Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Schwimmen in der Spree: Paris schlägt Berlin
> Im nächsten Sommer dürfen alle in Paris in der Seine schwimmen. Auch in
> Berlin wäre Baden in der Spree möglich. Doch der Senat zeigt sich
> wasserscheu.
Bild: Mit Wettbewerben wie hier 2015 warb der Verein Fluss Bad Berlin für die …
Berlin taz | Tim Edler sitzt im Flussbad-Garten am Berliner Spreekanal und
schaut auf sein Handy. „In Paris hat heute der Triathlon begonnen“, sagt er
und zeigt ein Foto [1][von Schwimmern in der Seine]. „Da wird der Fluss als
Kulisse für die Olympischen Spiele genutzt und nächstes Jahr wird die Seine
für alle Pariserinnen und Pariser zum Schwimmen freigegeben.“
Schwimmen im Fluss, das wünscht sich Tim Edler auch für Berlin. Doch anders
als in der Seine bleibt das Schwimmen in der Spree verboten. Eine
Sprecherin von Umweltsenatorin Ute Bonde (CDU) verweist in diesem
Zusammenhang auf die Berliner Badegewässerverordnung. Die verhängt für
Berlin ein generelles Badeverbot, von dem es einige Ausnahmen gibt. Die
Spree ist nicht unter diesen Ausnahmen.
Vor hundert Jahren war das anders. Der Flussbad-Garten auf dem Gelände
einer privaten Hochschule im ehemaligen Staatsratsgebäude liegt exakt an
der Stelle, an der sich einst die „Doppel-Badeanstalt am Mühlengraben“
befunden hat. Es soll die schönste der Berliner Badeanstalten an der Spree
gewesen sein. 1925 wurde die Badeanstalt allerdings geschlossen – aus
hygienischen Gründen. Bei Starkregen fließt das ungeklärte Wasser aus der
Kanalisation in die Spree über.
„Auch Paris hat eine solche Mischwasserkanalisation“, sagt Tim Edler.
„Damit sind die Probleme in der Seine ähnlich wie bei der Spree in Berlin.“
Im Vorfeld der Olympischen Spiele hat Paris 1,4 Milliarden Euro investiert,
um die Seine sauberer zu machen. „In Berlin hat die Spree dagegen schon
jetzt an den meisten Tagen im Jahr Badewasserqualität“, sagt Edler, der mit
seinem Bruder Jan schon 2015 die Idee eines [2][Berliner Flussbads im
Spreekanal] aus der Taufe gehoben hat. „Wir könnten schon heute in der
Spree schwimmen“, meint er. „Dafür muss nur die Umweltverwaltung die
Berliner Badegewässerverordnung ändern.“+
## Anderswo ist Flussbaden bereits Alltag
Baden in Flüssen ist in vielen Städten bereits Alltag. In Basel gibt es
sogar das Gewohnheitsrecht, dass Menschen, die im Rhein schwimmen, in
Badehose oder Bikini durch die Stadt laufen dürfen. In EU-Ländern gilt die
Badegewässerrichtlinie. Die weist zertifizierte Badegewässer aus und auch
Gewässer, in denen das Baden aus hygienischen Gründen verboten ist.„Und
dann gibt es einen großen Graubereich, wo man sagt, es ist kein
Badegewässer, aber es ist auch nicht verboten“, sagt Tim Edler. „Dort ist
Baden dann auf eigene Gefahr möglich wie zum Beispiel an der Strandperle in
Hamburg in der Elbe.“ Berlin dagegen habe neben dem EU-Recht noch das
Landesrecht in Form der Badegewässerverordnung. Ein Graubereich oder
Ermessensspielraum ist dort nicht vorgesehen. Laut Tim Edler ist das nicht
mehr zeitgemäß.
Ein Blick auf die Website [3][www.badberlin.info] sagt zum Beispiel für den
vergangenen Freitag: „Spreekanal, 2. August 2024 11:14 Uhr. Wasserqualität:
Gut. Sichttiefe: 75 cm. Wassertemperatur: 24,1 Grad Celsius.“ Die Website
gehört zu einem umfassenden Monitoring, die das Kompetenzzentrum Wasser am
Spreekanal betreibt. „Ziel ist es, eine verlässliche Vorhersage über die
Wasserqualität treffen zu können“, sagt Tim Edler. Gemessen und
vorhergesagt wird nicht nur die Konzentration von Kolibakterien, sondern
auch die Fließgeschwindigkeit und natürlich die Zahl der Überlaufereignisse
aus der Kanalisation.
Mit dem Monitoring der Wasserqualität könnten die Menschen in Berlin – so
wie die in Paris – eigenständig entscheiden, ob sie in der Spree baden
wollen oder nicht. Nicht zuletzt diese Möglichkeit hat beim von der
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung geförderten [4][Flussbadverein] ein
Umdenken bewirkt. Die ursprüngliche Idee, den Spreekanal für fast 70
Millionen Euro aufwändig umzubauen und das Wasser vor Ort zu filtern, wurde
aufgegeben.
