# taz.de -- Versuchtes Attentat auf Trump: Sprache der Rechten bedroht alle | |
> Nach dem ersten Attentat auf ihn sprach Ex-Präsident Trump davon, die | |
> spalterische Rhetorik müsse aufhören. Erinnert sich noch jemand daran? | |
> Eben. | |
Bild: Ein Unterstützer des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump mit einem �… | |
Gewalt hat keinen Platz in Amerika.“ Das hat die demokratische | |
US-Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris nach dem mutmaßlichen | |
[1][erneuten Attentatsversuch auf ihren Konkurrenten Donald Trump] wirklich | |
gesagt. Es ist schon klar, was sie meint: Gewalt darf keinen Platz haben. | |
Deshalb ist es auch gesetzlich verboten, auf Präsidentschaftskandidaten zu | |
schießen. Aber die affirmative Aussage, Gewalt habe keinen Platz, ist | |
einfach nicht wahr, und das nicht nur in den Sphären gewöhnlicher | |
Kriminalität und patriarchalischer Machtausübung. | |
Im Gegenteil: Die politische Auseinandersetzung erscheint heute in | |
demokratischen Staaten, nicht nur in den USA, so sehr von Gewalt oder deren | |
Androhung geprägt wie seit Jahrzehnten nicht. | |
Was den mutmaßlichen Attentäter, der in Florida offenbar vorhatte, auf den | |
Golf spielenden Donald Trump zu schießen, tatsächlich dazu bewogen hat, ist | |
zunächst nicht bekannt. Sein öffentliches Profil und die Erinnerungen | |
etlicher US-Journalist*innen, die in den vergangenen Jahren gleich mehrfach | |
auf ihn getroffen sind, legen nahe, dass es ihm um die Ukraine ging. | |
Vielleicht hat ihn wirklich die Sorge umgetrieben, unter einer zweiten | |
Trump-Präsidentschaft würden die USA die Ukraine einfach fallenlassen. Es | |
braucht eine unfassbare Selbstüberhöhung, wie wir sie auch von | |
islamistischen Attentätern oder anderen Terroristen kennen, um daraus die | |
Eigenermächtigung zu ziehen, jemanden erschießen zu dürfen, ja sich selbst | |
von dem Auftrag zu überzeugen, das tun zu müssen. | |
Aber zumindest die Sorge um die Zukunft der Ukraine nach einer Wiederwahl | |
Trumps ist real und wird von der Ukraine selbst und ihren Verbündeten in | |
Europa geteilt. | |
## „Proud Boys“ marschieren auf | |
Ohne jede Grundlage in der Realität ist hingegen, was Trump am Dienstag | |
vergangener Woche [2][in der TV-Debatte mit Kamala Harris] über Haustiere | |
verzehrende haitianische Migrant*innen in Springfield, Ohio, von sich | |
gab. Außerhalb von Springfield lachte die Welt über Trump, der sich mit | |
diesem offensichtlichen Unsinn zum Löffel machte. Tagelang beherrschte das | |
Zitat Memes, Songs wurden geschrieben, die Hosts aller Late Night Shows | |
hatten ihr Thema. | |
In der Stadt selbst jedoch: Krankenhäuser, Schulen und andere öffentliche | |
Gebäude mussten wegen Bombendrohungen schließen, die [3][rechtsmilitanten | |
„Proud Boys“] marschierten in der Stadt auf. | |
Die haitianische Community, legal und in Springfields Arbeitsmarkt | |
integriert, geriet unter erheblichen Druck. Immerhin: Die Stadt hielt | |
zusammen, Weiße besuchten aus Solidarität gezielt haitianische Restaurants, | |
die Stadtverwaltung und selbst Ohios republikanischer Gouverneur wiesen | |
zurück, was Trump und sein Vizekandidat J. D. Vance da national verbreitet | |
hatten. Bloß: Die Angst bleibt. | |
Spätestens seit dem [4][Sturm aufs Kapitol am 6. Januar 2021] ist | |
vollkommen klar, welche Gewalt Trump mobilisieren kann. Auch er selbst weiß | |
das, auch wenn er sich immer wieder dumm stellt, um nicht verurteilt zu | |
werden. | |
Und genau das dürfte der Unterschied zur heutigen Art von politischer | |
Gewalt in demokratischen Staaten zu früher sein. Militante Organisationen, | |
von rechts bis links, gab es auch zuvor. Rechten Terror wie der des | |
US-rechtsextremen Timothy McVeigh, der 1995 das Bundesgebäude von Oklahoma | |
in die Luft sprengte, linken Terror wie den der Rote Armee Fraktion in der | |
Bundesrepublik der 1970er Jahre. Aber die einen wie die anderen bewegten | |
sich gedanklich wie praktisch in den Extremen, an den Rändern, und die | |
waren klein. Niemand in Regierungsverantwortung nahm sie in Schutz. Auf der | |
Linken ist das so geblieben. | |
## Spalterische Rhetorik | |
Rechts aber scheinen die Zeiten des Lynchmobs zurück zu sein. Nicht immer | |
mit Strick oder Mistgabel in der Hand, aber immer direkt und bedrohlich | |
gegen Einzelpersonen und feindlich markierte Orte, längst nicht mehr nur im | |
Netz. Sie sind auf Knopfdruck mobilisierbar durch Leute, die gute Chancen | |
haben, in Regierungsfunktionen zu kommen. | |
Noch vor nicht allzu langer Zeit wäre die Nähe zum gewaltbereiten | |
organisierten Mob ein Stoppschild gewesen, eine Disqualifikation fürs | |
politische Amt. Die Trumps und Höckes der heutigen Welt hingegen spielen | |
offen mit diesem „Vorfeld“ und nötigen der um gesellschaftlichen | |
Zusammenhalt besorgten Mitte ihre Themen und Lösungen auf. | |
Dass es in diesem US-Wahlzyklus nun schon zweimal den Versuch gegeben hat, | |
Donald Trump umzubringen, ist vollkommen unakzeptabel. Erinnert sich noch | |
jemand daran, wie Trump und die Republikaner*innen nach dem ersten | |
Mordversuch davon sprachen, die spalterische Rhetorik müsse zurückgefahren | |
werden? Eben. Und die meisten derer, die bedroht sind, haben keinen Secret | |
Service, der sie rund um die Uhr beschützt. Nicht zu Hause und schon gar | |
nicht auf dem Golfplatz. | |
16 Sep 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Mutmassliches-Attentat-auf-Trump/!6037332 | |
[2] /TV-Duell-in-USA/!6032824 | |
[3] /Urteil-zum-Sturm-aufs-US-Kapitol/!5958632 | |
[4] /Strafprozess-gegen-Donald-Trump/!6035095 | |
## AUTOREN | |
Bernd Pickert | |
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