# taz.de -- Haitianische Migranten in den USA: Die rassistischen Gerüchte | |
> Haltlose Behauptungen Trumps bringen haitianische Migranten in den USA | |
> zunehmend in Gefahr. Ihre Dämonisierung hat eine lange Tradition. | |
Bild: Vertreterinnen der haitianische Bevölkerung bei einer Bürgerversammlung… | |
Frankfurt taz | Während die Lage in Haiti auf der gegenwärtig | |
stattfindenden [1][UNO-Vollversammlung] selbst den slowakischen | |
Ministerpräsidenten Pellegrini zu einem Statement bewegt und | |
US-Außenminister Blinken von Haiti als dritter großer Krise neben der | |
Ukraine und dem Nahen Osten spricht, sind haitianische Einwanderinnen und | |
Einwanderer in den USA zum zentralen Thema des Wahlkampfs von Trump und | |
seinem Vize J.D. Vance geworden. | |
Trumps hanebüchene Behauptung im [2][Duell mit Kamala Harris] Anfang | |
September, die haitianischen Einwanderer in Springfield würden die | |
[3][Haustiere der Einheimischen essen], kann dabei wohl als Versuchsballon | |
betrachtet werden: Wie viel Unsinn darf Trump ungestraft und ohne Schaden | |
sagen? | |
Nun wiederholte Trump bei einem [4][Wahlkampfauftritt in Pennsylvania], | |
einem der Swing Staaten, vor wenigen Tagen die Verleumdungen gegen | |
haitianische Einwohner. Diesmal ging es um die Kleinstadt Charleroi in | |
Pennsylvania. Die 4.000 Einwohnergemeinde hatte über ein legales, | |
humanitäres Einwanderungsprogramm viele Haitianer aufgenommen, weil sie | |
Arbeitskräfte brauchte. Auf der Wahlkampfveranstaltung, in der Trump Zurufe | |
aus dem Publikum aufgriff, wiesen einige auf die Haitianer in Charleroi | |
hin, woraufhin Trump dafür sorgte, dass das Publikum am Ende hysterisch | |
schrie: „Sie sind überall. Es ist schrecklich.“ | |
Dass die kleine haitianische Einwanderercommunity in den USA nun ins Auge | |
von Trumps Wahlkampforkan geraten würde, ist nur auf den ersten Blick | |
überraschend. Vor den umworbenen US-Wählern entfaltet sich das | |
Wahlkampfdrehbuch einer künstlichen erzeugten, gänzlich auf Fälschungen | |
beruhenden, rassistischen Empörungsbewirtschaftung, die ganz offensichtlich | |
darauf zielt, Dämme zu brechen. | |
## Die Angst der Community wächst mit jedem neuen Gerücht | |
Nach den Auslassungen von Trump gegen die Haitianer in Springfield gab es | |
Bombendrohungen, mussten deshalb Schulen und Krankenhäuser in Springfield | |
kurzzeitig geschlossen werden. Ein Nazitrupp marschierte durch die Stadt | |
und forderte die Bürger auf, ihre Waffen zu ergreifen und selbst für ein | |
Ende der haitianischen Anwesenheit zu sorgen. | |
Die haitianische Community in den USA lebt seither in Angst, die mit jedem | |
neuen Gerücht weiter wächst. So behauptete die rechte Presse, haitianische | |
Boatpeople hätten gedroht, ihre Babys anzuzünden, um nicht abgeschoben zu | |
werden. Haustierfresser, Kindermörder – es sind noch weitere | |
Verunglimpfungen denkbar. | |
Denn Ressentiments gegen Haitianer haben in den USA eine lange Geschichte. | |
Schon Thomas Jefferson sprach vor 200 Jahren von den Haitianern als | |
„Kannibalen“. Mehrere Mitglieder der US-Marines, die von 1915 bis 1934 | |
Haiti besetzt hielten, veröffentlichten Gruselgeschichten über Haiti, die | |
sich, wie die US-amerikanisch-haitianische Schriftstellerin Edwine Danticat | |
diese Woche in der Washington Post schrieb, gut verkauften. Es ging um | |
Kannibalen und Zombies. | |
In der Aidskrise wurden Haitianer als Virenträger verunglimpft. 1982 hatte | |
das zuständige Zentrum für Krankheitskontrolle die Haitianer als einzige | |
Nation zur Hochrisikogruppe erklärt und ein generelles Verbot für | |
Blutspenden von Haitianern verhängt. In der Folge verloren viele Haitianer | |
ihre Jobs. Damals aber, so Danticat, habe es noch keine soziale Medien | |
gegeben, die binnen Sekunden in einem endlosen Strom von Memes und | |
KI-generierten Bildern alles verbreiteten, „was man über Haitianer glauben | |
möchte“. | |
Unvergessen ist, dass Trump während seiner Präsidentschaft Haiti als | |
„shithole country“ bezeichnete. Biden sprach ebenfalls in einer | |
ressentimentgeladenen Sprache über Haiti. Er betrieb als Präsident zudem | |
die Rückführung von 15.000 Haitianern, die als Flüchtlinge in den USA | |
gestrandet waren, mitten hinein in die grassierende Ganggewalt. | |
Die lange Geschichte von US-Interventionen und politischer wie ökonomischer | |
Bevormundung Haitis ist möglicherweise auch ein Grund, warum Haitianer | |
heute im Trump-Wahlkampf der alternativen Fakten wieder einmal das Vorbild | |
für rassistische und xenophobe Stereotype liefern. | |
27 Sep 2024 | |
## LINKS | |
[1] /UN-Generalversammlung-in-New-York/!6037982 | |
[2] /Harris-vs-Trump/!6036240 | |
[3] /Satire-Song-zum-US-Wahlkampf/!6037457 | |
[4] https://www.youtube.com/watch?v=TM_qD9TV07A&ab_channel=LiveNOWfromFOX | |
## AUTOREN | |
Katja Maurer | |
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