# taz.de -- Kunstauktion fürs Flussbad Berlin: Für mehr urbane Lässigkeit | |
> Einfach in die Spree springen? Die Initiative für ein Flussbad Berlin hat | |
> dafür Kunstwerke versteigern und etwas Stadtpolitik durchscheinen lassen. | |
Bild: Für 7.500 Euro fürs Flussbad Berlin versteigert: Wolfgang Tillmans' „… | |
Die bekannteste Badehose der Kunstgeschichte wurde jetzt versteigert. Ein | |
knappes Teil ist das, rot, Adidas-Streifen. Der Bund ist gelöst, das | |
Höschen zerknittert. Als hätte es sich jemand nach einem Sprung in – ja, | |
worein? – den Berliner Spreekanal hastig abgestreift. [1][Schlüpfrig ist | |
Wolfgang Tillmans’ Fotografie] von 1994, vieldeutig mit „Faltenwurf“ | |
betitelt. | |
Das letzte verfügbare Exemplar auf dem Markt kam am Donnerstagabend für | |
7.500 Euro unter den Hammer. Das ist keine sehr hohe Summe für den etwa | |
DIN-A4-großen Fotoprint, aber es war eine der höchsten an diesem Abend. Die | |
Initiative für ein Flussbad Berlin hatte 50 Kunstwerke versteigern lassen, | |
angefertigt und gespendet von Künstler:innen und Architekt:innen, die | |
alle in Berlin leben oder arbeiten. | |
Der Erlös ist für einen gemeinnützigen Zweck. Er soll in ein | |
[2][Webprogramm zur Messung der Wasserqualität in der Spree] fließen. Auf | |
dass man sich bei guten Messwerten einfach selbst dazu ermutigt fühlt, in | |
den Fluss zu springen, vielleicht in Zukunft, und dabei der in den letzten | |
Jahrzehnten so erstarrten Berliner Mitte mit ihrem rekonstruierten | |
Stadtschloss wieder etwas mehr urbane Lässigkeit zurückzugeben. | |
Gemessen an der Prominenz vieler Künstler:innen hielten sich die Gebote | |
jedoch in Grenzen. Die Farbstreifen einer Katharina Grosse, andernorts | |
vertreten von [3][Großgaleristen wie Max Hetzler] und Larry Gagosian, | |
erzielten 2.500 Euro. Ein Vogelhaus von Graft Architects, die sonst etwa in | |
der georgischen Hauptstadt Tiflis mit glasglitzernden Bauprojekten | |
auffahren, verkaufte sich für 300 Euro. Berlin mag die Stadt der | |
Künstler:innen sein, aber die des Kunstmarkts ist sie nicht. | |
## Die Player der Stadtentwicklung | |
Schwimmen in der Spree vorbei an der Museumsinsel, den öffentlichen Raum | |
aneignen und dafür Gelder mit einer Kunstauktion sammeln – das klingt nach | |
Stadt von unten. Doch dieser Abend versammelte vielmehr Player der Berliner | |
Stadtentwicklung. Ob sie nun wie das Architekturbüro [4][Sauerbruch Hutton] | |
die recht [5][leblos geratene Europacity am Hauptbahnhof] mitplanten oder | |
wie Wolfgang Tillmans als Bauherr auftreten. | |
Auch [6][Regula Lüscher, die ehemalige Senatsbaudirektorin], gab ein | |
Aquarell zur Auktion frei. „Das Projekt Flussbad ist weiterhin ein | |
Vorhaben, das die Mitte zumindest in die Gegenwart katapultieren könnte, | |
wenn schon nicht in die Zukunft, denn die findet städtebaulich (leider) | |
generell in anderen Städten statt“, lässt Lüscher sich zitieren, wohl auch | |
in Richtung ihrer Nachfolgerin Petra Kahlfeldt. Die ist eine arge | |
[7][Vertreterin der historischen Mitte Berlins]. | |
Wollen die Menschen wie in Basel im Rhein schwimmen, in Badehose oder | |
Bikini durch die Stadt laufen, muss Politik gemacht werden – wie auf dieser | |
Auktion. Und es braucht Kapital, das verdammte. | |
14 Sep 2024 | |
## LINKS | |
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[5] /Quartier-Heidestrasse-in-der-Europacity/!6022492 | |
[6] /Berlins-Senatsbaudirektorin-im-Interview/!5782100 | |
[7] /Staedtebau-am-Berliner-Molkenmarkt/!5990606 | |
## AUTOREN | |
Sophie Jung | |
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