Stattdessen setzt der Verein nun auf das Monitoring und damit eine „kleine
Lösung“. Statt Bauen und Baden also Baden und dann den Spreekanal „baulich
qualifizieren“, wie es Edler nennt. „Berlin hat viel in die Kanalisation
und Rückhaltebecken investiert“, erklärt er das Umdenken. „Das Spreewasser
ist besser als sein Ruf. Nun könnte sich der Senat selbst und auch die
Berlinerinnen und Berliner dafür belohnen.“
Für kommendes Jahr, wenn nicht nur Sportlerinnen und Sportler, sondern auch
die Pariserinnen und Pariser in der Seine schwimmen dürfen, plant der
Flussbad-Verein eine Pilotbadestelle im Spreekanal. Nur ein Steg über das
Wasser müsste dann gebaut werden. Und natürlich die Badegewässerverordnung
geändert werden. „Da liegt der Ball nun bei der Umweltverwaltung“, sagt Tim
Edler.
## Umweltverwaltung hält sich bedeckt
Dort allerdings hält man sich bedeckt. „Das Problem ist, dass die
Badegewässerverordnung für derartige Konstellationen (Flussbadestelle
inmitten eines Mischentwässerungssystems mit sehr kurzfristigen
Verschmutzungen) keine adäquaten Vorgaben enthält“, antwortet Petra Nelken,
Sprecherin von Umweltsenatorin Bonde, auf taz-Anfrage. „Inwiefern man hier
mit anderen Messmethoden Abhilfe schaffen kann, ist rechtlich und fachlich
offen.“
Auch Stadtentwicklungssenator Christian Gaebler will sich nicht festlegen.
„Aktuell prüft SenStadt die Machbarkeit und Umsetzbarkeit einer
Pilotbadestelle“, teilt Gaeblers Sprecher Martin Pallgen mit. „Vor einer
Realisierung sind jedoch noch zahlreiche Fragen der technischen
Machbarkeit, der Wasserqualität, des Denkmalschutzes und des Betriebs zu
klären.“ Dazu gehöre auch die Frage, wer die Pilotbadestelle bauen und
betreiben kann.
Allerdings hat der Flussbad-Verein schon angeboten, dafür als Träger zur
Verfügung zu stehen.
Zwar begrüßt Gaebler die „Vereinfachung des Projekts“ durch das Monitorin…
teilt aber auch mit, dass die Förderung für den Verein im kommenden Jahr
auslaufen wird. Gut möglich, dass dann nicht nur keine Pilotbadestelle
entsteht, sondern auch der Flussbad-Garten verschwindet.
Und das in einem Jahr, in dem wieder die Bilder von Paris um die Welt gehen
werden. Schon beim Bau neuer Radwege hat Paris Berlin abgehängt. Schlägt
Paris Berlin nun ein weiteres Mal?
Es wäre typisch Berlin.
5 Aug 2024
## LINKS
[1] /Triathleten-bei-Olympia-im-Wasser/!6024109
[2] /Streit-um-Berliner-Flussbad/!5981118
[3] https://www.badberlin.info/
[4] https://www.flussbad-berlin.de/
## AUTOREN
Uwe Rada
## TAGS
Flussbad Berlin
Spree
Gewässerschutz
Stadtplanung
Baden
Baden
Flussbad Berlin
Anne Hidalgo
Flussbad Berlin
Berliner Bäder-Betriebe
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
Flussbad Berlin
## ARTIKEL ZUM THEMA
Spreekanal Berlin: Verbotene Demo gegen Schwimmverbot
Der Verein Berliner Flussbad möchte, dass in der Spree geschwommen werden
kann. Doch ihr schwimmender Protest darf nicht stattfinden.
Kampf um Flussbad in Berlin: Baden ist kein Verbrechen
Vor 100 Jahren wurde das Baden in der Berliner Spree verboten. Bald könnte
es wieder möglich werden. Dazu veranstaltet der Verein Flussbad eine Demo.
Pariser Oberbürgermeisterin: Kein Taxifahrer liebt Anne Hidalgo
Die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo ist mit ihrer grünen
Verkehrspolitik weltweit beispielhaft. Nach zwei Amtszeiten will sie sich
zurückziehen.
Kunstauktion fürs Flussbad Berlin: Für mehr urbane Lässigkeit
Einfach in die Spree springen? Die Initiative für ein Flussbad Berlin hat
dafür Kunstwerke versteigern und etwas Stadtpolitik durchscheinen lassen.
„Wanna See Wannsee?“: Noch gibt es Hoffnung
Einst war es das modernste Binnenfreibad Europas, heute ist es im Verfall
begriffen. Eine Ausstellung entwirft neue Visionen für das Strandbad
Wannsee.
Olympiatriathlon in schmutziger Seine: Eine Stadt als Fototapete
Die Posse um die zu schmutzige Seine zeigt: Paris wird für schöne
Olympia-Bilder nur benutzt. Die Stadt rächt sich auf ihre Weise.
Dreckiger Pariser Stadtfluss: Seine oder nicht Seine
Die Wasserqualität in der Seine bereitet den Triathleten weiterhin
Probleme. Flussschwimmer Mao Zedong hätte die Wettbewerbe schon längst
freigegeben.
Streit um Berliner Flussbad: Schwimmen und Schnarchen
Die Vision eines Flussbads in Berlin dümpelt träge vor sich hin – fast wäre
auch noch das Geld versiegt. Doch langsam kommt Bewegung in die Sache.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.