert. Dabei geht | |
| es nicht nur um das Kokain selbst, sondern auch um lukrative Zwangsabgaben, | |
| die Kokabauern und -bäuerinnen abgepresst werden. | |
| Das ist auch Ergebnis des gescheiterten Substitutionsprogramms, dem schon | |
| der Vorgänger des aktuellen linken Präsisdenten [4][Gustavo Petro], der | |
| rechte Iván Duque, die Finanzierung abgrub. Die Region ist auch reich an Öl | |
| und Kohle, auf die die Gruppen ebenfalls Zwangsabgaben erheben. | |
| Petro wirft den Rebellen jetzt Kriegsverbrechen vor. Am Montag erklärte er | |
| auf X der ELN den Krieg und dass er den Ausnahmezustand und den | |
| wirtschaftlichen Notstand ausrufen werde. Damit kann er per Dekret am | |
| Parlament vorbei regieren. | |
| Doch wird dies erst wirksam, wenn er und sein Kabinett ein entsprechendes | |
| Dekret unterzeichnet haben. Es ist unklar, ob das schon geschehen ist. | |
| ## Wurden die Angriffe der ELN in Venezuela vorbereitet? | |
| [5][Experten sagen], dass der Angriff über Monate geplant war. Denn die | |
| parallelen Attacken auf sieben Gemeinden in Catatumbo waren sehr gut | |
| vorbereitet. Mit Namenslisten gingen die Rebellen von Haus zu Haus und | |
| holten Menschen heraus, um sie zu entführen oder sofort zu erschießen. Das | |
| alles spricht für die These, das die Angriffe im ELN-Rückzugsgebiet in | |
| Venezuela vorbereitet wurden. | |
| Kolumbien und Venezuela teilen sich eine etwa 2200 Kilometer lange Grenze. | |
| Die Petro-Regierung hat [6][Nicolas Maduro] offiziell nicht als Venezuelas | |
| erneut gewählten Präsidenten anerkannt, die diplomatischen Beziehungen aber | |
| beibehalten. | |
| Caracas war einer der Orte für die Gesprächsrunden mit der ELN, die Petro | |
| jetzt ausgesetzt hat. Es ist unklar, welche Strategie die Regierung jetzt | |
| verfolgt. | |
| 5.000 Soldaten wurden nach Catatumbo geschickt. Fest steht, dass die ELN in | |
| 60 Jahren nicht militärisch zu schlagen war – und unter den Gefechten mit | |
| der Armee immer auch die Zivilbevölkerung besonders litt. | |
| 22 Jan 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Abkommen-mit-den-Farc-Guerilla/!5982692 | |
| [2] /Farc-Waffenstillstand-in-Kolumbien/!5962308 | |
| [3] https://x.com/CAMIL_FGNO/status/1881136695615332767 | |
| [4] /UN-Artenschutzkonferenz-in-Kolumbien/!6041300 | |
| [5] https://www.lasillavacia.com/red-de-expertos/red-de-la-paz/hasta-que-llego-… | |
| [6] /Maduro-wird-erneut-Venezuelas-Praesident/!6061580 | |
| ## AUTOREN | |
| Katharina Wojczenko | |
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