| # taz.de -- Berliner Stadtschloss: Preußenverherrlichung beenden | |
| > Die „Initiative Schlossaneignung“ fordert Aufklärung zu den | |
| > rechtslastigen Spendern – aber die Bundestags-Petition droht zu | |
| > scheitern. | |
| Bild: Das Humboldtforum | |
| Berlin taz | Es wird wohl nicht reichen. Zu einer öffentlichen Anhörung der | |
| Forderungen der „Initiative Schlossaneignung“ im Bundestag wird es nicht | |
| kommen. 30.000 Unterschriften bräuchte die Ende September gestartete | |
| Petition, deren Mitzeichnungsfrist an diesem Freitag endet. Wenn bis dahin | |
| nur rund 5.000 unterzeichnet haben sollten, sei das trotzdem als | |
| „Achtungserfolg“ zu werten, sagt Philipp Oswalt. Der Kasseler Architekt, | |
| Architekturtheoretiker und Aktivist ist der Kopf der Initiative | |
| Schlossaneignung. | |
| Was Oswalt und seine Mitstreiter und Mitstreiterinnen immerhin erreicht | |
| haben, ist, dass ihre schon seit Langem erhobenen Forderungen im Gespräch | |
| bleiben. Und [1][die Debatten rund um das Stadtschloss und das Humboldt | |
| Forum] eben nicht einschlafen, wie sich das die Stiftung Humboldt Forum und | |
| inzwischen auch die Bundesbeauftragte für Kultur, Claudia Roth (Grüne), | |
| erhoffen. | |
| Was Oswalt sich nicht bloß wünscht, sondern was er verlangt, sind im | |
| Wesentlichen zwei Dinge. Erstens: „Dass die Rolle der rechtsradikalen | |
| Spender bei der Gestaltung der Schlossfassaden aufgeklärt wird. Und dass | |
| daraus Konsequenzen gezogen werden.“ Zweitens: „Dass das Geschichtsbild, | |
| für das das Schloss steht, nicht so stehen bleibt. Dass durch | |
| Interventionen am Schloss [2][andere Perspektiven auf die deutsche | |
| Geschichte] ermöglicht werden. Und dadurch die Preußenverherrlichung, die | |
| auf rechtslastige Kräfte zurückzuführen ist, gebrochen wird.“ | |
| Oswalt hat schon vor Jahren damit begonnen, das Treiben des Fördervereins | |
| Berliner Stadtschloss zu untersuchen. Er konnte belegen, dass dieser | |
| gezielt im extrem rechten Dunstkreis etwa der Jungen Freiheit nach privaten | |
| Spendern suchte. Und dass dann auch diverse Schmuckelemente an der | |
| Außenfassade des Schlosses direkt von beispielsweise Dieter Stein, dem | |
| Herausgeber der Jungen Freiheit, mitfinanziert wurden. | |
| ## Traum vom Kaiser | |
| Oder von strammen Preußenvereinen, von denen manche davon träumen, dass in | |
| Berlins Mitte vielleicht irgendwann einmal wieder ein echter deutscher | |
| Kaiser residiert, wenn diese lästige parlamentarische Demokratie endlich | |
| überwunden ist. | |
| Zigfach hat Oswalt seinen Unmut zu diesem Treiben und dem Umgang mit dem | |
| Thema kundgetan. Gegenüber der taz führte er seine Kritik gerne noch um ein | |
| Weiteres aus. Gemäß dieser konnte der Förderverein schon jetzt mehr | |
| Rekonstruktionswünsche verwirklichen, als ursprünglich im Beschluss des | |
| Bundestags 2002 zur Teilrekonstruktion des Schlosses vorgesehen war. | |
| Und nun, wo alles so gut läuft für den Förderverein, werde der sich nicht | |
| einfach auflösen, sondern versuchen, weiter Einfluss zu nehmen. „Das ist | |
| eine Lobbygruppe und eine Spendenmaschine mit Kontakten in die Politik. Die | |
| wollen immer mehr Rekonstruktionen im Inneren wie im Äußeren“, sagt Oswalt. | |
| Dem Humboldt Forum wiederum wirft er vor, sich nicht vom Förderverein zu | |
| distanzieren. Auch lasse der kaum Interesse erkennen, an der Aufklärung | |
| beizutragen, wie viele der teils anonym eingegangenen Spendengelder denn | |
| nun wirklich aus dem extrem rechten Spektrum kommen. | |
| Bei der Leitung des Humboldt Forums mag Oswalt inzwischen als Nervensäge | |
| gelten, als einer, der keine Ruhe gibt. Und mit dem Förderverein befindet | |
| er sich derzeit in einem Rechtsstreit. Aber nicht wenige Mitarbeitern und | |
| Mitarbeiterinnen des Forums sehen das ganz anders aus. Diese haben ungefähr | |
| zeitgleich mit dem Start der Petition der Initiative Schlossaneignung einen | |
| offenen Brief an die Spitzen des Forums verfasst, der der taz vorliegt. | |
| ## Klar Position beziehen | |
| Mit dem Brief, so heißt es, soll eine „klare Position gegen | |
| antidemokratische, geschichtsrevisionistische und rechtsradikale Tendenzen | |
| im Kontext des Humboldt Forums“ bezogen werden. Die Tätigkeiten des | |
| Fördervereins werden genauso kritisiert wie eine fehlende Distanzierung von | |
| selbigem. | |
| Die etwa 70 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die unterschrieben haben, | |
| machen sich außerdem die Forderung Oswalts zu eigen, die Herkunft der | |
| Spendengelder zu untersuchen. Alles andere würde die Glaubwürdigkeit ihrer | |
| Arbeit im Humboldt Forum, bei der es auch um postkoloniale Debatten geht, | |
| unterminieren. | |
| Der Diskurs über den passenden Umgang mit [3][dem vermaledeiten Schloss] | |
| wird also auch weitergehen, wenn am Freitag das Einsammeln von | |
| Unterschriften für die Petition der Initiative Schlossaneignung endet. | |
| Ideen ohne Ende, wie diesem der stramme Preußengeist ausgetrieben werden | |
| könnte, liegen ohnehin vor. | |
| Künstler und Künstlerinnen konnten solche bei einem von der Initiative | |
| ausgelobten Wettbewerb einreichen. Machbar, brauchbar, witzig – Ideen gibt | |
| es genug. Beginnend bei einer gequeerten Schlosskuppel in | |
| Regenbogenfarben bis hin zu einem Stadtschloss auf Rädern. | |
| 6 Nov 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Andreas Hartmann | |
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