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# taz.de -- Wahlkampf in den USA: Debattieren geht auch mit Anstand
> Die Vizepräsidentschaftskandidaten Tim Waltz und JD Vance treffen sich
> zur TV-Debatte. Im Vordergrund stehen Inhalte und nicht persönliche
> Angriffe.
Bild: Der republikanische Kandidat Senator J.D. Vance und der demokratische Kan…
Washington D.C. taz | Die Erwartungen an die TV-Debatte der beiden
Vizekandidaten im US-Wahlkampf waren im Vorfeld hoch. Sowohl der
republikanische US-Senator [1][JD Vance] als auch der demokratische
Gouverneur [2][Tim Walz] sind auf Bundesebene noch immer relativ unbekannt.
Und da keine weitere Debatte zwischen Vizepräsidentin [3][Kamala Harris]
und Ex-Präsident Donald Trump angesetzt ist, war es für die Wähler die
womöglich letzte Gelegenheit vor dem Wahltag mehr von den beiden Parteien
zu hören.
Und zu hören, gab es einiges. Vance und Walz diskutierten über knapp zwei
Stunden hinweg wichtige Wahlkampf-Themen wie die Wirtschaft, Migration,
Abtreibung und Schusswaffengewalt. Der Sieger war am Ende die US-Politik,
da beide Vizekandidaten gezeigt haben, dass man auch im Jahr 2024 noch
immer mit Anstand seine politischen Meinungsverschiedenheiten darlegen
kann.
Die beiden Kontrahenten gaben sich nicht viel, doch der 40-jährige Vance
hatte über die gesamte Debatte hinweg eine stärkere Präsenz als sein
Widersacher. Besonders zu Beginn der Diskussion wirkte Walz etwas
überfordert. Auch musste er erneut eine Diskrepanz in seiner Biografie
klarstellen und machte dabei alles andere als einen souveränen Eindruck.
Der Gouverneur des US-Bundesstaates Minnesota hatte in der Vergangenheit
behauptet, dass er am 4. Juni 1989, als es auf dem Tiananmen-Platz in
Peking zu der gewaltsamen Zerschlagung der chinesischen Demokratiebewegung
kam, in Hongkong gewesen sei. Belege haben jedoch gezeigt, dass Walz erst
im August des gleichen Jahres nach Asien reiste.
## Außenpolitik nur Randthema
„Ich bin manchmal ein Dummkopf […] Ich habe lediglich gesagt, dass ich im
Sommer dort ankam und mich dabei versprochen“, versuchte Walz die
Ungereimtheiten in seiner Geschichte zu erklären. Es war sein wohl
schlechtester Moment in der ganzen Debatte. Und das, wenn man bedenkt, dass
er sich später noch verhaspelte und sagte, dass er „Schulamokläufer“
befreundet hätte.
Wie schon in den TV-Debatten zwischen [4][US-Präsident Joe Biden und Trump]
sowie zwischen [5][Harris und Trump] fand auch die Vizekandidaten-Debatte
ohne Live-Publikum statt. Und trotz der akuten Krise im Nahen Osten gab es
nur eine einzige Frage zum Thema Außenpolitik.
Doch welches Thema auch zur Debatte stand, Walz kritisierte immer wieder
Trumps Bilanz während seiner ersten Amtszeit. Vor allem beim [6][Thema
Abtreibung und reproduktive Gesundheitsversorgung] konnte Walz punkten. Er
erklärte, dass er und Harris nicht für Abtreibungen seien, sondern für das
Recht von Frauen und deren Freiheit selbst zu entscheiden einstehen.
„Das ist ein grundlegendes Menschenrecht. Wir haben in Texas einen
sprunghaften Anstieg der Müttersterblichkeit erlebt, der viele andere
Länder der Welt übertrifft. Es geht hier um die Gesundheitsversorgung. In
Minnesota stehen wir nicht ohne Grund an erster Stelle in der
Gesundheitsversorgung. Wir vertrauen Frauen. Wir vertrauen Ärzten“, sagte
Walz.
Senator Vance aus Ohio kritisierte vor allem die „offene Grenzpolitik“ der
Harris-Biden-Regierung, die er für den explosiven Anstieg von Migranten im
Land verantwortlich macht.
## Vance folgte Trumps aggressivem Stil nicht
Er wiederholte dabei auch mehrmals die Zahl von 25 Millionen illegale
Einwanderern. Es ist eine Zahl, die gern von konservativen Politikern und
Medien verbreitet wird, jedoch nicht auf statistisch belegten Werten
basiert. Trump und Vance wissen allerdings, dass ein Großteil der
US-Bevölkerung mittlerweile für schärfere Grenzkontrollen plädiert.
„In vielen Gemeinden des Landes sind die Schulen überlastet, die
Krankenhäuser überlastet und der Wohnraum ist völlig unerschwinglich, weil
wir Millionen illegaler Einwanderer ins Land geholt haben, die mit den
Amerikanern um die wenigen Wohnungen konkurrieren“, sagte Vance.
Besonders bemerkenswert an Vances Auftritt am Dienstagabend war, dass er im
Gegensatz zu seinen Auftritten in rechten Medien und auf Kundgebungen seine
von Trump beeinflusste Rhetorik gegenüber Demokraten stark zurückschraubte.
Er gab sich kompromissbereit und blieb höflich im Umgang mit Walz.
## Das Rennen ums Weiße Haus bleibt eng
Seine schwächste Szene kam erst in den letzten Minuten der Debatte, als es
um Trumps Wahlniederlage vor vier Jahren ging. Der Ex-Präsident hat diese
Niederlage bis heute nicht anerkannt und gefragt, ob Trump die Wahl 2020
verloren hätte, sagte Vance: „Ich konzentriere mich auf die Zukunft“. Walz
nannte diese Aussage eine „vernichtende Nicht-Antwort“.
Beide Lager feierten am Ende des Abends ihre jeweiligen Vizekandidaten. Wie
wichtig der Schlagabtausch zwischen Vance und Walz letztendlich war, wird
sich erst am 5. November zeigten. Klar ist, das Rennen um das Weiße Haus
bleibt weiter eng.
2 Oct 2024
## LINKS
[1] /US-Wahl-2024/!6023529
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[3] /Parteitag-der-US-Demokraten/!6029410
[4] /US-Praesidentschaftswahlkampf/!6017648
[5] /Kamala-Harris-Programm/!6033875
[6] /Recht-auf-Abtreibung-im-US-Wahlkampf/!6023650
## AUTOREN
Hansjürgen Mai
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